• 14.01.2008 13:12

Heidfeld: "Ich kann Rennen gewinnen"

Nick Heidfeld im Interview über das schönste Auto, das er je gesehen hat, seine Hoffnungen auf den ersten Sieg und sein Leben als Familienvater

(Motorsport-Total.com) - Nick Heidfeld hatte heute Mittag leuchtende Augen, als der neue BMW Sauber F1.08 in München enthüllt wurde. Der Deutsche geht neben den vier Fahrern der Topteams Ferrari und McLaren-Mercedes nämlich als heißester Siegesanwärter in die Saison 2008 und rechnet sich auf die Erfüllung seines Saisonziels auch gute Chancen aus.

Titel-Bild zur News: Nick Heidfeld

Der Bart, der Nick Heidfeld 2007 so viel Glück gebracht hat, bleibt auch 2008 dran

Frage: "Nick, der BMW Sauber F1.08 wurde gerade enthüllt. Wie aufgeregt bist du und glaubst du, dass es ein Siegerauto sein könnte?"
Nick Heidfeld: "Ich bin ehrlich gesagt sehr aufgeregt, denn ich weiß, dass die Leute in der Fabrik mit den Fortschritten ziemlich zufrieden sind. Es ist das schönste Auto, das ich je gesehen habe. Ich weiß, dass das in puncto Speed nichts bedeutet, aber deswegen freue ich mich umso mehr auf die nächsten Tage und Wochen."#w1#

Chance auf einen Sieg lebt

Frage: "Es ist ein schönes Auto, aber wird es auch schnell sein?"
Heidfeld: "Das kann man nie sagen. Warten wir ab."

"Unser Ziel für dieses Jahr ist, ein Rennen zu gewinnen." Nick Heidfeld

Frage: "Wie realistisch ist es, von dir oder deinem Teamkollegen Robert Kubica oder gar von euch beiden einen Sieg zu erwarten?"
Heidfeld: "Ich kann nur für mich sprechen. Ich bin mir sicher, dass ich Rennen gewinnen kann, aber das hängt natürlich von diesem Auto ab, das vor mir steht. Ich denke, dass wir den Abstand zu den beiden Teams vor uns verkürzen können, und unser Ziel für dieses Jahr ist, ein Rennen zu gewinnen."

Frage: "Wie anders als bisher wird das Rennfahren deiner Meinung nach ohne Traktionskontrolle sein? Wird es mehr Fehler geben, wird es spannender und dramatischer?"
Heidfeld: "Hoffentlich wird das alles eintreten! Für mich als Fahrer macht es jetzt definitiv mehr Spaß, denn ich kann das Auto durch das Gaspedal jetzt mehr spüren. Außerdem gibt es auch noch einige andere Features, die fehlen werden und die das Fahren schwieriger machen. Wir werden mehr Fehler und mehr Überholmanöver sehen, schätze ich, und das wünschen sich ja alle."

Frage: "Siehst du in Bezug auf das Nachtrennen in Singapur ein Problem?"
Heidfeld: "Ich bin kein Frühaufsteher, also freue ich mich schon darauf!"

Frage: "Wie wichtig ist die Stabilität im Team, dass sich bei den Fahrern nichts geändert hat?"
Heidfeld: "Ich denke, das ist eine Frage, die man Mario (Theissen; Anm. d. Red.) stellen sollte, aber als Team muss man die besten verfügbaren Fahrer holen. Mario sagt, dass er glaubt, zwei gute Fahrer zu haben. Ich komme mit Robert gut aus, aber ich hatte auch davor noch nie Probleme mit einem meiner Teamkollegen. Es ist wichtig, dass wir auf professioneller Ebene gut zusammenarbeiten, selbst wenn man sich persönlich nicht verstehen sollte. Das ist zwar bei uns nicht der Fall, denn ich verstehe mich mit Robert auch abseits der Strecke hervorragend, aber das ist nicht das Entscheidende."

Dreimäderlhaus bei Heidfelds

Frage: "Was bedeutet Glück für dich?"
Heidfeld: "Ich unterscheide zwischen beruflichem und privatem Glück. Privat sind mein größtes Glück Patricia, Juni und Joda. Kinder sind einfach das Tollste, was es gibt. Wir sind eine richtige Familie, und ich wünsche mir, dass unsere Kinder so frei und schön mit uns aufwachsen, wie ich das erleben durfte."

"Einen Siegerpokal in den Händen zu halten, würde eine Menge Glückshormone freisetzen!" Nick Heidfeld

"Beruflich schätze ich mich grundsätzlich glücklich, dass ich das tun kann, was ich immer am meisten wollte. Ich bin heute in einer besseren Position denn je, weil ich endlich in einem Auto sitze, mit dem ich vorne fahren kann. Das ist ein sehr gutes Gefühl. Ich habe auch weniger Pech als früher und bin sehr fit. Nur wenn man kerngesund ist, kann man sich optimal vorbereiten. Das ist auch Glück. Sportlicher Erfolg in der Formel 1 hat allerdings wenig mit Glück zu tun, mehr mit präziser Arbeit auf und neben der Strecke. Aber einen Siegerpokal oder die WM-Trophäe in den Händen zu halten, würde schon eine Menge Glückshormone freisetzen!"

Frage: "Kennst du Angst?"
Heidfeld: "Natürlich. Ich habe grundsätzlich sicher vor denselben Dingen Angst wie jeder andere auch, wobei ich überhaupt nicht ängstlich im Sinne von übervorsichtig lebe. So sollen auch unsere Kinder nicht aufwachsen. Im Rennwagen gibt es nur einen Moment, in dem so etwas wie Angst in mir aufsteigt: Wenn ich die Kontrolle verloren habe und weiß, gleich schlage ich ein. Dann hofft man, dass es nicht weh tut und nimmt möglichst noch die Hände vom Lenkrad."

Frage: "Fährst du langsamer, seitdem du Kinder hast?"
Heidfeld: "Selbstverständlich! Allerdings nur, wenn die Kleinen im Auto sitzen."

Frage: "Was ist Luxus für dich?"
Heidfeld: "Das sind erstmal Dinge, die ich nicht brauche, die mir aber Spaß machen. Das neueste Handy, Klamotten, Autos et cetera. Ein Luxus, den ich nicht kaufen kann und sehr genieße, ist Freizeit. Ich trödle privat unheimlich gern rum. Das kann meine Familie manchmal ganz schön nerven."

Mehr Fanpost für "Quick Nick"

Frage: "Hast du mehr Fans als früher?"
Heidfeld: "So genau weiß ich das natürlich nicht, aber ich bekomme auf jeden Fall mehr Post und mein Fanclub hat mehr Mitglieder. Der Club macht mir überhaupt viel Spaß. Er ist so, wie ich mir das vorstelle. Ich bin da kein Exot, mit dem man nicht reden kann. Wir haben gemeinsam Spaß, die Atmosphäre ist locker. Wir gehen Kartfahren und feiern zusammen. Ab und an unternehmen Mitglieder auch weite Reisen zu den Rennen und tauchen in China oder sonstwo auf. Das finde ich enorm."

BMW Sauber F1.08

Der BMW Sauber F1.08 soll Nick Heidfeld zum ersten Grand-Prix-Sieg verhelfen Zoom

Frage: "Was hältst du von der neuen Einheitselektronik?"
Heidfeld: "Das ist eine komplexe Angelegenheit und erfordert eine Menge Ingenieursarbeit. Der Wegfall der Traktionskontrolle ist ja nur ein Teilaspekt, allerdings einer, den ich sehr begrüße. Es macht mir Spaß, das Auto wieder mehr mit dem Fuß zu beherrschen. Das ist am Kurvenausgang entscheidend, man braucht viel Gefühl, um optimal aus den Ecken herauszubeschleunigen."

"Für die etablierten Formel-1-Fahrer ist das eine Umstellung, die Jungen, die gerade erst aus der Formel 3 oder GP2 kommen, sind ja nie mit Traktionskontrolle gefahren. Ein anderer Aspekt ist die Reifenentwicklung, die mit dieser Elektronikumstellung Schritt halten muss, weil der Gummi durch mehr Schlupf anders und stärker beansprucht wird."

Frage: "Welche Regeländerungen würdest du dir wünschen?"
Heidfeld: "Erstens würde ich gerne wieder mit Slicks fahren, zweitens kann man als Rennfahrer nie genug Motorleistung haben. Die früheren V10 haben mehr Spaß gemacht. Aber ich sehe schon auch den Sicherheitsaspekt und den Sinn dahinter, dass die technischen Möglichkeiten eingebremst werden."

Frage: "Und was wünschst du dir für 2008?"
Heidfeld: "Ich wünsche mir, dass wir auch diesmal wieder unser Saisonziel erreichen und den ersten Sieg einfahren. Klar, ich will der Fahrer sein, der dann ganz oben auf dem Podest steht, aber wichtig ist erstmal, dass wir als Team dorthin kommen, dann werde ich früher oder später meine Chance nutzen."