• 29.07.2006 19:25

  • von Inga Stracke

Heidfeld: "Müssen aus der Talsohle herauskommen"

Nick Heidfeld im ausführlichen Interview über die derzeitigen Probleme des BMW Sauber F1 Teams und seine Aussichten für das Rennen in Hockenheim

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Nick, wie sehr hat das heutige Resultat deiner Meinung nach mit dem Aufholen von Bridgestone zu tun?"
Heidfeld: "Es spielt mit Sicherheit eine Rolle, wie man ganz klar an Ferrari und Renault sehen kann. Das betrifft natürlich auch uns. Jetzt haben wir Teams wie Toyota und Williams meistens knapp vor uns. Michelin war aber über die Dauer gesehen meistens vorne. Bridgestone hat halt jetzt einen starken Reifen gebaut. Ich hoffe, dass sich das bald wieder drehen wird."

Titel-Bild zur News: Nick Heidfeld

Nick Heidfeld ist über die Probleme des BMW Sauber F1 Teams nicht verwundert

Frage: "Lag es heute nur an den Reifen?"
Heidfeld: "Nein, bestimmt nicht. Die Reifen haben einen Einfluss, wie ich gerade schon erklärt habe, aber auf der anderen Seite sind auch Michelin-Teams vor uns, die vor einigen Wochen noch hinter uns waren. Ich verstehe nicht ganz, warum Honda auf einmal vor uns ist. Die müssen einen Riesenschritt gemacht haben."#w1#

Heidfeld schiebt nicht alles auf die Reifen

"Man kann nicht alles auf die Reifen schieben, sondern wir müssen selbst schauen, dass wir wieder nach vorne kommen. Im Moment ist es schwierig. Einerseits ist das hart, andererseits habe ich das irgendwo erwartet, denn wir waren mit der Saison bis nach Magny-Cours recht zufrieden. Es war klar, dass es nicht immer so weitergehen kann - gerade für ein neues Team gibt es eben Rückschläge. Da müssen wir jetzt zusammenhalten und aus der Talsohle herauskommen. Das schweißt einen dann hoffentlich zusammen und macht einen nur stärker."

"Ich hoffe, ein paar Positionen gutzumachen." Nick Heidfeld

Frage: "Du bist bekannt für gute Starts, aber hier in Hockenheim hat es in der ersten Kurve schon oft gekracht. Was hast du morgen vor?"
Heidfeld: "Es hat in der ersten Kurve schon oft gekracht, aber eher zu früheren Zeiten. Jetzt sind die Auslaufzonen asphaltiert, daher ist das nicht mehr ganz so kritisch. Der Weg bis zur ersten Kurve ist weiter als beim letzten Rennen in Magny-Cours, aber auch nicht extrem lang. Ich hoffe, ein paar Positionen gutzumachen, aber dass das kein Freischein für immer ist, haben wir auch in Magny-Cours gesehen: Dort habe ich am Start keinen einzigen Platz gutgemacht, aber ich konnte dann zum Glück in der Haarnadel jemanden überholen."

Frage: "Der Weg zu Punkten führt über die Startpositionen. Es wird morgen schwierig für dich, nicht wahr?"
Heidfeld: "Ja. Ich glaube, der Weg zu Punkten führt diesmal nur über Glück und Fehler oder Defekte von anderen Teams. Beim letzten Rennen habe ich gesagt, dass wir in die Punkte fahren können, wenn alles perfekt läuft - was wir mit dem achten Platz geschafft haben. Hier bin ich nicht ganz so optimistisch. Ich hoffe auf Punkte, glaube aber, dass es schwierig wird."

Frage: "Was wünschst du dir für morgen?"
Heidfeld: "Ich wünsche mir Punkte. Erst mal brauche ich einen guten Start, aber aus eigener Kraft wird es schwierig."

Frage: "Wie wäre ein kurzer Regenschauer?"
Heidfeld: "Der wäre super, aber unsere Wettervorhersage sagt eigentlich, dass es immer weniger nass sein soll. Heute war noch eine kleine Chance da, aber morgen sollte es trocken bleiben."

BMW Sauber F1 Team hatte keinen Schwingungstilger

Frage: "Inwiefern gehen eure Probleme auf das Verbot der Luftleitbleche auf den Nasen und des Schwingungstilgers zurück?"
Heidfeld: "Schwingungstilger hatten wir keinen, daher hatten wir gehofft, dass das einige andere Teams stärker treffen würde als uns. Das hat sich leider nicht bewahrheitet. Die 'Nose-Wings' haben einen kleinen Effekt, aber das sind nicht die drei, vier Zehntel, die uns fehlen, um in die Top 10 zu kommen. Es liegt einfach alles extrem eng beieinander."

"Ich war in der Entwicklung des Autos von Anfang an dabei." Nick Heidfeld

Frage: "Wie viel von dir steckt eigentlich im BMW Sauber F1.06?"
Heidfeld: "Ich war in der Entwicklung des Autos von Anfang an dabei und habe meinen Teil dazu beigetragen. Den größten Teil machen aber natürlich unsere Ingenieure und unsere vielen Mitarbeiter. Wir arbeiten daran als Team."

Frage: "Wie hat sich das Auto entwickelt und welche Änderungen werden noch kommen?"
Heidfeld: "Es ist im Moment ein Auf und Ab - nicht nur bei uns, sondern auch bei einigen anderen Teams. Wir hatten in Kanada und Amerika einen guten Aufwärtstrend und wollten uns gut in die Top 10 vorarbeiten, aber in Magny-Cours und speziell hier im Qualifying lief es nicht so gut. Wir waren weit von den Top 10 entfernt."

Frage: "Sauber und BMW arbeiten zwar neu zusammen, sind aber keine Formel-1-Neulinge. Was macht diese Aufbauphase so schwierig für euch?"
Heidfeld: "Das Zusammenwachsen funktioniert ganz gut, aber das Team befindet sich noch im Wachstum. Das ist mit Sicherheit die größte Baustelle. Ich hoffe, dass die ganzen strukturellen und personellen Änderungen, die wir gerade vornehmen, für nächstes Jahr einen Ausschlag geben werden. Die meisten Sachen für dieses Jahr wurden aber schon über den Winter entschieden, als das Team wirklich noch im Aufbau war - zum Großteil noch mit den gleichen Leuten wie vorher."

Frage: "Künftig soll es ja nur noch einen deutschen Grand Prix geben. Wie stehst du dazu?"
Heidfeld: "Ich glaube, die Rotation ist die beste Alternative. Man sollte darüber weniger meckern und sich stattdessen darüber freuen, für wie viele Jahre wir zwei Rennen in Deutschland hatten, denn das hatte sonst fast kein anderes Land. Das jetzt abwechselnd zu machen, ist für den Nürburgring, für Hockenheim und für die Fans in Deutschland nicht das Schlechteste."

Heidfeld geht vor jedem Rennstart in sich

Frage: "Gibt es ein bestimmtes Ritual, dass du vor jedem Rennen machst?"
Heidfeld: "Ich schaue, dass ich immer ein paar Minuten für mich selbst habe, gehe in meinen Raum, mache die Augen zu, gucke, dass ich nicht zu nervös bin, aber auch nicht zu locker, konzentriere mich auf den Rennstart und überlege, was da alles passieren kann. Das Übliche eben."

Frage: "Hast du eigentlich einen Kosenamen für dein Auto?"
Heidfeld: "Nein."

"Ich habe keine persönliche Beziehung zu meinem Auto." Nick Heidfeld

Frage: "Wenn du dir spontan einen ausdenken müsstest?"
Heidfeld: "Ich habe keine persönliche Beziehung zu meinem Auto. Für mich ist das ein Gegenstand. Einige andere Fahrer liebkosen ihr Auto und sprechen damit, aber das gibt es bei mir nicht."

Frage: "Was würdest du ändern, wenn du Einfluss auf einen Bereich im Formel-1-Reglement hättest?"
Heidfeld: "Ich würde wieder auf Slickreifen zurückgehen."

Frage: "In einer Woche fahren wir dann ja schon in Budapest, der nächste Hitze-Grand-Prix. Wie stressig ist das?"
Heidfeld: "Das ist schon stressig, aber wir sind daran gewöhnt. Für die Mechaniker ist es schlimmer als für uns, denn wir Fahrer würden sonst von Mittwoch bis Freitag schon wieder testen. Insofern ist das nicht so wild. Außerdem haben wir danach ja die Testpause und zweieinhalb Wochen Ferien."

Frage: "Was könnt ihr während dieser Testpause machen, um aus diesem Loch wieder herauszukommen?"
Heidfeld: "Man kann schon einiges machen. Natürlich haben wir keine Tests, aber die Entwicklung auf der Aerodynamikseite geht natürlich im Windkanal und auf den Computern weiter. Die Motorenprüfstände und so weiter laufen klarerweise auch permanent weiter. Man hat leider nicht die Möglichkeit, das vorher noch einmal auszutesten, aber unsere Daten sind da eigentlich so gut, dass ich mir sicher bin, dass wir etwaige Verbesserungen auf das Auto bauen würden, wenn wir welche finden sollten."