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  • 21.09.2007 12:41

'Fuji Speedway': Unbekannt - und doch ein guter Bekannter

Das BMW Sauber F1 Team verrät, wie man sich anhand von Plänen und Computer-Simulationen auf die neue Rennstrecke in Fuji vorbereitet hat

(Motorsport-Total.com) - Am Wochenende des 30. September gastiert die Formel 1 im japanischen Fuji - auf einer Strecke, auf der bisher kein aktueller Formel-1-Rennwagen eine Runde drehte. Dennoch werden die Autos des BMW Sauber F1 Teams bereits am Freitagmorgen eine Abstimmung haben, die dem Optimum schon sehr nahe kommt. Aufwändige Simulationsprogramme und die mit Unterstützung von 'Intel' ausgebaute Computer-Kapazität machen es möglich. Aber ohne Erfahrung ginge es auch nicht.

Titel-Bild zur News: Eröffnungsveranstaltung in Fuji

Auf der modernisierten Rennstrecke von Fuji betreten die Teams Neuland

Ende 2006 erhielten die Simulations-Spezialisten des BMW Sauber F1 Teams die Daten der neuen Fuji-Strecke als CAD-Datei (Computer Aided Design) vom Organisator in Japan. Auf Basis dieser Datei legte ein Spezialist mit Hilfe eines Computer-Programms zunächst die Ideallinie fest, welche die Piloten voraussichtlich fahren werden. Dabei wurde die Strecke in zwei Schritten in 500 bis 800 Segmente aufgeteilt. Für jeden einzelnen Abschnitt wurden die Radien bestimmt und somit die Ideallinie numerisch definiert.#w1#

Alles eine Frage der Dimension

Anschließend konnte das Bild um eine Dimension erweitert werden: Das Höhenprofil der Rennstrecke wurde eingepflegt. Steigungen und Gefälle haben insbesondere bei langen Geraden einen erheblichen Einfluss auf die Geschwindigkeit.

"Um während des Rennwochenendes keine kostbare Zeit zu verlieren", sagt Willy Rampf, Technischer Direktor des BMW Sauber F1 Teams, "müssen wir bereits vorher eine möglichst genaue Vorstellung vom Abtriebsniveau, der Getriebeübersetzung und der Bremsspezifikation haben."

Federn lassen oder nicht?

Zuerst wird die mechanische Abstimmung des Autos definiert. Das beginnt mit der Gewichtsverteilung, die man aufgrund von Erfahrungswerten von vergleichbaren Strecken festlegt. Anschließend werden die Feder- und Dämpferkennung bestimmt. Auch dies geschieht auf Basis von empirischen Werten. "Dabei", so Rampf, "ist es natürlich von Vorteil, dass Fuji so weit hinten im Rennkalender steht. Wir haben im Laufe der Saison sehr viele Daten mit dem F1.07 gesammelt, die wir hier nutzen können."

Als nächstes kommt das Runden-Simulationsprogramm ins Spiel. Dabei handelt es sich um eine ganz spezielle, von den Ingenieuren des BMW Sauber F1 Teams entwickelte Software, mit der sich Rundenzeiten simulieren lassen. Hierbei testet man das Fahrzeug zunächst mit unterschiedlichen Abtriebsniveaus: Man lässt es quasi in einer bestimmten Konfiguration fahren, und das Programm errechnet daraus die Rundenzeit. Auf diese Weise wird der optimale Anpressdruck ermittelt.

Im Falle von Fuji hat sich ein mittleres Abtriebsniveau als bester Kompromiss ergeben. Kurz vor dem Rennen werden dann nochmals zahlreiche Feineinstellungen der Flügel verglichen, um weitere Optimierungen vorzunehmen.

Auf das richtige Sieben-Gänge-Menü kommt es an

Nun geht es an die Festlegung der idealen Getriebeabstufung. Aufgrund der errechneten Höchstgeschwindigkeit, die auf der langen Geraden von Fuji zwischen 320 bis 330 km/h betragen wird, legt man als erstes den siebten Gang fest. Dann folgt der erste Gang, bei dem es eine Rolle spielt, ob er nur beim Start oder auch während der Runde gebraucht wird. Die restlichen fünf Gänge werden auf Basis der Leistungskurve des Motors berechnet.

Unter Berücksichtigung von Abtriebsniveau und Streckencharakteristik ist die Rundensimulation in der Lage, den Belastungsgrad der Bremsen zu ermitteln. Einfach ausgedrückt geht es darum, herauszufinden, ob die Bremsen hoch, mittel oder niedrig beansprucht werden. Aufgrund dieser Resultate bestimmt man das Material der Bremsscheiben und Beläge sowie die Spezifikation der Bremssättel.

Wer cool ist, ist nicht unbedingt schnell

Ebenfalls mittels Simulation wird der Bedarf an Kühlluft für die Bremsen definiert. Die Bremsbelüftung spielt eine wichtige Rolle für die Aerodynamik: Je kleiner die Öffnungen, desto mehr Abtrieb produziert das Auto.

Auch die raffinierteste Berechnung muss mit zwei großen Unbekannten leben: Die eine ist der Grip der Asphaltoberfläche, die andere ist der Reifenverschleiß. Rampf: "Wie sich die Reifen im Fahrbetrieb tatsächlich verhalten, sehen wir erst im Training, nachdem wir Longruns gefahren sind. Also etwa zehn Runden am Stück mit beiden Reifenmischungen."

Diese Informationen sind die Grundlage für das erste Strategie-Meeting, das am Rennwochenende nach den beiden ersten freien Trainings stattfindet. Dabei werden sämtliche Daten ausgewertet und Optimierungen vorgenommen.

Simulanten haben einen Vorteil

Die gesammelten Daten werden auch in das Strategie-Simulations-Programm eingegeben. Basierend auf allen vorliegenden Informationen rechnet dieses dann alle möglichen Rennstrategien durch und zeigt den Ingenieuren auf die Sekunde genau, wie schnell eine Ein-, Zwei-, oder Dreistopp-Strategie wäre.

Zusätzlich fließen weitere Faktoren ein, etwa die Wettervorhersage oder die Streckencharakteristik, die bestimmt, ob man eher leicht oder nur sehr schwer überholen kann. In den folgenden Strategie-Meetings am Samstag und am Sonntag vor dem Rennen werden die Erkenntnisse überprüft und gegebenenfalls um neue Informationen ergänzt.

"Unsere Zielsetzung ist es, dass die mittels Simulation berechnete Rundenzeit und Höchstgeschwindigkeit nicht mehr als ein Prozent von den effektiven Werten abweichen", gibt Rampf einen Hinweis darauf, welch hohe Genauigkeit diese Berechnungen haben.