• 08.11.2005 16:55

Die Reifen müssen mit dem neuen Reglement reifen...

Kommende Saison sind Reifenwechsel wieder erlaubt, zusammen mit der Einführung von V8-Motoren führt dies zu neuen Herausforderungen

(Motorsport-Total.com) - Die Reifen spielen in der Formel 1 eine eminent wichtige Rolle: Die Pneus müssen bei einer Geschwindigkeit von 300 km/h eine Last von rund 1,6 Tonnen aushalten. Bei einer Kurvengeschwindigkeit von 150 km/h wirkt eine Querbelastung von 2,2 Tonnen auf das "schwarze Gold". Und bei Bremsmanövern können Belastungen von bis zu 2,5 Tonnen auftreten. Gleichzeitig überzeugen die Reifen mit optimaler und gleichbleibender Leistungsfähigkeit über einen langen Zeitraum.

Titel-Bild zur News: Michelin-Reifen

Die Reifen werden auch kommende Saison eine wichtige Rolle spielen

In der abgelaufenen Saison mussten die Piloten das Qualifying und die gesamte Grand-Prix-Distanz mit nur einem Satz Reifen absolvieren. Im kommenden Jahr werden Reifenwechsel wieder erlaubt sein. Dies stellt eine weit reichende Modifikation des Regelwerks dar, und die Ingenieure arbeiten mit Hochdruck daran, sie optimal umzusetzen.#w1#

Vor allem Michelin, Reifenpartner des Renault-Teams, sieht sich bei der Entwicklung der Formel-1-Pneus für die Saison 2006 mit einer anspruchsvollen Herausforderung konfrontiert: Das Ziel der Experten aus Clermont-Ferrand lautet, den idealen Kompromiss zwischen Langlebigkeit auf der einen und konkurrenzfähigen Rundenzeiten auf der anderen Seite zu finden.

Da jeder Grand-Prix-Kurs aufgrund unterschiedlicher Parameter wie Asphaltbeschaffenheit, Lufttemperatur und Layout seine ganz eigene Charakteristik aufweist, reicht es zudem nicht, einen Reifen für die gesamte Saison zu entwickeln. Michelin offeriert seinen Partnern vielmehr eine ganze Palette verschiedener Produkte für die jeweiligen Bedingungen.

Hinzu kommt, dass die Rennwagen der einzelnen Teams über unterschiedliche Fahreigenschaften verfügen. Daher beanspruchen sie die Reifen jeweils anders. Michelin entwickelt daher mit jedem seiner Partnerteams gezielt Pneus für das jeweilige Einsatzauto. Dabei gibt es einige grundlegende Parameter zu beachten.

1. Die richtige Gummimischung: Auch wenn es auf den ersten Blick widersinnig erscheint: Um sich vorwärts bewegen zu können, muss ein Reifen stets ein wenig durchdrehen. Der so genannte "Spin" beträgt dabei weniger als ein Prozent. Ist die Gummimischung der Lauffläche zu weich, baut der Reifen unter Rennbedingungen bereits nach wenigen Runden spürbar ab. Ist sie zu hart, bleibt die Leistungsfähigkeit des Pneus zwar lange konstant, aber er erlaubt nur verhältnismäßig langsame Rundenzeiten.

Den optimalen Kompromiss zu finden, erweist sich immer wieder als ausgesprochen schwierige Aufgabe. Durch die Regeländerung kehren sich die Ziele bei der Reifenentwicklung im Vergleich zum Vorjahr fast ins Gegenteil: Der Reifenverschleiß steht nicht mehr so sehr im Mittelpunkt. Denn statt über eine Distanz von rund 350 Kilometer müssen die Pneus in der Saison 2006 nur über etwa 100 Kilometer optimal funktionieren. Alles in allem werden die Teams daher wohl auf vergleichsweise weiche Mischungen setzen.

2. Die optimale Konstruktion: Die Konstruktion eines Reifens hängt unmittelbar mit der Gummimischung zusammen. Die so genannte Karkasse stellt sozusagen das Gerüst des Pneus dar und setzt sich aus verschiedenen synthetischen Fasern wie Nylon, Polyester und Karbon zusammen. Auf diesen Lagen "sitzt" die Gummimischung. Das Gerüst des Reifens zeichnet für die Steifigkeit der Reifenflanken und die Flexibilität der Aufstandsfläche verantwortlich - zwei entscheidende Faktoren für die Leistungsfähigkeit.

Während die Karkasse eines Formel-1-Rillenslicks in der Saison 2005 maßgeblich dazu beitrug, dass der Reifen die gesamte Renndistanz übersteht, soll sie in Zukunft ihren Beitrag zu schnellen Rundenzeiten während deutlicher kürzerer Turns leisten.

3. Umgang mit den Reifen: Das Setup eines Formel-1-Monoposto wirkt sich enorm auf die Leistungsfähigkeit des Reifens aus. Für eine optimale Fahrzeugbalance sollte die Temperatur aller vier Reifen über die gesamte Breite der Lauffläche zwischen 90 und 100 Grad Celsius betragen.

In der vergangenen Saison richtete sich die Abstimmung des Renault R25 zumeist danach, die Reifen zu schonen. Dadurch mussten die Renault-Ingenierue oftmals Kompromisse in punkto Leistungsfähigkeit des gelb-blauen Monoposto eingehen. Vor dem Hintergrund des neuen Reglements genießen sie nun unter anderem bei Spur- und Sturzwerten sowie bei der Feder-Dämpfer-Abstimmung größere Freiheiten, um die optimale Leistungsfähigkeit der Reifen zu erzielen. Auch in Sachen Differenzial, Bremsbalance, Reifendrücke, Gewichtsverteilung und Traktionskontrolle steht den Ingenieuren ein größerer Spielraum zur Verfügung.

Die ersten Hinweise auf die neuen Kräfteverhältnisse in der Formel 1 ergeben sich Ende November, wenn die Wintertests beginnen. Dabei geht es für die Teams vor allem darum, sich auf die Herausforderungen des neuen Reifenreglements und die Rückkehr der Achtzylinder-Motoren einzustellen. Da heißt es, möglichst viele Runden abzuspulen...