• 27.09.2009 22:26

  • von Dieter Rencken

Domenicali: "Wir waren hier am Limit"

Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali nach dem Großen Preis von Singapur über die Leistung seiner Piloten und die Aussichten des Teams für 2010

(Motorsport-Total.com) - Nach zuletzt sehr starken Auftritten musste Ferrari beim Nachtrennen von Singapur wieder kleinere Brötchen backen. Weder Kimi Räikkönen noch Giancarlo Fisichello konnten sich auf dem kniffligen Marina Bay Circuit entscheidend in Szene setzten und hatten mit ihren schwierigen Startpositionen zu kämpfen. Im Mediengespräch erläutert Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali, weshalb sich seine Piloten in Singapur schwer taten und wie es um die Genesung von Felipe Massa bestellt ist.

Titel-Bild zur News: Stefano Domenicali (Teamchef)

Stefano Domenicali und sein Team holten beim Nachtrennen keine Punkte

Frage: "Stefano, ist die Leistung an diesem Wochenende darauf zurückzuführen, dass der aktuelle Rennwagen nicht mehr weiterentwickelt wird?"
Stefano Domenicali: "Natürlich liegt das teilweise daran, dass wir die Entwicklung an diesem Rennwagen eingestellt haben, wohingegen die Konkurrenz Fortschritte gemacht hat. Ein anderer Grund für unser Abschneiden an diesem Wochenende hängt möglicherweise mit der Reifenleistung bei unseren Autos zusammen."#w1#

"Das kann ebenfalls eine Hauptrolle spielen. Man muss aber auch sehen, dass einige Teams, die zuletzt vergleichsweise weit hinten zu finden waren, in Singapur einen guten Job gemacht haben. Man muss nur einmal schauen, wie sich Toyota, Renault und BMW verkauft haben. Diese Teams haben einen deutlichen Schritt gemacht. Es ist also eine Mischung aus diesen beiden Faktoren."

"Wir müssen nun sehr vorsichtig zu Werke gehen und darüber nachdenken, wie unsere Leistung auf der Rennstrecke von Suzuka aussehen wird. Theoretisch ist das ein Kurs, wo der fehlende Abtrieb unseres Fahrzeugs einen großen Einfluss auf die Performance haben könnte. Es wird aber ebenfalls wieder darauf ankommen, wie die Reifen auf diesem Streckentyp funktionieren."

"Wir könnten dort also eine andere Situation erleben. Vielleicht werden die Abstände dort wieder geringer sein. Vollkommen klar ist hingegen, dass McLaren ein großer Schritt gelungen ist - darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Sie haben in den vergangenen Rennen sehr viele Punkte geholt. So gesehen wird der Kampf um den dritten Rang in der Konstrukteurswertung sicherlich sehr hart. Das bedeutet aber nicht, dass wir aufgeben."

"Vollkommen klar ist, dass McLaren ein großer Schritt gelungen ist." Stefano Domenicali

"Wir konzentrieren uns darauf, die Leistung unseres Pakets zu maximieren. Natürlich ist es schwierig, wenn man auf einem solchen Kurs von so weit hinten losfahren muss. Da musst du schon Glück haben und den richtigen Moment erwischen, um aus der Safety-Car-Phase Kapital zu schlagen. Gleichzeitig musst du darauf hoffen, dass die anderen Probleme bekommen. Ansonsten ist es fast unmöglich, besser abzuschneiden - leider, wie ich hinzufügen muss."

Fisichella noch immer mit Problemen

Frage: "Hattet ihr im Rennen irgendwelche Probleme mit den Bremsen?"
Domenicali: "Was die Bremsen anbelangt, so ging es sich bei Kimi gerade so noch aus. Bei Giancarlo war es hingegen nicht derart eng. Wir waren hier aber definitiv am Limit."

Frage: "Wie seid ihr mit den weichen Reifen zurecht gekommen?"
Domenicali: "Angesichts des kurzen Stints ging es recht gut, muss ich sagen. Da könnte man natürlich sagen, dass wir diese Reifen schon früher hätten aufziehen müssen, doch das kannst du einfach nicht wissen. Wir konnten bis Samstag einen so großen Verschleiß feststellen, dass wir nur diese eine Strategiemöglichkeit sahen."

"Eigentlich hatten wir den Boxenstopp von Giancarlo viel eher angesetzt, weil er im Verkehr festhing. Er konnte niemanden überholen. Daher versuchten wir ein Überholmanöver an den Boxen. Leider hat uns das Safety-Car bei dieser speziellen Taktiküberlegung nicht geholfen. Wenn du in der Qualifikation so weit hinten liegst, dann ist es nun einmal unheimlich schwierig."

Frage: "Habt ihr auch bei Kimi eine Strategieanpassung vorgenommen?"
Domenicali: "Nein, bei Kimi haben wir nichts verändert."

Frage: "Giancarlo sagt, dass ihm noch immer das Vertrauen ins Auto fehlt und dass diese Sache durch einen Testtag kuriert werden könnte..."
Domenicali: "Ich glaube nicht, dass es mit nur einem Testtag getan ist. Man muss immer im Hinterkopf behalten: In diesem Jahr ist unser Auto nicht gerade einfach zu fahren. Wenn es dir an Vertrauen fehlt, dann kannst du nicht so in die Kurven einlenken, wie du dir das eigentlich vorstellst."

"Ich glaube nicht, dass es mit nur einem Testtag getan ist." Stefano Domenicali

"Du kannst dann auch nicht an dem Punkt bremsen, wo du willst. Wenn die Mauern so nahe an der Strecke sind, musst du noch dazu etwas vorsichtig sein. Ich denke, dieses Rennen war sehr wichtig für ihn, um das Auto besser zu verstehen. Ich bin mir sicher, dass er sich dahingehend in Suzuka verbessert."

Frage: "Giancarlo ist bis vor kurzem noch mit einem Mercedes-Motor unterwegs gewesen. Konnte er euch in Bezug auf die Charakteristiken dieses Aggregats einige Hinweise geben? Der Spritverbrauch ist bei Ferrari doch ein großes Thema, oder?"
Domenicali: "Ich denke, uns ist während dieses Jahres ein guter Fortschritt in Bezug auf den Spritverbrauch gelungen. Wir haben da gewiss einen guten Job gemacht. Unterschiede lassen sich vielleicht in der Fahrbarkeit und der Power feststellen. Der Spritverbrauch ist in Ordnung."


Fotos: Ferrari, Großer Preis von Singapur


Kommt Alonso, oder kommt er nicht?

Frage: "Der Großteil des Fahrerlagers ist davon überzeugt, dass Fernando Alonso im kommenden Jahr zu Ferrari wechseln wird. Wann wird es eine Ankündigung bezüglich des Fahreraufgebots für 2010 geben?"
Domenicali: "Sobald wir bereit sind, werden wir es euch wissen lassen. Wir wollen nicht allzu lange warten."

Frage: "Könnte das schon am kommenden Wochenende geschehen?"
Domenicali: "Das ist eine Möglichkeit, aber nicht garantiert."

Frage: "Welche Themen müsst ihr noch diskutieren?"
Domenicali: "Wie immer bei solchen Dingen, muss man sicherstellen, das alles in Ordnung sein wird. Ganz ehrlich: Wir haben dem, was wir am Freitag gesagt haben, nichts Neues hinzuzufügen."

"Wir haben dem, was wir am Freitag gesagt haben, nichts Neues hinzuzufügen." Stefano Domenicali

Frage: "Kannst du bestätigen, dass ihr im kommenden Jahr von Marlboro unterstützt werdet?"
Domenicali: "Ja, gar keine Frage."

Frage: "Jean Todt hat an diesem Wochenende gesagt, dass er die Formel 1 dabei unterstützen will, neue Technologien in den Sport einzuführen. Er hat sich mit der FOTA getroffen. Konntet ihr dabei einige weitere neue Themen besprechen?"
Domenicali: "Wir haben uns eigentlich hauptsächlich auch über KERS unterhalten. Wir haben uns in der FOTA bereits darauf verständigt, KERS im kommenden Jahr nicht einzusetzen. Wir haben uns nun darüber unterhalten, ob umweltfreundliche Technologien ab 2011 in der Formel 1 Verwendung finden könnten. In dieser Wirtschaftssituation müssen wir einen guten Kompromiss zwischen der Technologie und ihrem Preis finden. Das ist die Diskussion, die wir in den kommenden Monaten führen werden."

Massa: Comeback im Kart steht bevor

Frage: "Felipe Massa wird sich in den kommenden Tagen einigen medizinischen Tests unterziehen und schon bald wieder im Kart sitzen..."
Domenicali: "Medizinische Tests? Nein. Ich meine, er unterzieht sich jeden Tag einem medizinischen Check bei seinem Doktor, aber eben keinem offiziellen medizinischen Test. Er arbeitet hart an seinem Training und wird in der kommenden Woche mit seinen Kartaktivitäten beginnen."

Frage: "Besteht eine Möglichkeit, ihn noch in diesem Jahr wieder Rennen fahren zu sehen, wenn er gute Fortschritte macht?"
Domenicali: "Um ehrlich zu sein: Ich denke, für eine solche Einschätzung ist es noch zu früh. Wir müssen das Schritt für Schritt verfolgen und wollen nichts vorwegnehmen. Er wird zu einhundert Prozent zurückkehren. Es gibt aber keinen Grund, weshalb wir in Erwägung ziehen sollten, wenn er nicht bereit dafür ist."

"Er wird zu einhundert Prozent zurückkehren." Stefano Domenicali

Frage: "Es wäre aber nicht vollkommen unmöglich?"
Domenicali: "Ich möchte nichts ausschließen, doch wir sollten vorsichtig sein."

Frage: "Du hast kürzlich von einem Entwicklungsprogramm für junge Fahrer gesprochen. Konntet ihr seither einige Fortschritte verzeichnen?"
Domenicali: "Ja. Wir haben diesbezüglich aber keine Eile. Ich denke, wir können sicherlich gegen Saisonende Näheres dazu erzählen. Wenn alles in Ordnung ist, dann könnte das vielleicht auch schon in zwei Wochen passieren."