Doch wieder Pole: So bekam Verstappen nach schwachem Freitag die Kurve

Red Bull und Max Verstappen sahen am Freitag in Kanada nicht gut aus, doch nun steht er zum 25. Mal auf Pole - Wie eine Kart-Übung aus der Kindheit mit Jos half

(Motorsport-Total.com) - Da war er wieder, der Max-Verstappen-Faktor. Während Sergio Perez zum dritten Mal in Folge den Einzug ins Q3 verpasste, fuhr Max Verstappen zum dritten Mal in Folge auf die Poleposition. Es war seine 25. Pole in der Formel 1.

Titel-Bild zur News: Max Verstappen schlug nach schwierigem Freitag zurück: 25- Poleposition in der Formel 1!

Max Verstappen schlug nach schwierigem Freitag zurück: 25- Poleposition in der Formel 1! Zoom

Selbst Helmut Marko ist immer wieder beeindruckt: "Er hat das bis auf Q2, als Albon früher auf Slicks gewechselt hat, souverän diktiert und mit einer Sicherheit und Souveränität nach Hause gefahren. Unglaublich!"

"Man sieht: Wenn er rausfährt, sind die Abstände in der ersten Runde unglaublich. Das sind immer ein, zwei Sekunden. Die anderen müssen drei, vier Runden fahren, um auf diese Zeiten zu kommen. Aber er braucht keine Aufwärmphase. Er spürt, wo mehr Grip ist und hat das sensationell im Griff."

Regengefühl dank Vater Jos

Jeder Motorsportfan weiß: Im Regen zeigt sich, wer wirklich fahren kann. Auch Verstappen kann seine Extraklasse nicht wirklich beschreiben, hat aber zumindest einen Erklärungsansatz: intensives Training im Kart mit Vater Jos.

"Das habe ich schon als Kind gelernt. Ich erinnere mich, wie ich im Kart saß und mein Vater auf der Strecke stand und mir zeigte, wo ich im Regen fahren muss. Er konnte damals auch gut im Regen fahren. Man muss einfach lernen und verstehen, was passiert. Dann kann man auch im Nassen schnell fahren".

"Aber ich kann auch nicht wirklich erklären, warum das so ist. Es hat einfach viel mit Gefühl zu tun, wie man fahren will, welche Linien man fahren will. Generell hilft es, wenn man sich im Nassen wohl fühlt. Und ich fahre gerne im Nassen. Ich meine, ich komme aus Holland, da sind wir das gewohnt!"


Fotos: F1: Grand Prix von Kanada (Montreal) 2023, Samstag


Das Qualifying in Kanada bot von Slick-Wetter bis zu strömendem Regen alles. Verstappen rekapituliert: "Q1 verlief ziemlich unkompliziert, weil die Strecke ziemlich trocken war. Es gab nicht viele unangenehme Überraschungen."

"Aber in Q2 musste man sich entscheiden, wann man auf Slicks wechseln wollte. Ich bin zuerst eine Runde auf dem Inter fahren, weil der auf nasser und kalter Strecke etwas besser funktioniert als ein frischer Slick. Aber dann war klar, dass ich auf Slicks wechseln muss. Also haben wir den Boxenstopp gemacht".

Während Alex Albon die sensationelle Bestzeit erzielte, weil er als Einziger von Beginn an auf Trockenreifen unterwegs war, fuhr Verstappen immer noch die zweitschnellste Zeit der Session. "In den ersten beiden Runden war es ziemlich schwierig, den Grip zu spüren und zu wissen, wo man pushen muss. Zum Glück haben wir eine gute Runde hinbekommen, die gut genug war, um ins Q3 zu kommen", so der amtierende Weltmeister.

So wichtig war die "Track Position"

"Dann wurde der Regen immer stärker. Es war nicht mehr möglich, mit Slicks weiterzufahren. Aber insgesamt hatten wir in Q1 und Q2 eine gute Kommunikation mit dem Team. Das ist das Wichtigste. Wir haben klar kommuniziert, was wir vorhaben." Manch anderes Team wird diese Zeilen mit Neid lesen.

"In Q3 hat es weiter geregnet. Es war wichtig, schnell rauszukommen und die Runden zu bunkern. Ich musste lange an der Boxenausfahrt warten, die Reifen waren kalt, aber ich hatte freie Fahrt und gute Sicht, was mir zusätzlich geholfen hat."

Verstappen stand fast zwei Minuten vor Beginn der Session als Erster an der Boxenausfahrt. Und das zahlte sich aus: Als einer von nur zwei Fahrern schaffte er zwei gezeitete Runden. Der andere war Nico Hülkenberg. Dass Verstappen darauf bestand, als Erster rauszufahren, war am Ende Gold wert.

Wie es dazu kam? Der 25-Jährige fasst sich kurz: "Über Funk wurde mir gesagt, dass es während Q3 weiter regnen würde. Wir wollten einfach vorne stehen."

"Gesamtverhalten" des Autos besser als am Freitag

Dabei hatte am Freitag noch vieles darauf hingedeutet, dass Red Bull erstmals seit Monaco wieder um die Pole und den Rennsieg würde kämpfen müssen. Nach der sechstbesten Zeit im zweiten Freien Training war Verstappen mit dem Fahrverhalten des Red Bull RB19 nicht zufrieden.

Doch ein Tag kann viel ausmachen: "Heute war es ein bisschen besser. Okay, es war nass, aber wir haben das Gesamtverhalten des Autos verbessert. Natürlich will man immer etwas verbessern, und das haben wir getan."

Dabei ging es vor allem um das Verhalten des Autos beim Runterschalten, über das sich Verstappen am Freitag massiv beschwert hatte. Er spielt das herunter: "Das ist eigentlich kein Problem. Es war nur eine Frage des Feintunings."

Das war Gold wert: Max Verstappen stellte sich immer wieder als Erster am Boxenausgang auf

Das war Gold wert: Max Verstappen stellte sich immer wieder als Erster am Boxenausgang auf Zoom

Hoffnungen, dass sich die Performance mit einer guten Schlechtwetter-Pace erklären lässt, muss sich die Konkurrenz auch nicht machen, denn Marko warnt bereits, dass die Set-up-Verbesserungen auch im Trockenen greifen. Und im Longrun lag Verstappen ohnehin schon vorne. Zwar nur knapp, aber der Freitagsverfolger Ferrari startet im Mittelfeld.

100. Grand-Prix-Sieg für Red Bull steht auf dem Spiel

"Der Longrun sah gut aus. Die Pace auf eine Runde war nicht fantastisch, aber darum geht es morgen im Rennen nicht", sagt Verstappen. "Fernando hatte einen ziemlich guten Longrun und die Ferraris waren im Trockenen ziemlich stark. Mercedes würde ich auch dazu zählen. Es ist ein bisschen schwer zu sagen, wer unsere Gegner sind."

Marko macht sich keine großen Sorgen: "Wir stellen uns eher auf ein Trockenrennen ein. Natürlich kann es zwischendurch wieder leichte Schauer geben. Aber je unberechenbarer die Bedingungen sind, desto besser ist Max."

Für Red Bull geht es um den 100. Sieg als Formel-1-Team. "Eine gewisse Anspannung ist da", gibt Marko zu. "Man redet sich ein, dass es ein Rennen wie jedes andere ist. Aber das ist es nicht. Mit der Poleposition haben wir jetzt sozusagen die halbe Miete".

"Die Startaufstellung ist mit Hülkenberg auf Platz zwei auch ganz gut [für uns]. Wir haben ein gewisses Polster. Wenn nichts Unvorhergesehenes passiert, würden wir uns wünschen, dass es [mit dem 100. Sieg] klappt."