• 05.03.2006 15:18

  • von Inga Stracke

Heidfeld: "Es ist nicht realistisch, an Siege zu denken"

Nick Heidfeld im 'F1Total.com'-Interview über die Aussichten für die Saison 2006, die Chancen auf Podestplätze und seine langfristigen Wünsche

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Nick, bei der Präsentation des neuen Wagens hattest du dich sehr auf die Saison, auf das Fahren gefreut. Jetzt hast du ihn getestet, ist die Freude immer noch so groß?"
Nick Heidfeld: "Die Freude ist noch immer recht groß, weil wir mit dem neuen Auto zufrieden sind, aber man muss vorweg schieben, dass das nicht heißt, dass wir denken, dass wir damit Rennen gewinnen können, aber dass wir den Schritt gemacht haben, den wir uns dieses Jahr erhofft haben, einfach um uns im Vergleich zum letzten Jahr zu verbessern, als wir in der Konstrukteurswertung Achte geworden sind. Ich glaube, das sollten wir schaffen, zudem sieht die Standfestigkeit im Moment relativ gut aus. Sie wird eine wichtige Rolle spielen, gerade jetzt nach dem Wechsel auf V8-Motoren muss man schauen, dass man jetzt speziell Anfang des Jahres standfest ist. Dadurch kann man mehr gewinnen als später in der Saison, wo sich das alles ein bisschen angleicht. Das Fahren macht bis jetzt auf jeden Fall sehr viel Spaß."

Titel-Bild zur News: Inga Stracke mit Nick Heidfeld

'F1Total.com'-Boxengassenreporterin Inga Stracke im Gespräch mit Nick Heidfeld

Frage: "Viele Teams haben offensichtlich noch Probleme mit den Vibrationen der neuen V8-Motoren, sprichst du darüber auch mit den anderen Piloten? Wie ist die allgemeine Meinung und wie ist es bei euch?"
Heidfeld: "Die Vibrationen sind eigentlich überhaupt kein Problem. Die Angst und Befürchtung hatte ich auch, bevor ich das erste Mal in einen V8 gestiegen bin, weil ich von einigen anderen Fahrern gehört hatte, dass die Vibrationen schlimm waren und man es auch auf dem Prüfstand sieht. Aber bevor ich das erste Mal mit dem neuen BMW Motor gefahren bin, hatten die schon so viel Arbeit geleistet, dass es nicht spürbar ist. Es ist zwar ein Unterschied spürbar vom V10 zum V8, aber nicht in dem Sinne, dass es ein Problem ist."#w1#

Frage: "Und wie ist das auf lange Renndistanzen? Denn einige Piloten der Konkurrenz schauen gerade nach Longruns doch ganz schön fertig und durchgeschüttelt aus?"
Heidfeld: "Also bei uns sind die Vibrationen für mich als Fahrer überhaupt kein Problem. Ich weiß nicht, ob die anderen so geschafft aussehen wegen den Vibrationen oder wegen irgendwas anderem, da müsstest du sie mal fragen."

Frage: "Ihr redet als Fahrer nicht untereinander darüber?"
Heidfeld: "Ja doch, wenn man sich sieht schon, nur bei so einem Test eigentlich nicht. Da eigentlich noch weniger als beim Rennwochenende. Man sieht sich eigentlich sehr wenig, weil man von morgens bis abends im Auto sitzt und dann noch die Meetings hat, von daher weiß ich grad nicht viel von den anderen."

Heidfeld startet zuversichtlich in die neue Saison

Frage: "Michael Schumacher zählt dich zu den Top-Fahrern, sieht dich eigentlich als Siegerpilot, er hat dich dieses Jahr unter die Top 5 gesetzt, das ist mit Zusammenschluss zweier Teams zu einem Neuen nicht einfach! Sind Siege dennoch realistisch?"
Heidfeld: "Nein, ich denke, es ist nicht realistisch, dieses Jahr an Siege zu denken. Natürlich, wenn es Chaosrennen gibt, das haben auch die letzten Jahre gezeigt, dann hat auch mal der Fisi (Giancarlo Fisichella; Anm. d. Red.) in Brasilien mit einem Jordan gewonnen oder irgendwann mal der Panis mit was weiß ich für einem Auto in Monaco (einem Ligier; Anm. d. Red.). Also wenn viele ausfallen und wenn es ein Regenrennen gibt und viele Dinge passieren, ist es immer möglich. Aber vom Speed her werden wir nicht in der Lage sein zu gewinnen. Ich hatte gesagt, dass ich hoffe, dass wir in die Top 6 kommen können. Ich glaube, BMW will da nicht so konkrete Ziele nennen, aber nach den ersten Tests hoffe ich nach wie vor, dass wir das erreichen können und bin da sogar noch ein bisschen zuversichtlicher."

Frage: "Sind Podiumsplätze dieses Jahr möglich?"
Heidfeld: "Wiederum, aus eigener Kraft wahrscheinlich nicht, aber wenn wir am Anfang standfest sind und über das Jahr gesehen gute Vorwärtsschritte machen, hoffe ich, dass wir vielleicht mal ein Podium herausfahren können, aber das ist jetzt nichts, das ich von unserer normalen Leistungsstärke im Vergleich zu anderen Teams erwarte."

"Vom Speed her werden wir nicht in der Lage sein zu gewinnen." Nick Heidfeld

Frage: "Du hast ja schon gesagt, dass ihr zwar langfristig aber noch nicht in diesem Jahr aus eigener Kraft Rennen gewinnen könnt. Bei einem Top-Team hättest du dies schon dieses Jahr erreichen können. Bereust du deshalb vielleicht ein wenig, nicht bei einem Top-Team zu sein?"
Heidfeld: "Es gab ja für dieses Jahr nicht viele freie Plätze und noch mal, wie in der letzten Frage geantwortet, hoffe ich, dass wir sehr erfolgreich werden können und ich hoffe, dass ich mit BMW Weltmeister werden kann. Von daher ist es für mich eine super Möglichkeit und eine super Option!"

Frage: "Hilft dir dein Teamkollege Jacques Villeneuve bei der Aufbauarbeit des neuen Teams? Immerhin hat er schon mal mitgemacht beim Aufbau eines neuen Teams und hat da entsprechende Erfahrungen."
Heidfeld: "Ja, das hilft mit Sicherheit mehr als jemand, der unerfahren ist, der noch nicht Weltmeister war und noch nicht mit vielen Teams zusammen gearbeitet hat. Er hat in anderen Teams Aufbauarbeit gemacht und gesehen, wie so etwas läuft, und ich denke, dass er da schon zu vielen Dingen seinen Kommentar einbringen kann und helfen kann, in den Bereichen, in denen er Erfahrung hat."

Heidfeld bedauert Melbourne-Verschiebung

Frage: "Seit 1996 war der Saisonauftakt in Melbourne, dieses Jahr ist zum ersten Mal Bahrain das erste Rennen. Ist das für Euch Piloten eine große Umstellung?"
Heidfeld: "Es ist nicht wirklich eine Umstellung, denn wenn man auf die Strecke kommt, stellst du dich auf die jeweilige Strecke ein und musst damit zurechtkommen. Ich finde es aber ehrlich gesagt ein bisschen schade, weil Australien natürlich schon immer etwas ganz Spezielles ist, vor allem von der Atmosphäre her. Es ist das Land, das ich am liebsten besuche, und ich glaube, auch alle anderen Leute des Formel-1-Trosses gehen da gerne hin. Aber schauen wir mal, vielleicht kriegt Bahrain ja auch was Tolles hin! Soweit ich gehört habe, sollen im Vergleich zum letzten Jahr deutlich mehr Tickets verkauft sein, vielleicht wird da auch beim ersten Rennen die Stimmung sehr gut sein."

Frage: "Im Rahmenprogramm ist unter anderem ein Promirennen bei dem auch Radstar Lance Armstrong mitfährt, wirst du da die Chance nutzen und Trainingsstunden beim Radfahren nehmen?"
Heidfeld: "Nein, (lacht) ich habe jetzt gelernt, wie man es nicht macht und jetzt weiß ich es!"

Nick Heidfeld

Nick Heidfeld hofft, dass die Ränge in Bahrain gut gefüllt sein werden Zoom

Frage: "Wie gefällt dir Bahrain, was sind deine Eindrücke von den letzten beiden Grands Prix dort?"
Heidfeld: "Bahrain ist recht außergewöhnlich vom Klima her und auch der Lage der Strecke, die mitten in der Wüste ist, sozusagen mitten im Nirgendwo. Ich würde die Atmosphäre als okay beschreiben, aber es ist vielleicht etwas Besonderes, weil es so anderes ist. Die Kultur ist komplett anders. Die Leute sehen deutlich anders aus, kleiden sich anders, es ist eine interessante Erfahrung, sagen wir es so..."

Frage: "Hast du selbst schon mal so einen Kaftan angehabt?"
Heidfeld: "Nein!"

Frage: "Du hast einen großen, wachsenden Fanclub, ebenso auch das BMW Sauber F1 Team, was ist deine Message an die Fans?"
Heidfeld: "Ich hoffe natürlich, dass sie uns als Team die Daumen drücken, ganz klar!"