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  • 15.11.2015 18:35

  • von Dominik Sharaf

Formel 1 Brasilien 2015: Nico Rosberg siegt souverän

Nico Rosberg sichert sich in Sao Paulo Sieg und Vizemeisterschaft vor Mercedes-Teamkollege Lewis Hamilton - Sebastian Vettel (Ferrari) chancenloser Dritter

(Motorsport-Total.com) - Nico Rosberg ist der Mann der Stunde der Formel 1: Nachdem der Mercedes-Star im teaminternen Duell mit Lewis Hamilton um den WM-Titel den Kürzeren gezogen hat, fährt er dem Briten um die Ohren und holte sich beim Brasilien-Grand-Prix am Sonntag seinen zweiten Sieg in Serie (zum gesamten Resultat!). Der vorletzte Saisonlauf in Sao Paulo war geprägt von einem taktischen Duell der beiden Silberpfeile, die an der Spitze ein einsames Rennen fuhren (hier alles in der Chronologie nachlesen).

Seinen Formaufschwung kann sich Rosberg, der seinen fünften Saisonsieg und den 13. Erfolg seiner Karriere feierte, nicht erklären: "Ich mache genauso viel Druck wie am Saisonbeginn. Ich kann nicht sagen, warum es jetzt besser läuft. Lewis hatte lange die Oberhand. Im Moment klappt es prima, damit bin ich zufrieden." Das Sahnehäubchen: Rosberg sicherte sich in Interlagos die Vizeweltmeisterschaft im Duell mit Ferrari-Pilot Sebastian Vettel, der 31 Punkte Rückstand in der WM-Gesamtwertung (die komplette Tabelle!) beim Finale in Abu Dhabi nicht mehr aufholen kann.

Zum Rennverlauf: Seine Pole-Position münzte Rosberg mustergültig in eine Führung nach der ersten Kurve um. Denn Hamilton erwischte zwar den besseren Start, war aber nicht dicht genug dran, um den Stallrivalen zu attackieren und blieb auch bis zum ersten Boxenstopp außerhalb des DRS-Fensters (die gesamte Formel-1-Saison 2015 live verfolgen!). Erst nach dem Reifenwechsel schob er sich heran, weil Rosberg in den Reifenschongang schaltete und vor Kurve 1 extrem früh verzögerte. Der Abstand schmolz auf unter eine halbe Sekunde.

Zu einer ernsthaften Attacke kam es aber nicht: "Ich war schnell genug, hier kannst du nur nicht überholen. Ich steckte hinter Nico fest", beklagt Hamilton, der unter den Luftverwirbelungen hinter dem Auto des Teamkollegen zu leiden hatte. "Dann gingen meine Reifen kaputt", erklärt er, wieso er noch vor dem zweiten Halt bei der Crew schlagartig abreißen lassen und die Lücke auf über zwei Sekunden anwachsen lassen musste. Mercedes wollte anschließend Fairplay durchsetzen und beide Piloten auf identischer Strategie belassen, was Hamilton aller Chancen beraubte.

Im Funk hatte der alte und neue Weltmeister genau das gefordert, aber eine Abfuhr erhalten. Bei den zwei übrigen Stopps kamen beide Autos stets im Parallelflug mit einer Runde Abstand zum Reifenwechsel, was für Hamilton nicht genug war, um die Verhältnisse auf links zu drehen. "Da ist es schade, wenn man von der Strategie nichts anderes probieren kann", sagt er. "Aber Nico ist fantastisch gefahren, besonders in den letzten Qualifyings. Er hat heute keinen Fehler gemacht."

Mit seiner Schlussattacke scheiterte Hamilton in den letzten Runden ebenfalls an den Reifen, obwohl zahlreiche Überrundungsmanöver für zusätzliche Würze an der Spitze sorgten. Er kämpfte mit dem Verhalten seines Autos - offensichtlich nach einem Verbremser. Die Rundenzeiten brachen ein und Hamilton erkundigte sich bei seinem Team, ob mit dem Unterboden seines Boliden alles in Ordnung wäre. Die letzte Chance war vertan und die Messe gelesen.

Mercedes-Sportchef Toto Wolff ist voll des Lobes, wenn es um Rosberg geht: "Auch als der Druck von Lewis groß war, hat er sich keine Blöße gegeben, auch im Verkehr nicht. Verdient gewonnen", schwärmt er. Bei Hamilton seien nach dem Titelgewinn hingegen Druck und Adrenalin abgefallen.

Das Podium komplettierte Sebastian Vettel, der im Ferrari keine Chance gegen die Silberpfeile hatte und auf Rang drei von der grünen Ampel weg ein einsames Rennen fuhr. "Ich hatte gehofft, am Start etwas machen zu können. Mein Start war in Ordnung, aber nicht besser als der von den beiden", sagt er über einen möglichen Kampf mit den Mercedes-Piloten. "Dann setzten sie sich ab, sie waren ein bisschen schneller. Im Renntrimm haben ein, zwei, drei Zehntel gefehlt", bedauert Vettel, der einsam cruiste: "Es war ein langweiliges Rennen, ein bisschen im Niemandsland."

Auch Teamkollege Kimi Räikkönen, der auf eine andere Strategie setzte und statt einer Drei- auf eine Zweistoppstrategie setzte, kämpfte mit stumpfen Waffen und überdies oft mit Reifen, die in die Knie gingen. Der Finne reihte sich hinter seinem Teamkollegen als Vierter ein. Während Vettel am Ende 14,2 Sekunden Rückstand auf Rennsieger Rosberg zu verzeichnen hatte, notierten die Zeitnehmer 46,6 Sekunden für Räikkönen, was der Überlegenheit der Mercedes-Truppe ihren zahlenmäßigen Ausdruck verlieh. Immerhin: Nur die Roten wurden nicht überrundet.

Punkte gab es dahinter ebenfalls für Valtteri Bottas im Williams auf Rang fünf vor Force-India-Pilot Nico Hülkenberg. Der Deutsche und seine Mannschaft sicherten damit den fünften Rang in der Konstrukteurs-WM endgültig ab und machten den größten Erfolg der Teamgeschichte perfekt. "Bedeutet ein paar Euro mehr in der Geldbörse", freut sich Hülkenberg über die Erfolgsboni aus den Formel-1-Töpfen und zeigt sich mit seinem Rennen zufrieden: "Das war heute das Maximum. Selbst wenn ich Bottas am Start hinter mir halte: Er ist zu schnell und zieht irgendwann vorbei."

Auf Platz sieben landete Daniil Kwjat im Red Bull, der von Hülkenberg nach einem gelungenen Manöver am Start mit dem ersten Stopp wieder kassiert wurde. Die Top 10 komplettierten Felipe Massa (Williams) sowie Romain Grosjean (Lotus) und Max Verstappen (Toro Rosso). Der 18-Jährige brillierte mit einigen Überholmanövern auf Messers Schneide, ließ sich aber nichts zu Schulden kommen und sicherte sich den letzten WM-Punkt vor Pastor Maldonado (Lotus).

Der Venezolaner sorgte für die einzige Kollision des Rennens: In der 35. Runde leistete sich Maldonado einen Fauxpas, als er im Senna-S Sauber-Pilot Marcus Ericsson angriff und den Schweden dabei in einen Dreher zwang. Die Rennleitung bestrafte die Aktion mit einer Fünf-Sekunden-Zeitstrafe. Unterdessen drohte ausgerechnet Lokalmatador Massa Ungemach. Beim Williams-Fahrer wurde vor dem Start eine zu hohe Temperatur am rechten Hinterreifen gemessen - die Rennleitung wird sich den Vorfall nach dem Grand Prix anschauen.