• 30.06.2005 13:57

Ferraris V8-Programm schreitet voran

Gilles Simon, Chef der Motorenentwicklung, über die Besonderheiten in Magny-Cours und die Arbeiten am V8-Motor für die Saison 2006

(Motorsport-Total.com) - Vor zwölf Jahren bestieg ein kleiner Franzose in Magny-Cours den Kommandostand von Ferrari zum ersten Mal als Teamchef: Jean Todt. Zuvor war der Ex-Rallye-Beifahrer als Sportlicher Leiter des Motorsportprogramms bei Peugeot aktiv. Ihm folgten weitere Wegbegleiter, so auch Gilles Simon, der heutige Leiter der Motorenentwicklung bei Ferrari. Auch er arbeitete bis 1993 bei Peugeot und bereitete dort die ersten Studien für einen Formel-1-Motor der Franzosen mit vor.

Titel-Bild zur News: Ferrari-Motor

Der Ferrari-V10-Motor wird erst in Monza wieder eine Verbesserung erfahren

Der Kurs in Frankreichs Mitte ist ihm gut vertraut. "Magny-Cours ist gerade für die Motoren ein unüblicher Kurs, denn auf eine lange Gerade folgt eine sehr langsame Kurve", erklärte er. "Das kann für den Öldruck sehr problematisch sein. Wenn man die Kurve anfährt, dann entwickelt der Motor die volle Kraft und die Öltemperatur steigt an. Dann geht der Fahrer für die Kurve vom Gas. In diesem Moment bricht der Öldruck plötzlich zusammen, die Öltemperatur steigt aber weiter an. In der Vergangenheit hatten wir deswegen auch schon einen Motorschaden."#w1#

Die Motoren bei Ferrari gehen dabei nicht unbelastet in das Wochenende, denn sie haben bereits den US-Grand-Prix in Indianapolis absolviert. "Wir sind bereits 600 Kilometer auf diesem sehr harten Kurs gefahren", erklärte er. "Unsere Gegner, die am vergangenen Rennen nicht teilnahmen, können das Wochenende in Magny-Cours bezüglich der Motoren und ihrer Drehzahlen weit aggressiver angehen. Ich würde das schon als kleinen Vorteil für sie ansehen."

Ferrari hatte "einige Probleme" mit der neuen Motorenregel

Die Umstellung der Motoren auf eine Laufleistung, die ausreicht, um zwei Grands Prix zu bestreiten, war für Ferrari ohnehin nicht einfach. "Der erste Schritt zu einem Motor für ein Rennwochenende war sicher einfacher, denn unser Motor lief schon 400 Kilometer sicher, das mussten wir nur auf 700 Kilometer ausdehnen", so Simon. "Aber die zusätzlichen Kilometer waren die Freien Trainings, wir konnten dafür die Drehzahlen absenken. Ein zweites Rennwochenende konfrontierte uns aber wieder mit 400 Rennkilometern. Wir hatten einige Probleme dabei, haben diese aber gelöst."

In Indianapolis kam die erste Entwicklungsstufe des diesjährigen Ferrari-Motors zum Einsatz, erst beim Italien-Grand-Prix in Monza könnte eine zweite Stufe gezündet werden. "Die Tatsache, dass wir bereits am 2,4-Liter-V8-Motor für die nächste Saison arbeiten, hat unsere Entwicklung am V10 etwas eingeschränkt", so der 47-Jährige. Das Markenzeichen von Ferrari waren in der Vergangenheit die V12-Aggregate. Die weitere Umstellung von einem V10 zu einem V8 bedeute aber keinen Rückschritt.

"Die neue Generation der V8-Triebwerke ist sehr klein und kompakt, aber noch immer sehr komplex", fuhr er fort. "Niemand in unserer Motorenabteilung hatte Erfahrung mit einem V8-Rennmotor. Es war also eine interessante technische Herausforderung, die Probleme der Dynamik eines V8 bei Renndrehzahlen zu verstehen. Wir waren vom Verhalten eines V8-Motors bei hohen Drehzahlen überrascht. Niemand hatte bisher das Gebiet von 18.000 bis 19.000 Umdrehungen pro Minute bei einem V8-Motor erforscht, die Ergebnisse dabei waren sehr interessant."

V8-Sound "nicht so anders wie bei einem V10"

Mit den klassischen V8-Motoren, die Ford, Judd und Hart in die Formel 1 brachten, haben die neuen Motoren nur noch wenig zu gemeinsam. "Auch der Klang wird sich nicht so anders anhören wie bei einem V10", so Simon. "Sie werden nicht wie die alten V8-Triebwerke klingen, auch wenn sie naturgemäß mehr Vibrationen verursachen." Bei den alten Generationen wurde damit das gesamte Fahrzeug durchgerüttelt. "Auch für die Fahrer war das sehr unangenehm."

Vor diesen Problemen stehen die Teams auch in der Vorbereitung auf das Jahr 2006. "Ich denke, wir werden ähnliche Probleme vorfinden, aber es wird auch einige Unterschiede geben, weil wir viel schneller sind und zirka 30 Prozent mehr Vibrationen auf das Chassis übertragen werden", fuhr er fort. "Das wird noch viel Arbeit mit sich bringen, wenn der Motor im Auto läuft. Doch es wird wichtig und interessant werden, denn diese Probleme sind mit Sicherheit nicht einfach zu lösen."

Auch mit geringerer Leistung werden die Motoren noch immer ein wichtiges Teil eines Formel-1-Autos sein. "Ich glaube, dass der Motor noch immer wichtig ist, speziell in der Formel 1, auch wenn vielleicht nicht mehr die schiere Kraft wichtig ist", so Simon. "Die neuen Motoren werden sehr klein sein, gegenüber den alten Motoren werden sie fast wie Miniaturen aussehen. Es ist ein sehr kompakter Motor und ein wundervolles Teil Ingenieurskunst."