Formel-1-Saison 2006: Alles geregelt
Ein Überblick über die Reglementänderungen für die Formel-1-Saison 2006 und die Auswirkungen auf die Autos, die Fahrer und die Strategie
(Motorsport-Total.com) - Mit neuen Regeln für Motor und Reifen startet die Formel 1 in die Saison 2006. Die wichtigsten Änderungen: Neue V8-Motoren ersetzen die bisher verwendeten Zehnzylinder-Triebwerke und Reifenwechsel während der Rennen sind wieder erlaubt. Außerdem wird das Qualifying nach einem neuen Modus ausgetragen.

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Die Reglementänderungen im grafischen Kurzüberblick
Der Countdown für den Saisonauftakt am 12. März auf dem 'Bahrain International Circuit' läuft auf vollen Touren. Mit ausgiebigen Testfahrten bereiteten sich die Teams auf die Stunde der Wahrheit vor, arbeiteten bis zuletzt unter Hochdruck an ihren neuen Autos.#w1#

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Vie V8-Motoren lösen die Zehnzylinder ab - im Bild der Toyota RVX 06 Zoom
Dabei waren keineswegs nur die Motoreningenieure gefragt, die ihre neuen V8-Triebwerke auf Leistung und Zuverlässigkeit für die mit Spannung erwartete Premiere trimmen mussten, sondern vor allem auch die Aerodynamiker: Weil die Autos weniger Leistung haben und dadurch weniger Luftwiderstand vertragen, mussten sie verstärkt in Richtung Effizienz arbeiten anstatt nur in Richtung Abtrieb.
Die Zuschauer an der Rennstrecke werden von der neuen Motorenregel nicht viel merken. Für die Fahrer hat sie aber sehr wohl Konsequenzen, schließlich müssen sie mit rund 200 PS weniger auskommen. Weil die Autos weniger Leistung haben, müssen die Piloten runder fahren und versuchen, so viel Schwung wie möglich durch die Kurven mitzunehmen.
Kleine Fehler werden noch schneller mit Zeitverlust bestraft, weil die neuen Motoren relativ wenig Drehmoment haben, und Drehmoment, sagt Formel-1-Experte Christian Danner, "ist immer das, was dir auch mal einen Fehler verzeiht."

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Fahrfehler werden in Zukunft auf der Stoppuhr härter bestraft Zoom
Durch den geringeren Abtrieb ihrer Boliden müssen die Piloten vor den Kurven etwas früher bremsen, können dafür aber auch wieder etwas früher aufs Gas gehen. Die Kurvengeschwindigkeiten werden nach den ersten Eindrücken von den Testfahrten im Großen und Ganzen gleich bleiben, auf den Geraden dürften die Autos im Schnitt zwischen zehn und 15 Stundenkilometer langsamer werden.
Mit den neuen Motoren greift die Formel 1 aktuelle Herausforderungen und Trends in der Serienproduktion auf. "Da gibt es zwar keine Hubraumbegrenzung, aber stark steigende Kraftstoffpreise und strenge Abgasnormen erfordern verbrauchsarme und hocheffiziente Motoren, die möglichst kompakt gebaut sein müssen", sagt Dr. Christoph Lauterwasser vom 'Allianz Zentrum für Technik'.
Deshalb ist auch in der Serie Downsizing das Gebot der Stunde, also vergleichsweise geringer Hubraum bei hoher Motorleistungsdichte. Der AZT-Experte: "Solche Effizienzgewinne sind unerlässlich, um trotz gestiegener Sicherheits- und Komfortansprüche den Verbrauch senken zu können und die politischen Zielvorgaben hinsichtlich der Umweltverträglichkeit zu erfüllen."
Die zweite einschneidende Regeländerung in der Formel 1 betrifft die Reifen. Nach nur einer Saison hat der Automobilweltverband FIA die Regel, nach der Qualifying und Rennen mit ein und demselben Reifensatz bestritten werden mussten, wieder abgeschafft. Jetzt können die Fahrer auch wieder während des Rennens neue Reifen aufziehen lassen, müssen sich also nicht mit einem Bremsplatten über die Distanz quälen oder gar einen unter Umständen folgenschweren Reifendefekt riskieren, nur um ihre Chance auf eine gute Platzierung zu wahren.
Die neue Regel ist nicht nur ein Schritt zu mehr Sicherheit, sondern macht die Rennen für die Zuschauer noch interessanter. Dass die Fans wieder mehr Boxenstopps erleben werden, ist so gut wie sicher, allein schon deshalb, weil die Teams durch die neue Regel wieder mehr Alternativen für Rennstrategien haben.
"Wir werden sicherlich wieder drei und vier Stopps sehen", sagt Christian Danner, für den die neue Reifenregel auch noch einen weiteren Nebeneffekt hat: "Weil die neuen Reifen nicht mehr so lange halten müssen, entwickeln sie auf jeden Fall mehr Grip, dadurch gewinnst du als Fahrer unter Umständen das zurück, was du durch die geringere Motorleistung verlierst."

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Die Beobachter (hier Gerhard Berger) sehen ein neues Qualifying-Format Zoom
Nach einem völlig neuen Modus wird das einstündige Qualifying ausgetragen: In den ersten 15 Minuten sind alle Autos auf der Strecke. Die sechs langsamsten Starter scheiden aus und belegen die Startplätze 17 bis 22. Nach fünf Minuten Pause gehen die verbliebenen 16 Autos, deren im ersten Abschnitt gefahrene Zeiten gestrichen werden, erneut für 15 Minuten auf die Strecke.
Erneut werden die sechs mit den schlechtesten Zeiten aussortiert und auf die Startplätze elf bis 16 verteilt. Die zehn verbliebenen Teilnehmer, deren im zweiten Abschnitt erzielten Rundenzeiten gestrichen werden, fahren in den letzten 20 Minuten des Qualifyings die Startplätze eins bis zehn fürs Rennen aus.
Das neue Qualifyingformat löste unter Teams und Fahrern, nicht zuletzt wegen der damit verbundenen Tank- und Nachtankregel, zuweilen recht kontroverse Diskussionen aus. Das letzte Wort, so meinen Experten, ist da noch nicht gesprochen. Wie auch immer: Wenn das neue Format tatsächlich kommt, wird es auf jeden Fall sehr spannend sein zu sehen, wie es sich bewährt und wie die Fahrer und Teams damit umgehen.

