• 06.09.2001 15:18

  • von Marcus Kollmann

Hirohide Hamashima im ausführlichen Gespräch

Bridgestones Entwicklungsleiter gibt Einsicht in die Pläne für 2002 und spricht über die gefallenen Rundenzeiten

(Motorsport-Total.com) - Die Formel-1-Weltmeisterschaft 2001 mag zwar mit dem Gewinn beider Titel durch Ferrari bereits entschieden sein, jedoch ist dies kein Grund für Reifenhersteller Bridgestone, um nicht auch in den letzten drei Rennen alles zu geben. Gleichzeitig dienen die noch ausstehenden Grand Prix den Japanern als Test für die kommende Saison.

Titel-Bild zur News: Bridgestone-Reifen

Insgesamt ist Bridgestone mit der eigenen Reifenperformance zufrieden

Als Michael Schumacher in Ungarn seinen vierten Fahrertitel holte und Ferrari den Konstrukteurstitel verteidigte, feierte man auch im Hause Bridgestone, denn schließlich holte man seit seinem Einstieg in die Königsklasse 1997 zum vierten Mal hintereinander den Titel. Nun, nachdem der Druck zumindest für Ferrari merklich geringer geworden ist, kämpfen die anderen fünf Bridgestone-Teams um die bestmöglichen Platzierungen. Der Reifenlieferant will Sauber, BAR, Jordan, McLaren und Arrows dabei so gut wie möglich unterstützen.

"Natürlich freuen wir uns für Ferrari und Michael, den ersten Champions des 21. Jahrhunderts. Und wir freuen uns unseren Teil zu ihrem Erfolg beigetragen zu haben", erklärt Hirohide Hamashima, seines Zeichen Leiter der Reifenentwicklungsabteilung bei Bridgestone. "Allerdings können ja noch einige Punkte bis zum Ende der Saison gewonnen werden. Unsere Aufgabe ist nun, sicherzustellen, dass unsere Partnerteams so viele Punkte wie möglich einfahren."

Während die Aussage Hamashimas bestätigt, dass Bridgestone nach wie vor mit vollem Elan dabei ist und vermutlich auch nach Monza, Indianapolis und Suzuka verbesserte Reifenmischungen bringen wird, widmet man sich gegenwärtig bei den Testfahrten auch schon den Vorbereitungen für die nächste Saison. Durch das Testverbot im Herbst/Winter sind auch die Reifenhersteller betroffen, welche jetzt schon so viele verwertbare Daten und Informationen wie möglich sammeln wollen, sodass man in der Zwangspause neue, bessere Reifen entwickeln kann, auf welchen die Teams dann bei ihren ersten Tests im Jahr 2002 ausrücken werden.

Mitte Oktober wird Bridgestone die Spezifikationen eines Prototypenreifen festlegen

Für Bridgestone selbst hat die frühe Entscheidung in der Weltmeisterschaft keine Vorteile gebracht, denn ein Plan, auf dem die Entwicklungsschritte abgesteckt sind, existierte bereits. Die Spezifikationen eines Prototypenreifen werden Mitte Oktober festgelegt werden. Im November und Dezember wird man dann im Labor testen und gleichzeitig die Performance der eigenen Reifen über das gesamte Jahr hinweg genauestens analysieren, verrät Bridgestone.

"Wir haben bereits mit einer vollständigen und kompletten Analyse unserer Performance in diesem Jahr begonnen. Wir untersuchen dabei sorgfältig, wie unsere Leistung in jedem einzelnen Rennen war. Dies ist sehr wichtig in Bezug auf die Entwicklung der Pneus für die kommende Saison", erklärt Mr. Hamashima. "Unser Ziel ist, unsere Stärken als auch unsere Schwächen zu identifizieren. Das Ergebnis dieser umfassenden Analyse wird uns bei der Ausrichtung unseres Entwicklungsprogramms für 2002 helfen, bevor wir dann unsere Test in den letzten zwei Monaten des Jahres hinter verschlossenen Türen durchführen werden."

Im Januar werden die Testfahrten mit einem zweiten Prototypenreifen, welcher in den Wintermonaten entwickelt wurde, begonnen werden. Anschließend wird man die Daten der Testfahrten in den Monaten Januar und Februar analysieren und darauf basierend einen letzten Prototypen vor dem Beginn der Saison 2002 im März testen.

Beim Eröffnungsrennen der Saison in diesem Jahr gab es erstmals dramatisch gesunkene Rundenzeiten, die die Piloten drehten, zu beobachten. In diesem Jahr wurden auf einigen Rennstrecken, so geschehen bei den GP von Kanada, Europa, Ungarn und Belgien, die bis dato geltenden Streckenrekorde gebrochen. Dies ist vor allem dem Wettkampf der zwischen Bridgestone und Michelin stattfindet zuzuschreiben. Wie Mr. Hamashima weiter erklärt, erwartet er, dass dieser Trend auch 2002 anhalten wird.

Bridgestone erwartet, dass auch 2002 die Rundenzeiten fallen werden

"Im Durchschnitt sind die Rundenzeiten in dieser Saison um 2 Sekunden gefallen. Dies ergibt sich zum einen aus den verbesserten, schnelleren Boliden, sowie aus dem Wettkampf zwischen Bridgestone und unserem Konkurrenten. Ich schätze, dass 30 Prozent der niedrigeren Rundenzeiten auf die Reifen zurückzuführen ist. Ich denke, dass sich dies durch die Entwicklungen, die die Boliden, Motoren und Reifen in den kommenden Monaten durchlaufen werden, auch 2002 fortsetzen wird. Aus unserer Sicht wird die Sicherheit aber deshalb nicht leiden."

Grundsätzlich ist der Japaner mit der Leistung der verschiedenen Reifen, die man bislang einsetzte, zufrieden. Jedoch weiß er auch, dass man weitere Fortschritte erzielen kann, besonders auf einigen Strecken wo man dieses Jahr nicht so gut war.

"Wir sind grundsätzlich überall stark gewesen auf den Strecken die ich als 'technische' Kurse bezeichne. Rennstrecken, die einfach langsamer und kurvenreicher sind. In Monaco und Ungarn waren wir zum Beispiel sehr stark. Allerdings gab es andere Strecken wo dem nicht so war. Dort müssen wir besser werden, vor allem auf den Kursen wo es lange Geraden gibt."

Auf Hochgeschwindigkeitsrennstrecken sieht Bridgestone noch Verbesserungsbedarf bei der Leistungsfähigkeit seiner Pneus

Wie die Siege Bridgestone bereifter Teams in Magny-Cours und auf dem Hungaroring entgegen allen Spekulationen bewiesen, haben die Reifen der Japaner bei besonders heißen Temperaturen keine Probleme gehabt. In beiden Rennen, welche bei extremen Umgebungs- und Asphalttemperaturen ausgetragen wurden, hatte Michael Schumacher gewonnen.

"Wenngleich es bei den Grand Prix in Kanada und Deutschland heißer war, so denke ich, dass es am Ende nicht am Wetter gelegen hat, weshalb wir dort nicht so gut aussahen. Es lag vielmehr an den Streckeneigenschaften. Dass es heiß war, war nur ein Zufall", erklärt Hamashima die offensichtliche Schwäche der eigenen Pneus auf den Hochgeschwindigkeitsstrecken und fügt hinzu: "Man muss einfach nur die Resultate bei hohen Temperaturen ansehen die keinen negativen Einfluss auf unsere Performance hatten."

Wenngleich Michelin zuletzt beim Großen Preis von Belgien unter teils nassen, teils Mischbedingungen bewies, dass man nicht mehr wie zu Beginn der Saison bei schlechtem Wetter einen eklatanten Nachteil gegenüber Bridgestone hat, so überwiegt nach wie vor der Eindruck, dass die Japaner bei Regen weiterhin im Vorteil sind.

"Unsere Leistung im Nassen war sehr zufrieden stellend, wir sind sehr konkurrenzfähig gewesen. Wir waren mit dem Verhalten unserer Regenreifen, welche mittels einer computergestützten Hydro-Simulationstechnologie entwickelt wurden, sehr zufrieden. Wie dem auch sei, auf unserer Liste für das Winterprogramm steht auch, dass wir die Performance der Regenreifen verbessern wollen."

Als größter Vorteil für Bridgestone könnte sich im nächsten Jahr die jahrelange, gute Zusammenarbeit mit seinen Partnerteams herausstellen, während die Michelin-Teams erst seit kurzem mit dem französischen Hersteller zusammenarbeiten. Auch Hamashima sieht dies so und spekuliert deshalb auf einen kleinen Vorteil: "Der Informationsaustausch ist für beide Seiten wichtig. Die Designer der Boliden müssen über die Richtung, welche wir gehen, informiert sein, und sie helfen uns dadurch, dass sie uns die von unserer Seite benötigten Informationen über ihre Entwicklungsarbeit mitteilen. Wir alle arbeiten letztendlich auf das gleiche Ziel hin, und natürlich ist der Erfolg von Bridgestone abhängig von dem Erfolg unserer Teams. Wir alle wollen schließlich die Besten sein."