• 28.07.2012 19:24

Grosjean: Qualifying gut, alles gut?

Der Lotus-Pilot hatte nach eigener Aussage "keine perfekte Runde" und schielt auf seinen ersten Grand-Prix-Erfolg: "Natürlich denken wir morgen an den Sieg"

(Motorsport-Total.com) - Romain Grosjean und Lotus in Startreihe eins wirken nach den starken Leistungen der Saison 2012 wie ein vertrautes Bild, es ist in dieser Kombination aber eine Premiere. Und die nächste soll folgen: In der FIA-Pressekonferenz erklärt der Franzose, wieso der E20 mit vollem Tank besser unterwegs ist als die Konkurrenz, welche Relevanz der schonende Umgang mit Reifen besitzt und was es für ihn bedeutet, die Nachfolge Ayrton Sennas als Rennsieger in einem Lotus-Fahrzeug antreten zu können.

Titel-Bild zur News: Romain Grosjean

Grosjean frohlockt: Platz zwei bedeutet sein bestes Ergebnis an einem Samstag

Frage: "Romain, war es das, was das Team brauchte: ein starkes Qualifying, weil ihr in den jüngsten Rennen immer über ein starkes Auto verfügt habt?"
Romain Grosjean: "Ja, wir legen normalerweise im Rennen ein gutes Tempo vor. Es fühlt sich gut an, zurück an der Spitze zu sein. Wir hatten einen schwierigen Deutschland-Grand-Prix und einen schwierigen Start hier in Ungarn. Aber die Jungs haben bei dem Versuch, mir mit dem Setup des Autos zu helfen und nach der Fehlerquelle zu suchen, einen großartigen Job gemacht. Jetzt sind wir zurück an der Spitze und das ist gut. Ich denke, es wird ein interessantes Rennen."

Alptraum-Start in das Wochenende

Frage: "Du stehst zum ersten Mal in Startreihe eins. Eine Genugtuung für dich?"
Grosjean: "Ja, eine ziemlich große, muss ich sagen. Wir sind nach einem Deutschland-Grand-Prix, der ein Desaster war, in das Wochenende gestartet und das nicht auf die beste Art und Weise. Aber dann haben wir hart gearbeitet, haben versucht, die Fehler am Auto zu analysieren und warum ich es nicht geschafft habe, das Gefühl vom Jahresbeginn zu entwickeln. Schon im dritten Freien Training wurde es besser, der Start in das Qualifying war dann wieder schwierig."

"Der Anfang war ein Alptraum. Aber dann haben wir zurück zu unserem Tempo gefunden, das Auto verbessert und verstanden, was schief läuft. In der ersten Startreihe zu stehen ist etwas Besonderes - speziell beim Ungarn-Grand-Prix, wo Überholen schwierig ist. Wir müssen aus einer vorderen Position starten, das haben wir immer betont. Der erste Teil des Jobs ist also erledigt. Hoffentlich haben wir morgen das gewohnte Renntempo, können die Reifen schonen und uns mit dem Kerl an der Spitze einige gute Zweikämpfe liefern."

Frage: "Ihr seid schneller als zuvor. Gilt das auch, wenn die Tanks im Rennen gefüllt sind?"
Grosjean: "Normalerweise geht es mit viel Benzin besser als mit wenig, also ist die erste Startreihe ziemlich wertvoll. Wir haben in dieser Woche vielleicht etwas mehr am Qualifying gearbeitet, weil wir wissen, dass es der Schlüssel für das Rennen ist. Hoffentlich fühlen sich das Auto mit vollem Tank und das Setup, das wir normalerweise fahren, morgen gut an. Hoffentlich ist das der Fall. Und hoffentlich können wir die Reifen so schonen wie wir wollen, wie wir können. Dann sind wir schnell."

Sennas Erbe ist Grund zur Freude, kein Druck

Frage: "Einige Fahrer waren in vielen, vielen Kurven außerhalb der Bahn. Wie gehst du damit um, wenn du morgen auf das Podium fahren willst?"
Grosjean: "Der Schlüssel ist es natürlich, auf der Strecke zu bleiben. Wir sollten einen guten Start erwischen, dann sehen wir am Anfang des Rennens möglich ist und wie sich das Auto anfühlt. Hoffentlich ist da alles in Ordnung, so wie in Kanada oder in Bahrain. Wenn ja, glaube ich, dass es in unseren Händen liegt, um ein Spitzenresultat zu kämpfen."


Fotos: Romain Grosjean, Großer Preis von Ungarn


Frage: "Solltest du es schaffen, morgen zu gewinnen, wärest du in der Geschichte von Lotus der direkte Nachfolger von Ayrton Senna. Wie fühlt sich das an? Ist das zusätzlicher Druck, der auf deinen Schultern lastet?"
Grosjean: "Ich denke nicht, dass es zusätzlicher Druck ist. Die Formel 1 ist doch schon so Druck pur. Wenn ich gewinnen würde, wäre das fantastisch für das Team, die Mitarbeiter in der Fabrik, für alles, das wir seit Saisonbeginn unternommen und erreicht haben. Und wenn ich der Nachfolger von Ayrton Senna als Lotus-Rennsieger bin, würde das noch etwas auf das Glück draufpacken, das wir in dieser Situation empfinden würden. Es wäre zusätzliche Freude."

Frage: "Was bedeutet dir deine Startposition? Hast du schon verstanden, was in Deutschland schief gelaufen ist? Würdest du es machen, wenn du mit Sebastian Vettel die Positionen tauschen könntest?
Grosjean: "Das sind viele Sachen auf einmal. Wir haben gesehen, dass die Arbeit mit den Reifen in dieser Saison ertragreich sein kann, dass sie schwierig sein kann. In den vergangenen beiden Rennen standen wir genau dort, wo wir sein sollten. Es gab Anzeichen dafür, dass manche Dinge nicht laufen, wir es uns gewünscht hätten. Das Handling war nicht wie gewollt und die Reifen arbeiteten nicht richtig."

Wann folgte die erste Pole-Position?

"Also haben wir daran gearbeitet, wieder ein normales Setup hinzubekommen. Und jeden anderen Aspekt, der uns dabei in die Quere hätte kommen können, zu umgehen. Der zweite Platz heute ist eine kleine Überraschung, nachdem wir gestrauchelt haben, aber wir haben uns Runde um Runde verbessert. Auf der Strecke lag immer mehr Gummi, das hat uns geholfen. Und wenn ich die Position tauschen könnte: Nein, weil ich schon einmal Dritter in einem Qualifying war."

Romain Grosjean

Der Lotus E20 könnte mit vollem Tank einen Vorteil genießen Zoom

"Jetzt bin ich Zweiter und - das hoffe ich - eines Tages auf der Pole-Position. Umso weiter vorne du bist, umso besser. Wir wissen, dass es die staubige und dreckige Seite ist, aber auch in Barcelona war von einer guten und einer schlechten Seite die Rede. Der Zweite und der Vierte waren dann Erster und Dritter in der ersten Kurve. Der Erste und der Dritte sind als Zweiter und Vierter ins Ziel gekommen. Hoffentlich gelingt mir das Gleiche."

Frage: "Am Donnerstag hast du gesagt, dass du in der ersten Reihe stehen musst, um um den Sieg zu kämpfen. Jetzt bist du Zweiter, ist es also an der Zeit?"
Grosjean: "Gute Frage. Ich denke, die Zeit ist gekommen, seitdem ich um Siege mitfahre. Wir wir es ausdrücken: Das Qualifying ist eine gute Übung, weil du auf der Suche nach der perfekten Runde bist. Und wenn es gelingt, das Auto so zu bewegen, wie du es willst, ist es ein gutes Gefühl. Im Rennen ist es dann der Grundgedanke, zu gewinnen.

Keine zusätzliche Vorsicht in Kurve eins

"Hätte einer von uns gesagt, er würde nicht mit dem Gedanken an einen Sieg anreisen, wäre das nicht die Wahrheit gewesen. Natürlich denken wir morgen daran. Aber vor dem Grand-Prix-Sieg steht das Rennen. Da müssen wir alles richtig machen. Was das Qualifying angeht, haben wir unseren Job erledigt. Jetzt brauchen wir einen guten Start, gute Boxenstopps und ein gutes Renntempo."

Frage: "Nach den schlechten Erfahrungen, die du in den vergangenen Rennen in der ersten Kurve gemacht hast: Kannst du diese Erfahrung nutzen, um Schwierigkeiten zu vermeiden?"
Grosjean: "Ich nutze die gesamte Erfahrung, die ich in der Formel 1 gesammelt habe, um mich zu verbessern. Runde für Runde, Rennen für Rennen."

Frage: "Die letzte Kurve wurde für dieses Jahr mit neuem Straßenbelag versehen. Wie fühlt sich der an? Ist es eine klare Verbesserung verglichen mit der Situation zuvor und wo ist die Strecke schlechter als zuvor?"
Grosjean: "Die letzte Kurve ist einfacher als damals in der GP2."

Vorfreude auf Flitterwochen

Frage: "Hattest du deshalb eine perfekte Runde im Qualifying? Sebastian Vettel hat gesagt, seine Runde hätte besser sein und er hätte dich attackieren können."
Grosjean: "Um ehrlich zu sein, war es nicht die perfekte Runde. Es gibt nur wenige Momente in der Karriere, in denen du die Runde zu Ende bringst und sagst, wie das Auto gewesen ist. Ich denke, wir hätten das Auto in einigen kleinen Bereichen verbessern können."

"Die Runde war nicht perfekt." Romain Grosjean

"Es ist ziemlich schwierig, die perfekte Runde zu erwischen und das Auto für die Runde auf den Punkt vorzubereiten. Es war also nicht der beste Umlauf aller Zeiten. Verglichen mit Kimi (Räikkönen, Anm. d. Red.) habe ich in Kurve eins Zeit verloren, der Rest war in Ordnung."

Frage: "Die Sommerpause naht in der längsten Saison der Formel-1-Geschichte. Ist es eine willkommene Gelegenheit, zu relaxen und die Batterien wiederaufzuladen? Oder habt ihr die Befürchtung, bis Spa den Schwung zu verlieren?"
Grosjean: "Für mich ist es Zeit für die Flitterwochen."

Psychospiele um Reifenverschleiß

Frage: "Glaubst du an die zweite Chance?"
Grosjean: "Ja, daran, die Gelegenheit zu haben, eine zweite Chance zu bekommen. Ich sage oft, dass ich glücklich bin, wieder in der Formel 1 zu sein, auch wenn es schwieriger ist. Wenn man etwas verliert, merkt man erst, wie viel es einem bedeutet. Heute bin ich stolz, zurück zu sein, ein Teil von Lotus zu sein. Ich denke, wir wachsen zusammen und haben bisher eine tolle Saison gehabt. Ich bin glücklich, hier zu sein und in die Welt der Formel 1 zu passen."

Romain Grosjean

Den Sieg im Visier: Für Grosjean könnte der größte Karriere-Erfolg folgen Zoom

Frage: "Angesichts der Schwierigkeit, hier zu überholen: Wird die Anzahl der Runden, die du mit den superweichen Reifen im ersten Stint fahren kannst, der Schlüssel zu einem Sieg oder einem guten Resultat sein?
Grosjean: "Wir haben keine superweichen Reifen, Sie meinen die weichen. Ich denke, der Schlüssel ist Teil der Strategie. Wenn du davon ausgehst, länger fahren zu können, tun es die anderen und du stoppst früher. Wenn du davon ausgehst, am Ende in Schwierigkeiten zu stecken - wie wir das schon bei einigen Autos erlebt haben - hast du keine. Das wird eine knifflige Frage für die Jungs, die die Strategie planen. Dann versuchen wir, so nahe wie möglich an unser gestecktes Ziel heranzukommen."