• 03.11.2013 21:52

  • von Dieter Rencken & Dominik Sharaf

Ferrari im Wüstenchaos: "Fantastische Schadensbegrenzung"

Die Scuderia versank im Wirrwarr um ein oder zwei Boxenstopps, hoffte auf fallende Temperaturen und verzockte sich mit Massa: "Beide Fahrer haben alles gegeben"

(Motorsport-Total.com) - Nach dem Qualifying in Abu Dhabi hatte es noch übler ausgesehen, so richtig glücklich war Ferrari mit den Plätzen fünf und acht für Fernando Alonso sowie Felipe Massa im Rennen am Sonntag aber auch nicht. "Ich bin froh, in einem Grand Prix, von dem wir wussten, dass er hart werden würde, Punkte für das Team nach Hause gebracht zu haben", sagt der Spanier. "Angesichts des Abstandes zu den Top 4 hätte ich nicht mehr tun können. Ich wusste, dass wir von diesem Startplatz aus im Verkehr landen würden."

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso

Fernando Alonso hatte mit Rang fünf das absolute Maximum herausgeholt Zoom

Stimmt, aber so schlimm wie erwartet war es nicht. "Nach einem guten Start habe ich versucht, so viel wie möglich zu überholen. Als wir hinter einem anderen Auto hingen, war klar, dass ein Stopp unmöglich und es bestimmt besser wäre, auf zwei zu schalten und zu attackieren." Gesagt, getan. Allerdings hatte der Ex-Weltmeister seine liebe Mühe, den Anweisungen Andrea Stellas zu folgen: "Das Team erklärte mir, ich müsste Abstand lassen, um die Bremsen zu kühlen, da sie überhitzten. Dann haben sie mir gesagt, ich sollte zu Felipe aufschließen. Anschließend hieß es, ich sollte nicht attackieren, weil er an bald die Box kommen würde."

Die am Start montierte mittelharte Mischung hielt am Ferrari gut durch, anschließend gab es freie Runden auf den weicheren Pneus, die Alonso dazu nutzte, die Toro Rosso und den Teamkollegen über die Strategie zu überholen: "Das war der beste Teil des Rennens", schmunzelt der Mann aus Oviedo und nennt den Sonntag sogar "fantastisch". Dennoch pustet er mit Blick auf den überlegenen Sebastian Vettel durch: "Ich habe zwar ein bisschen Zeit im Verkehr verloren, aber 40 Sekunden sind viel. Wir hatten nicht das Tempo, also waren die Top 5 das Maximum." Immerhin hielt sich Ferrari in der Konstrukteurs-WM wacker.

Domenicali schwante Übles

"Ein Mercedes vor uns, ein Mercedes hinter uns. Ein Lotus vor uns, ein Lotus hinter uns - wegen des Ausfalls von Kimi (Räikkönen, Anm. d. Red.). Ich habe meinen Job an einem verdammt harten Wochenende erledigt", so Alonso. Massa pflichtet bei: "Ich war von Start bis Ziel konkurrenzfähig und habe mit einem Auto, das sich gut anfühlte, viele Überholmanöver gefahren. Es war ein tolles Rennen." Dennoch bedauert der Brasilianer, dass beim zweiten Stopp die falsche Reifenwahl getroffen wurde. "Schade, mindestens Platz fünf wäre drin gewesen und es ist nicht das verdiente Resultat, aber ich bin trotzdem glücklich mit meiner Leistung."


Fotos: Ferrari, Großer Preis von Abu Dhabi


Stefano Domenicali erklärt, Abu Dhabi in Anbetracht der Startpositionen mit der bestmöglichen Schadensbegrenzung zu verlassen. Ferrari sei sich sofort im Klaren darüber gewesen, wie schwierig das Wochenende werden würde. "Wir haben den Preis für das Qualifying gezahlt. Trotzdem bin ich glücklich mit Felipes und Fernandos Leistung", lobt der Teamchef. "Beide haben alles gegeben auf einer Strecke, die für uns Feindesland bedeutet. In Anbetracht der Situation hätten wir weiter hinter Mercedes in der Konstrukteurs-WM landen können, haben den Punktverlust minimiert und es sogar geschafft, etwas von Lotus wegzuziehen."

Die Ferrari-Strategie erläutert er mit Blick auf die während des Rennens untergehende Sonne so: "Wir starteten mit der Idee, einen Boxenstopp zu machen. Wir hatten am Freitag gesehen, dass der Medium bei uns bei hohen Temperaturen nicht gut funktioniert. Wir wollten abwarten, bis die Temperaturen sinken." Doch der Plan ging schief: "Würde der weiche Reifen nur 18 oder19 Runden halten, wäre das unmöglich. Das wussten wir." Und so kam es, wie Domenicali vermutete: "Felipe stoppte in Runde 38 - also hatten wir Zweifel, dass er bis zum Ende durchhalten würde. Als Fernando sechs oder sieben Runden später kam, hatte sich die Situation kaum verändert."

Kollege Computer hatte fragwürdig gerechnet

Anschließend habe Ferrari die weichen Pneus für eine kurze Attacke nutzen wollen: "Schade, denn wir haben ein gutes Rennen gezeigt, indem wir in etwa die Positionen gehalten haben, von denen wir losgefahren sind. Das ist das Problem", kommt der Italiener wieder zurück auf die Qualifying-Problematik, die für ihn die Red-Bull-Dominanz unterfüttert: "Man hat viele Autos gesehen, die hinter einem viel langsameren feststeckten. Und dann sieht man Vettel, der 30 Sekunden Vorsprung hat. Aber das ist Motorsport. Ist man nicht vorne, zahlt man im Verkehr den Preis dafür. Das ist das Problem."

Felipe Massa

Felipe Massa war mit der Reifenstrategie der Roten nicht d'accord Zoom

Die Kritik Massas, der sich über die Reifenwahl beim abschließenden Stopp beklagte, versteht Domenicali: "Ich dachte zu diesem Zeitpunkt, dass es richtig wäre", meint er über die Montage der Mediums statt der rund eine Sekunde schnelleren Softs: "Rückblickend kann man sagen, dass es die falsche Entscheidung war. Aber das ist bei vielen Dingen im Leben so." Technikchef Pat Fry beschreibt das Rennen als "actiongeladen und intensiv". Er sagt: "Unsere Piloten waren am Ende mittendrin, aber die Topplätze außer Reichweite."

Computersimulationen hatten ihm gezeigt, dass Vollgas und zwei Stopps lohnender wären als das Schonen der Reifen und nur ein Halt bei der Crew. Auch Fry geht auf die Massa-Schelte ein: "Mit Fernando schafften wir es, mit den Softs bis in Runde 44 zu kommen, was bedeutet, dass wir mit weiteren Softs bis zum Ende fahren konnten. Leider ging das bei Felipe nicht und wir wollten nichts riskieren, also setzen wir ihn auf Medium. Schade, die beiden F138 hatten ein gutes Tempo und hätten bei niedrigeren Temperaturen besser funktioniert", glaubt der Brite. "Beide Fahrer hatten spektakuläre Überholmanöver."