Gascoyne: Jarno und Ralf fehlt es teilweise an Konstanz
Im Interview spricht Toyotas Technischer Direktor über die neue Fahrerpaarung, die Tests und die Entwicklung des TF105
(Motorsport-Total.com) - In dieser Woche haben die Teams ihre Vorbereitungen auf die kommende Formel-1-Saison auf den Teststrecken in Europa begonnen. Mit dabei das Toyota-Team, wo Ralf Schumacher sein Debüt im TF104B gab und mit guten Rundenzeiten sogar sich selbst überraschte. Im Interview spricht Mike Gascoyne, Technischer Direktor des Teams, über die Hoffnungen für 2005, die neue Fahrerpaarung, das neue Technische Reglement und die Entwicklung des neuen TF105.

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Mike Gascoyne sieht bei Trulli und Schumacher Verbesserungsbedarf
Frage: "Um was geht es beim Wintertestprogramm von Toyota?"
Mike Gascoyne: "Die Zeit vor der neuen Saison wird für alle Teams hektisch werden, vor allem für Toyota, denn wir haben natürlich zwei neue Fahrer - Ralf Schumacher und Jarno Trulli. Der erste Test in Barcelona war hauptsächlich dafür da, Ralf und Jarno sich komplett in das Team einleben zu lassen. Natürlich konnten wir Jarno für den Japan- und Brasilien-Grand-Prix in das Rennteam bringen und das war für beide Seiten von Vorteil, da wir früher als erwartet mit der Arbeit beginnen konnten. Ich bin mir sicher, dass sich Ralf genauso schnell einleben wird."#w1#
Frage: "Wirken sich zwei neue Fahrer auf die Herangehensweise an die Saison 2005 aus?"
Gascoyne: "Neue Fahrer zu haben, beeinflusst die Arbeitsweise nicht besonders. Wir haben eine Menge Reifentests mit Michelin zu erledigen, denn die Reifenregeln verlangen, dass wir das ganze Rennen über auf einem neuen Reifensatz fahren, wir sind aus diesem Grund in Vorbereitung auf das kommende Jahr mit überarbeiteten Pneus unterwegs."
"Wir haben auch eine Menge Kilometer mit dem Motor abzuspulen, es wird eine Laufleistung von zwei Rennwochenenden verlangt, wir müssen sicherstellen, dass der nächstjährige Motor zuverlässig ist. Aus diesem Grund hat Olivier (Panis) auch in Paul Ricard getestet und eine Menge Kilometer auf den Motor abgespult sowie an der Elektronik für kommendes Jahr gearbeitet. Wir werden kein Hybrid-Auto fahren, wir werden aus diesem Grund zum ersten Mal mit dem neuen Heck fahren, wenn das neue Auto fertig ist."
Neues Auto noch vor Weihnachten fertig
Frage: "Wann können wir davon ausgehen, den neuen TF105 zu sehen?"
Gascoyne: "Der TF105 wird im Moment fertig gestellt und sollte vor Weihnachten fertig sein. Das bedeutet, dass er uns zum Fahren zur Verfügung stehen wird, sobald das Weihnachts- und Neujahrs-Testverbot im Januar aufgehoben wird. Auch wenn wir den TF105 vergleichsweise früh einführen, wird es an ihm vor dem ersten Rennen der Saison beträchtliche Entwicklungen geben. Wir werden in Melbourne ein komplett neues Aerodynamik-Paket haben, aber wir wollen das neue Auto so früh wie möglich fahren, um es für den Australien-Grand-Prix zuverlässig zu bekommen. Es gibt am neuen Auto jede Menge Arbeit zu erledigen, aber wir werden auch mit dem TF104B fahren, um vor dem ersten Rennen jede Menge an den Reifen zu arbeiten."
Frage: "Warum hat sich Toyota für Jarno Trulli und Ralf Schumacher entschieden?"
Gascoyne: "Sowohl Ralf als auch Jarno sind erwiesene Sieger und ich denke, dass sie beide sehr schnell sind. Jarno ist auf einer Runde außergewöhnlich, aber hat in seiner Karriere im Rennen mit der Konstanz gekämpft. In der ersten Hälfte der Saison 2004 hat er jedoch exzellente Arbeit geleistet, bevor die Beziehung für ihn bei Renault den Bach runterging. Für seinen ersten Sieg in Monaco hatte er sich die Pole gesichert, er war in praktisch jeder Session der Schnellste und hat jede Runde des Rennens angeführt. Das ist eine tolle Leistung."
Ralf und Jarno sind schnell - aber manchmal zu inkonstant
Frage: "Was ist mit Ralf?
Gascoyne: "Ralf ist auch sehr schnell und er hat in seiner Karriere einige Rennen gewonnen. Vielleicht gibt es auch hier den Beweis für etwas fehlende Konstanz über die Jahre hinweg. An manchen Wochenenden scheint er seinen Teamkollegen zu dominieren und ist einfach unglaublich. Bei manchen Rennen, die er in der Vergangenheit gewonnen hat, schien er das gesamte Wochenende dominiert zu haben, aber manchmal schien er nicht auf diesem Level zu sein."
"Ich denke, dass sowohl Ralf als auch Jarno Fahrer sind, die mental in der richtigen Verfassung sein müssen, um konstante Leistungen zu bringen, und viel hat damit zu tun, dass man das richtige Team und die richtige Umgebung um sich herum hat. Wir müssen sicherstellen, dass wir ihnen ein Auto geben können, in dem sie ihr Bestes geben können und eine Umgebung schaffen, in der sie das konstant können."
Fahrer für das Feedback enorm wichtig
Frage: "Welches Feedback erwarten sie sich von Jarno und Ralf?"
Gascoyne: "Natürlich können Jarno und Ralf die Stärken und Schwächen unseres Paketes mit jenen Autos vergleichen, die sie in der Vergangenheit gefahren sind. Wir wissen ziemlich genau, wo unser Auto in Bezug auf seine Aerodynamik steht, aber auch die Fahrer können diesbezüglich Input geben. Sie können der Motivation des gesamten Teams in Köln helfen. Auf der Rennstrecke müssen sie professionell mit den Ingenieure und Mechanikern arbeiten, um sicher zu stellen, dass wir nicht nur das Beste aus dem Auto aber auch aus der gesamten Ausführung bei einem Rennen oder Test holen."
Frage: "Mit vier Fahrern, die im Jahr 2004 für euch an den Start gingen, hatte Toyota eine beeindruckende Fahrergarde. Wie wichtig ist diese im kommenden Jahr?"
Gascoyne: "Die Tatsache, dass Jarno und Ralf von zwei sehr erfahrenen Jungs wie Olivier und Ricardo unterstützt werden, ist extrem wichtig. Olivier bleibt uns als Test- und Ersatzfahrer erhalten und Ricardo als Fahrer des dritten Autos bei den Grands Prix. Ich denke, dass Toyota damit das erfahrenste Fahrerteam aller Rennställe hat. Das bedeutet, dass wir zwei Rennfahrer haben, die absolut bei der Musik sind, erwiesene Rennsieger sind und wir haben mit Olivier und Ricardo die Erfahrung unserer Testfahrer. Das ist eine ziemlich beeindruckende Fahrerpaarung, besonders für ein Team, das Achter in der Meisterschaft geworden ist. Das sollte dem Team jede Menge Zuversicht einbringen."
Entwicklung des TF104B wurde "geopfert"
Frage: "Die FIA hat eine Menge von Regeländerungen für die Saison 2005 verabschiedet. Wie haben diese das Design des TF105 beeinflusst?"
Gascoyne: "Es gibt für die kommende Saison in jeder Schlüsselposition der Technik Veränderungen. Auf der Chassis-Seite betreffen die Änderungen vor allem die Aerodynamik. Wir müssen den Frontflügel anheben, den Heckflügel nach vorne bringen und die Maximalhöhe des Diffusors reduzieren, das führt alles dazu, dass wir eine beträchtliche Menge an Abtrieb verlieren sollten. Bei der ersten Ausfahrt haben wir 25 Prozent Abtrieb verloren, aber wir arbeiten natürlich im Windkanal daran, so viel wie möglich zurückzubekommen."
Frage: "Wie sehr hat die späte Bestätigung der Regeln für 2005 die Entwicklung des TF105 beeinflusst?"
Gascoyne: "Um ehrlich zu sein, war die späte Implementierung der technischen Änderungen für 2005 für uns kein großes Hindernis. Die FIA hat ein paar Vorschläge gesammelt und es gab einen Prozess, durch den wir uns arbeiten mussten, um sie einzuführen. Aber von August an haben wir wirklich angenommen, dass die Regeln, mit denen wir arbeiten, akkurat sind, und so ist es dann ja auch gekommen."
"Die Veränderungen haben uns wohl mehr in Bezug auf das letztjährige Auto beeinflusst als in Bezug auf den TF105. Als wir den TF104B einführten, war es unser Ziel, an ihm bis zum Ende des Jahres zu arbeiten, aber wegen der Regeländerungen konnten wir das nicht und wir haben uns komplett auf den TF105 konzentriert. Das bedeutete, dass wir keine wirklich bedeutenden Entwicklungen für den 104B vornahmen, das hat uns gegen Ende des Jahres sicherlich geschadet. Aber diese Entscheidung wird uns für das kommende Jahr helfen."

