• 26.03.2018 09:44

  • von Dominik Sharaf & Adam Cooper

Hill fordert: Raus mit Mercedes und Ferrari aus der Formel 1!

Ein via Twitter ausgetragenes Scharmützel zwischen Damon Hill und den Topteams eskalierte am Wochenende - Er vergleicht Motorsport und Atomwaffensperrvertrag

(Motorsport-Total.com) - Zwischen Ex-Formel-1-Weltmeister Damon Hill sowie den Topteams Mercedes und Ferrari ist ein über den Kurznachrichten-Dienst Twitter ausgetragenes Scharmützel entbrannt. Der Schlagabtausch begann am vergangenen Samstag mit zwei Beiträgen des Briten, gespickt mit Vorwürfen an die Autobauer. "Umso früher Mercedes und Ferrari gehen, umso besser ist es meiner Meinung nach", so Hill mit Blick auf ein Ende ihres Engagements. "Diese Großkonzerne ruinieren den Sport gerade."

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel

Damon Hill würde Sebastian Vettel wohl lieber nicht mehr im roten Overall sehen Zoom

Sein Vorwurf: Die Platzhirsche würden sich die Königsklasse machen, wie sie ihnen in den Kram passt und sich nehmen, was sie kriegen können. Was im Klartext heißt, dass Mercedes und Ferrari untereinander Absprachen treffen würden, um über das Technische Reglement ihre sportliche Vormachtstellung zu zementieren - anstatt zum Wohle der Rennserie Konkurrenten Chancen einzuräumen. "Die FIA hat die Kontrolle verloren", sieht Hill den Automobil-Weltverband ohnmächtig.

Mercedes reagierte auf den Vorwurf keine Stunde später und teilte Hill ebenfalls via Twitter mit: "Wir erinnern uns nicht, dass du dich so beschwert hättest, als du all die Rennen mit überlegener Renault-Power gewonnen hast, Damon." Eine Anspielung unter anderem auf Hills WM-Jahr 1996, als er bei Williams auf ein V10-Triebwerk setzte, das technisch besser war als die der Konkurrenz.

Hill verwies in seiner Antwort auf die Tradition seines damaligen Arbeitgebers - und warf Mercedes zwischen den Zeilen Arroganz und Selbstherrlichkeit vor: "Ich bin für Williams gefahren. Das sind diese widerlichen Emporkömmlinge von Kfz-Mechanikern." Damit war der Dialog beendet. Einen weiteren Social-Media-Beitrag sparten sich die Silberpfeile - mutmaßlich, um eine neuerliche Eskalation zu verhindern. Ferrari reagierte gar nicht, andere Formel-1-Teams blieben stumm.

Im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' bestätigt Hill die Kritik auch nach dem Wortgefecht. "Ferrari und Mercedes sind Teil des Ganzen, wollen sich aber einen Rahmen schaffen, in dem sie gerne weiterhin mitmachen möchten", sagt er über ein andauerndes Spielchen aus Treuebekenntnissen und vagen Ausstiegsdrohungen - wie sie auch am vergangenen Wochenende wieder zu lesen waren.

Maurizio Arrivabene, Toto Wolff

Ein Herz und eine Seele? Maurizio Arrivabene und Toto Wolff Zoom

Hill betont zudem, dass es beide Rennställe in der Vergangenheit abgestritten hätten, sich auf sportlicher Ebene gegenseitig geholfen zu haben, sich nun jedoch als Allianz präsentieren würden, wenn es um Sportpolitik geht - Stichwort "Frenemy", wie Toto Wolff die Synthese aus Partnerschaft und Konkurrenz nennt. Hills Wunsch ist eine Formel 1, die wieder attraktiver ist, weil mehr als nur zwei oder Teams Rennen gewinnen können - in dem wieder der Fahrer über sein Schicksal entscheidet, weil nicht das Auto zu 99 Prozent entscheidet, ob er in seiner Karriere Erfolg hat oder nicht.

Stattdessen lässt sich die FIA laut Hill von einer "Verhandlungstaktik" der sportlichen Großmächte einschnüren. Er fragt sich, ob Mercedes und Ferrari Lust hätten, in einem Championat mitzufahren, in dem die Regeln nicht ihrem Gusto entsprechen. "Wenn nicht, sollten sie nicht mit von der Partie sein. Sie benehmen sich nicht wie Leute, die Sport betreiben." Vielmehr wie ein Branchenriese, der seine Marktposition festigen will. Motto: Wer das Geld auf den Tisch packt, darf auch bestimmen.

Einen schrägen Pathos erhält Hills Plädoyer, wenn er den internationalen Atomwaffensperrvertrag als Analogie zur Formel 1 ins Spiel bringt. "Auch wenn er andauernd missachtet wird und die USA mehr Kernwaffen nutzen als jeder andere Staat, hat zumindest jemand die Bremse, eine Art Schlussstrich gezogen. Das wäre Aufgabe der FIA, aber sie hat nicht die Macht, weil sie ihr beraubt wurde." Was er vergisst: Auch in den Internationalen Beziehungen gibt es keine supranationale Organisation, die Beschlüsse gegenüber ihren Mitgliedsstaaten uneingeschränkt durchsetzen könnte.