Hamilton zu Ferrari: Vasseur hatte es "schon sehr lange im Hinterkopf"

Frederic Vasseur und Lewis Hamilton über ihre bevorstehende Zusammenarbeit bei Ferrari und die Aushebelung des letzten Jahres in Hamiltons Mercedes-Vertrag

(Motorsport-Total.com) - Während noch längst nicht bei allen Teams die Cockpits für die Formel-1-Saison 2025 besetzt sind, ist bei Ferrari alles klar. Charles Leclerc, der seit 2019 für den italienischen Rennstall fährt, hat Vertrag bis Ende 2026. Und seit dem 1. Februar 2024 steht fest, dass Lewis Hamilton seinen Langzeit-Arbeitgeber Mercedes am Jahresende verlassen wird, um zu Ferrari zu wechseln. Beim Traditionsteam aus Maranello hat der Formel-1-Rekordweltmeister einen mehrjährigen Vertrag unterzeichnet.

Titel-Bild zur News: Frederic Vasseur, Lewis Hamilton

Von Mercedes nimmt Hamilton Ende 2024 Abschied, um zu Ferrari und Vasseur zu wechseln Zoom

Maßgeblichen Anteil daran, dass Hamiltons Wechsel unter Dach und Fach gebracht werden konnte, obwohl der Brite erst im Sommer 2023 bis Ende 2025 bei Mercedes verlängert hatte, trägt Ferrari-Teamchef Frederic Vasseur. Er und Hamilton kennen sich seit fast 20 Jahren.

"Wie es geklappt hat? Nun, Lewis fuhr in der Formel 3 und in der Formel 2 für mich. Gemeinsam haben wir beide Titel gewonnen und haben seither engen Kontakt gehalten", sagt Vasseur gegenüber RMC Sport. Mit Formel 2 meint er die damalige GP2-Serie, die Hamilton im Jahr 2006 als Champion in Richtung Formel 1 verließ. Ein Jahr zuvor hatte er den Titel in der Formel-3-Euroserie errungen. Sowohl in der Formel 3 als auch in der GP2 fuhr er für das Team von Vasseur, nämlich ASM respektive ART.

Jetzt, da Hamiltons Wechsel zu Ferrari seit ein paar Wochen feststeht, gibt Vasseur zu: "Ich hatte das schon sehr lange im Hinterkopf. Aber irgendwie ergab es keinen Sinn sich vorzustellen, dass Lewis Hamilton für Sauber fahren würde."

Damit spielt Vasseur auf seine Zeit als Teamchef des Sauber-Rennstalls an. Das waren die Jahre 2018 bis 2022, als das Team offiziell als Alfa Romeo firmierte und als unter anderem der heutige Ferrari-Pilot Charles Leclerc ein Jahr lang (2018) für das Team fuhr.

Seit 2023 ist Vasseur Ferrari-Teamchef und damit begann sich - zunächst in der Theorie - die Möglichkeit aufzutun, Hamilton zu holen. Vasseur beschreibt es so: "Es ergab sich eine günstige Konstellation, ich bei Ferrari und er am Ende seiner Vertragszeit bei Mercedes."

Damit meint Vasseur nicht Hamiltons aktuellen Mercedes-Vertrag, der ursprünglich bis Ende 2025 geschlossen wurde, sondern den vorherigen. Der wäre Ende 2023 ausgelaufen. Am 31. August 2023 dann verkündete Mercedes, dass sowohl Hamilton als auch George Russell einen neuen Vertrag bis Ende 2025 unterzeichnet haben.

Vasseur und Hamilton blicken auf 2023 zurück

Wie ist es Vasseur trotzdem gelungen, Hamilton zu überzeugen, ab 2025 für Ferrari zu fahren? Der Anfang dieser Gespräche wurde bereits ein paar Monate vor der Bekanntgabe des letzten Mercedes-Vertrags gemacht, nämlich Ende Mai 2023 rund um den Grand Prix von Monaco.

Vasseur, der am 28. Mai Geburtstag hat, erinnert sich: "Seit wir uns im Anschluss an meinen Geburtstag begonnen haben zu unterhalten, wurde der Wunsch nach einer Zusammenarbeit größer. Irgendwo war Ferrari schon immer sein Ziel. Ich glaube, die Konstellation war einfach günstig."

Hamilton selber erklärte es kürzlich so: "Ja, wir haben uns im Sommer auf einen neuen Vertrag [mit Mercedes] geeinigt. Damals sah ich meine Zukunft natürlich bei Mercedes. Dann aber, als es ins neue Jahr ging, wurde eine Chance real und ich habe mich entschieden, sie zu ergreifen."

"Ich habe eine großartige Verbindung mit 'Fred'. In der Formel 3 und in der GP2 waren wir sehr erfolgreich. Das war der Grundstein für unsere Freundschaft. Die haben wir uns erhalten und als er zu Ferrari ging, habe ich mich sehr für ihn gefreut. Letzten Endes hat es sich einfach ergeben. Ich glaube nicht, dass es sich ohne ihn so ergeben hätte."


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Angesprochen darauf, wie man es geschafft hat, das letzte Jahr in Hamiltons Mercedes-Vertrag auszuhebeln, antwortet Vasseur mit einem Grinsen: "Dazu möchte ich nicht in Details gehen. Diese Art von Gesprächen können in letzter Minute noch kippen. Wie man sich vorstellen kann, sprechen wir hier von sehr umfangreichen, sehr komplexen Verträgen."

"Deshalb habe ich niemals zu mir selber gesagt: 'Komm schon, das wird passieren!'", erinnert sich Vasseur und weiter: "Ich habe stattdessen zu mir selber gesagt, dass das eine grandiose Chance für das Team ist, und zwar aus einer Vielzahl von Gründen. Und ich habe zu mir selber gesagt, dass wir uns dafür genauso ins Zeug legen müssen wie für die Entwicklung des Autos. Es ging darum, bis zum Schluss sicherzustellen, dass es tatsächlich funktioniert."

"Und dann", so der Ferrari-Teamchef weiter, "erkannte ich bei Lewis eine echte Motivation. Wahrscheinlich war er überzeugt, dass abgesehen von Red Bull seine größte Chance, noch einmal Weltmeister zu werden, bei uns liegt. Genau das war seine größte Motivation".

Ferrari "im Prozess des Neuaufbaus"

Bei Ferrari befindet man sich laut Vasseur "gerade in einem Prozess des Neuaufbaus. Wir haben unsere Performance verbessert. Hinzu kommt, dass ich ihn gut kenne. Ich weiß, was er will und dass er alles dafür tun wird. Irgendwann kommt einfach eine Zeit, in der sich trotz aller Verträge und Verpflichtungen, einfach eine günstige Konstellation ergibt. Und was soll ich sagen? Ich habe die Gelegenheit, diesen Moment mitzuerleben".

Wird Lewis Hamilton angesichts seines bevorstehenden Ferrari-Wechsels, den er in weniger als zwölf Monaten vollziehen wird, eigentlich Italienisch lernen? "Nun, in all den Jahren habe ich es nicht geschafft, andere Sprachen zu lernen", so der Brite. "Ich werde es aber definitiv probieren. Als ich in Italien Kart gefahren bin, habe ich hier und da ein paar Sätze aufgeschnappt. Deshalb werde ich hoffentlich schnell wieder reinkommen."

Lewis Hamilton

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In Maranello war Hamilton eigener Aussage zufolge übrigens noch nie. "Ich glaube, es war 2010, als ich mir meinen ersten Ferrari gekauft habe", erinnert er sich. "Das war mein erstes Geschenk für mich selber. Ich habe es damals aber nicht geschafft, [in Maranello] vorbeizuschauen. Mittlerweile habe ich ihn gar nicht mehr. Als Mercedes-Fahrer hätte das, glaube ich, kein gutes Bild abgegeben."

Die Entscheidung, Mercedes zu verlassen, sei für ihn "die schwierigste Entscheidung, die ich jemals treffen musste" gewesen, so Hamilton. In seiner gemeinsamen Zeit mit der Marke, die auch schon seine ersten sechs Formel-1-Saisons (damals bei McLaren-Mercedes) umfasste, "wurde ich immer unterstützt und wir sind gemeinsam einen unglaublichen Weg gegangen. Gemeinsam haben wir in diesem Sport Geschichte geschrieben".

"Das ist etwas, wofür ich großen Stolz empfinde. Ich bin sehr stolz darauf, was wir gemeinsam erreicht haben", so Hamilton zu Beginn seiner letzten Saison als Mercedes-Pilot. Und seine Zukunft bei Ferrari? "Letzten Endes ist es doch so, dass ich meine eigene Geschichte schreibe. Ich hatte einfach das Gefühl, dass es an der Zeit ist, ein neues Kapitel aufzuschlagen."

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