• 21.08.2009 16:41

Haug: "BMW war nie unser Feind"

Mercedes-Sportchef Norbert Haug im Interview über den ersten Tag in Valencia, das Schumacher-Comeback und den Rückzug von BMW

(Motorsport-Total.com/Sky) - Konträrer hätte der erste Trainingstag in Valencia für McLaren-Mercedes nicht verlaufen können: Stellten Lewis Hamilton und Heikki Kovalainen ihre Silberpfeile am Vormittag noch souverän in die Top 3, so verlief der Nachmittag nicht nach Wunsch. Hamilton konnte nach drei Runden gar nicht mehr auf die Strecke gehen. Darüber und auch über andere Themen sprach Mercedes-Sportchef Norbert Haug nach den ersten 180 Minuten dieses Wochenendes.

Titel-Bild zur News: Mario Theissen und Norbert Haug

Rivalen mit gegenseitigem Respekt: Mario Theissen und Norbert Haug

Frage: "Herr Haug, im ersten Training waren ihre Fahrer als Zweiter und Dritter ganz vorne dabei, aber im zweiten ging Lewis Hamilton nach einem Dreher nicht mehr auf die Strecke. Können Sie das erklären?"
Norbert Haug: "Wenn man schnell sein will, muss man fahren, aber das konnten wir leider nicht. Schon in der ersten gezeiteten Runde hatte Lewis einen kleinen Dreher, was vorkommen kann. Er hat leider die Mauer etwas gestreift."#w1#

Nur ein neuer Flügel in Valencia

"Wir haben einen neuen Frontflügel, aber bisher eben nur den einen. Der war leicht beschädigt, aber nicht reparabel. Deshalb konnte er nicht fahren. Ich glaube, wir konnten nicht zeigen, was wir wirklich drauf haben. Bei Heikki sah das ganz manierlich aus, muss ich sagen, aber da kommt noch mehr morgen. Ich würde das heute nicht als repräsentativ ansehen."

Frage: "Kommt da jetzt ein neuer Frontflügel für morgen eingeflogen?"
Haug: "Wir regeln das schon so, dass wir morgen wieder fahren können."

Frage: "Wie groß schätzen Sie nun die Chancen auf einen zweiten Sieg hintereinander ein, nachdem schon am Hungaroring kaum jemand damit gerechnet hätte?"
Haug: "Vorhersagen machen nicht viel Sinn. Valencia ist eine andere Strecke, die vielleicht ein bisschen eine ähnliche Charakteristik hat, aber nicht die gleiche. Das verschiebt sich immer. Die Brawns sehen jetzt offensichtlich wieder sehr gut aus, aber man muss morgen abwarten. Man hat einen ersten Eindruck."


Fotos: Großer Preis von Europa, Freitag


"Ich würde sagen, wir können besser sein als das, was wir jetzt im Klassement sind. Es wird eng im Klassement, wie immer. Ich glaube, schon Q1 wird wieder ein Erlebnis, denn wahrscheinlich sind wieder 15 Autos in weniger als einer Sekunde. Es ist schon sehr bemerkenswert, wie es zugeht in der Formel 1."

Frage: "Eigentlich hätte Michael Schumacher hier fahren sollen. Wie schade ist es für den Sport, dass es nicht geklappt hat, und wie sehr hätten Sie es Michael gewünscht?"
Haug: "Wir hätten uns alle gefreut, aber das ist hypothetisch - wenn es nicht geht, geht es nicht! Ich fand es sehr sportlich und auch mutig, bereit zu sein. Ich glaube, das war nicht sein Langzeitplan, aber er wollte seinem Team zu Hilfe eilen und ich glaube, er hat einen großen Reiz gespürt. Schade, dass es nicht geklappt hat, aber da kann man nichts machen - die Gesundheit geht vor."

Frage: "Sie kennen ihn schon sehr lange. Glauben Sie, er kommt dieses Jahr noch?"
Haug: "Wie gesagt: Ich glaube nicht, dass es ein Langzeitplan war, aber ich kann das nicht beurteilen. Er wird in jedem Fall das machen, was er für richtig hält."

Bedauern über Ausstieg von BMW

Frage: "BMW hat den Ausstieg per Saisonende bekannt gegeben. Wie schade ist das für den Sport und was bedeutet das für die Formel 1?"
Haug: "Es ist immer schade, wenn jemand aussteigt - vor allem dann, wenn es überraschend passiert. Wir können die Entscheidung nicht beeinflussen. Hätten wir sie beeinflussen können, wäre sie anders ausgefallen. Es ist nicht unser Thema, das zu entscheiden. Schade."

"Man darf nicht immer das Trauerlied singen." Norbert Haug

"Natürlich fahren wir von Mercedes gerne gegen die namhaftesten und stärksten Wettbewerber. Die Formel 1 ist mit ihren Privat- und Werksteams nach wie vor sehr gut aufgestellt. Man darf da nicht immer das Trauerlied singen, denn es gab selten eine Phase mit mehr Werksteams und in der es dichter zuging als jetzt. Trotzdem ist es schade."

"Ich habe ein gutes sportliches und im besten Sinne rivalisierendes Verhältnis mit unseren Freunden von BMW. Sie waren nie Feinde. Wir sind uns sportlich so begegnet, wie sich das gehört. Ich habe zu Mario Theissen einen sehr guten Draht und er sicherlich auch zu mir und zu uns allen. Es ist gut, wenn man auf der Rennbahn Gegner sein kann, daneben aber durchaus mal über das, was Sache ist, was die FOTA betrifft, reden kann."

"Es ist besonders schade, jetzt zu gehen, wo die dramatischen Kostensenkungen kommen. Das ist für uns ein Grund, erst recht Farbe zu bekennen. Wir geben viel, viel weniger Geld aus. Wir waren schon immer die Günstigsten, aber wir werden das noch einmal dramatisch kürzen und wir werden zeigen, dass man mit ganz überschaubaren Mitteln sehr guten Erfolg haben kann. Das ist ein Auftrag, den ich von Anbeginn unseres Fiormel-1-Engagements mitgenommen habe. Das wird weiter fortgesetzt."

Frage: "Ist der Ausstieg von BMW für Sie aus Konzernsicht nachvollziehbar?"
Haug: "Es ist nicht an mir, das zu beurteilen. Mir tut es leid um das Team, mir tut es leid um die Schweizer Truppe, denn das sind gute Jungs. Es gibt dort einen Willy Rampf und auch einen Mario, um stellvertretend zwei zu nennen. Das sind gute Sportsleute, die einen nicht so schlechten Job gemacht haben. Man darf nicht denken, dass die Formel 1 ein Durchmarsch ist. Die haben sich profiliert. Schade drum, aber wie gesagt: Ich kann es nicht beeinflussen. Für die Formel-1- und für die Fangemeinde draußen ist es traurig, aber man muss Entscheidungen akzeptieren."