Glock: "Habe genug Arbeit vor mir"
Der zukünftige Toyota-Stammfahrer über das Warten auf das grüne Licht zum "Comeback", seinen zukünftigen Arbeitgeber, Jarno Trulli und vieles mehr
(Motorsport-Total.com) - Obwohl Timo Glock seinen Vertrag mit Toyota bereits in der Tasche hat, tauchte der 25-Jährige am Wochenende in Valencia noch einmal im Outfit des BMW Sauber F1 Teams auf. Dort war der Deutsche gemeinsam mit seinen Landsleuten Nick Heidfeld und Ex-Testfahrer Sebastian Vettel ("zivil" unterwegs) als Formel-1-Vertreter beim Weltfinale der Formel BMW dabei.

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Timo Glock wagt noch nicht allzu viele Prognosen für die Saison 2008
Die Freude über seinen ersten Vertrag als Stammfahrer in der "Königsklasse des Motorsports" "geht so langsam wieder zurück, aber an dem Tag, an dem ich es erfahren habe, habe ich mich natürlich gefreut und war darüber sehr glücklich", meint der Rennfahrer aus Wersau nach dem Ende der "Zitterpartie", die vom 'Contract Recognition Board' (CRB) beendet wurde: "Es waren noch ein paar Dinge zu klären, aber das haben wir dann hinbekommen."#w1#
Als der Vertrag endlich in trockenen Tüchern war, fühlte er sich wie nach seinem Titelgewinn beim GP2-Finale in Valencia, wie er gegenüber 'speed-academy.de' gesteht: "Mir sind ein paar Kilo - grob geschätzt etwa 40 Tonnen - von den Schultern gefallen. Denn durch die ganzen Gerüchte, die in letzter Zeit rumgegangen sind, befielen einen zwischendrin immer wieder Zweifel - selbst wenn die Gespräche immer fair und gradlinig verlaufen sind."
Parallel zu seinem Abkommen mit Toyota stand Glock beim BMW Sauber F1 Team unter Vertrag, denn der Rennstall hatte eine Option auf die Dienste seines Testfahrers für 2008 gezogen: "Es ist ja auch das Recht von BMW, so lange zu kämpfen, wie es geht. Ich bin natürlich auch glücklich, dass man mir im Endeffekt die Möglichkeit gegeben hat, zu Toyota zu gehen."

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Timo Glock im Formel BMW hinter dem Ex-M1 von Nelson Piquet Zoom
Über den "Kampf" seines Arbeitgebers hat sich Glock "gefreut, denn da habe ich gesehen, dass ich über das Jahr hinweg gute Arbeit geleistet habe. Vielleicht läuft man sich ja wieder über den Weg. Wir sind ja nicht - wie manche denken - im Streit auseinander gegangen. Ich habe mich gefreut, dass ich hier noch einmal historische Autos fahren durfte. Ich habe schwer gestrahlt, als man mir das mitgeteilt hat."
In der Phase der Ungewissheit hat es Glock vermieden, die Berichterstattung der Medien zu verfolgen: "Am besten darf man sich die ganzen Spekulationen gar nicht erst anhören. In dem Moment, in dem die Verhandlungen beginnen, muss man das Internet abschalten und keine Zeitungen mehr lesen. Aber das kann man natürlich keine drei Monate durchziehen."
2004 war Glock schon einmal Testfahrer bei Jordan, doch weil er keinen Vertrag erhielt, machte er einen Abstecher in die Champ Car in die USA, bevor er durch den GP2-Einsatz wieder näher an der Formel 1 dran war: "Es gab viele Leute, die gesagt haben, dass ich den Weg zurück nicht mehr schaffen werde. Ich glaube es gab wenige, die es wieder zurück geschafft haben."
"Aber ich habe immer an mich und mein Management, Hans-Bernd Kamps, geglaubt. Wir haben in den vergangenen zwei Jahren sehr konzentriert gearbeitet und es wieder geschafft. Natürlich auch dank BMW, die mir Ende 2006 die Chance gegeben haben. Ansonsten wäre dies mit Sicherheit nicht so einfach geworden."

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Timo Glock betätigte sich am Wochenende auch als "Taxi-Fahrer" Zoom
Seine guten Leistungen in den meist im Rahmenprogramm der Formel 1 stattfindenden GP2-Rennen sind natürlich auch den Formel-1-Teamchefs nicht entgangen: "Man muss in der Formel 1 zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Die Leistung in der GP2 hat dieses Jahr gepasst und so kam der Kontakt zustande."
Doch im Gegensatz zu Lewis Hamilton, der dieses Jahr nur deshalb schon im McLaren-Mercedes als Einsatzfahrer saß, weil er 2006 GP2-Champion wurde, war dieser Titel keine Bedingung für die Vertragsunterschrift bei Toyota: "Das war nicht ausschlaggebend. Sie haben die Leistung gesehen und wussten, dass ich oft mit einem technischen Defekt stehen geblieben oder abgeschossen worden bin. Deswegen kam es im Endeffekt nicht darauf an."
Zum Glück - denn ansonsten hätte es für den gelernten Gerüstbauer schief gehen können, hatte er doch viele Wochenenden, an denen ihm das Pech an den Fersen klebte: "An Wochenenden wie in Spa kam das eine oder andere graue Haar dazu", meint Glock und grinst. "Das war ein hartes Wochenende, aber aus solchen Wochenenden nimmst du doch etwas Positives mit. Das ist eine Erfahrung, die du machst. Diese bleiben dir im Hinterkopf erhalten und du kannst dann mit solchen Situationen besser umgehen."
"Ich bin hier nach Valencia gekommen und hatte den Druck, hatte im Hinterkopf, dass wieder etwas kaputt gehen könnte. Aber im Endeffekt ist das nichts Negatives, sondern etwas Positives. Denn man lernt daraus, erkennt, dass man damit umgehen kann und zieht etwas Positives daraus."

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Timo Glock mit dem Lohn der harten Arbeit Zoom
Für Glock war klar, dass er nicht noch einmal ein Jahr als Testfahrer verbringen will, ohne die Zusage auf ein Stammcockpit zu haben: "Als Testfahrer hast du dieses Jahr sehr wenig im Auto gesessen. Am Ende des Jahres, als ich GP2-Champion war, war es für mich klar, dass ich einen Schritt machen muss."
"Noch einmal ein Jahr als Testfahrer wäre schwierig geworden, weil du einfach nicht genug zum fahren kommst und sehr, sehr schnell von der Bildschirmfläche verschwindest. Deswegen war es für mich schnell klar, dass ich ein Cockpit bekommen muss."
Glock deutet an, dass eine gemeinsame Zukunft mit BMW denkbar ist. Hätte er vielleicht doch noch einmal ein Jahr als Testfahrer angehängt, wenn man ihm eine Zusage für 2009 gegeben hätte? "Ja, das könnte ich mir schon vorstellen (lacht)", meint Glock auf die Frage von 'Motorsport-Total.com'. Das kann man so spontan nicht sagen, aber vorstellen könnte ich mir das schon."
War Toyota eigentlich die einzige Option für 2008? "Es gab Mitte des Jahres mit Williams Gespräche, aber das hat sich ziemlich schnell wieder zerschlagen gehabt", antwortet Glock. "Ende des Jahres gab es dann noch einmal einen Kontakt, aber dann waren wir schon mit Toyota relativ weit."
Das eine oder andere Blatt warf ordentliche Millionen-Gagen in den Raum, darüber kann Glock nur mit dem Kopf schütteln: "Da gab es ja mehrere Varianten und viele Zahlen, die durch die Zeitungen geisterten. Aber wer mich kennt, der weiß, dass ich nicht wegen des Geldes zu Toyota oder überhaupt in die Formel 1 gehe. Ich mache das, weil es mein Ziel ist und für mich immer ein Traum war. Das Geld kommt für mich an zweiter Stelle. Mich interessiert der Sport und mich interessiert es, um die Weltmeisterschaft zu fahren."
Und hier sieht Glock sich trotz der bisher enttäuschenden Auftritte der Japaner in der Formel 1 bei Toyota am richtigen Ort: "Toyota hat definitiv mit die größten Ressourcen und Möglichkeiten. Wenn ich überlege, dass hinter mir 600 Leute stehen, die Tag und Nacht für den Erfolg arbeiten, dann ist das schon ein spezielles Gefühl. Zwar kein Druck, aber ein spezielles Gefühl, das mich nur noch mehr motiviert, alles zu geben."
"Man kann nichts versprechen, aber ich werde mein Bestes geben", fährt Glock fort. "Ich werde mit dem Team versuchen zu analysieren, warum es in den vergangenen Jahren nicht ganz so gut gelaufen ist, die Fehler ausmerzen und versuchen, nach vorn zu kommen."

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Timo Glock beim Autogramme-Schreiben hinter den Boxen Zoom
Sein erster Gegner wird kommendes Jahr wie bei jedem Fahrer der eigene Teamkollege sein: "Jarno Trulli verfügt über viel Erfahrung. Ich hoffe natürlich, dass ich mir das eine oder andere von ihm abschauen kann. Er verfügt über viel Erfahrung mit dem Auto und mit dem Team und hat dieses Jahr im Qualifying gezeigt, dass er extrem stark ist. Er ist im Qualifying sicherlich eine Messlatte."
Den Sport sieht Glock "jetzt aus einer ganz anderen Perspektive": "2004, als ich das erste Mal in der Formel 1 war, da war es für mich schwierig, da ich noch nicht über die Erfahrung verfügte und die Formel 1 aus einer anderen Perspektive sah. Ich habe dann aber relativ schnell verstanden, dass es ein relativ harter Job, ein 24-Stunden-Job, ist. Das sind Dinge, die ich nun schon vorher weiß."
Zusätzliches Wissen wird er sich von Ralf Schumacher nicht einholen können: "Ich glaube, er wird mir nichts erzählen und denke, dass ich mir über das Team meine eigene Meinung bilden kann. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er mir helfen würde oder mir irgendwelche Tipps geben will. Ich will mir mein eigenes Bild machen und das für mich selbst analysieren."
Sein Vorgänger beim in Köln ansässigen Team kritisierte den "Toyota-Weg" und die Tatsache, dass das Team nicht einmal Ross Brawn angefragt habe: "Über den Toyota-Weg kann ich nichts sagen, weil ich zu wenige Informationen intern habe. Ich kann nur das sehen, was auch die anderen von außen sehen. Aber das reicht nicht aus, um mir darüber eine Meinung zu bilden."
"Toyota denkt sich sicher etwas dabei. Die Frage ist, ob Toyota den Kontakt zu Ross Brawn gesucht hat oder nicht gesucht hat. Das weiß ich nicht, das lass ich mal dahingestellt. Ich muss abwarten, Erfahrung sammeln und mir selbst ein Bild davon machen."
Glock, der 23 seiner 25 Lebensjahre im Odenwald verbracht hat, überlegt derzeit, ob er sich in Köln nach einer Wohnung umschaut. Den TF108 hat Glock noch nichts gesehen: "Da muss ich mich noch etwas gedulden. Ich werde sicherlich übers Jahr hinweg so oft wie möglich im Werk in Köln sein, um zu jedem Mitarbeiter ein persönliches Verhältnis aufzubauen", so Glock weiter. "Ich möchte mit den Mechanikern ebenso gut auskommen wie mit den Ingenieuren oder den Leuten, die das Team führen. Jeder Einzelne ist wichtig. Es muss eine Harmonie herrschen."
Es verwundert nicht, dass sich Glock in Bezug auf Saisonziele noch recht bedeckt hält und in erster Linie aus jedem Rennen "100 Prozent" herausholen möchte: "Wir müssen abwarten, wie die Testfahrten laufen, damit wir ein erstes Bild erhalten. Ich möchte natürlich so viele Rennen wie möglich in den Top 10 oder in den Punkte beenden. Ich denke, da habe ich genug Arbeit vor mir."

