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Der große Verlierer des Frankreich-Grand-Prix
Wie immer gewährt das Renault-Team interessante Einblicke in die Analyse des vergangenen Rennens
(Motorsport-Total.com) - Er schien nach dem Großen Preis von Frankreich der einsamste Mensch in Magny-Cours zu sein: Jarno Trulli war am Boden zerstört, nachdem ihm Rubens Barrichello wenige Meter vor der Zielflagge den dritten Rang abgeluchst hatte, den der Italiener das gesamte Rennen hindurch gehalten hatte. Jarno verschwand im Besprechungsraum des Renault-Motorhomes und verstand die Welt nicht mehr. Nachdem er sich gefasst hatte, klang seine Analyse erstaunlich einfach.

© xpb.cc
Jarno Trulli patzte in Magny-Cours auf den letzten Metern
"Ich habe einen Fehler gemacht und Rubens nutzte seine Chance. Als er neben mir war, hatte ich zwei Optionen: entweder die Tür zuschmeißen und eine Kollision riskieren, die uns vielleicht beide das Rennen gekostet hätte, oder zusehen, dass Jenson nicht auch noch durchrutschte." Eine echte Trulli-Aussage: ehrlich, einfach und bescheiden. Am härtesten traf es den kämpferischen 29-Jährigen wahrscheinlich, dass die eigentliche harte Arbeit an diesem Nachmittag schon hinter ihm lag.#w1#
Im Lauf des Rennens wurde offensichtlich, dass beide Renault R24 ein recht eigentümliches Setup verwendeten: Wie sich bereits in Fernando Alonsos Pole Position-Runde angedeutet hatte, waren sie im ersten Sektor relativ langsam, machten diese Zeit aber auf dem Rest der Runde mehr als wett. Fernando markierte sogar die zweitschnellste Rennrunde, Jarno die neuntschnellste.
Im Sektor eins lagen sie mit ihrem Bestzeiten jedoch nur auf den Plätzen sieben und 13. Auch ihr Topspeed fiel mit 315,6 bzw. 314,6 km/h beträchtlich ab gegenüber den 324,4 km/h von Barrichello. Oberflächlich betrachtet, scheinen der 17. und 18. Topspeed-Wert der beiden auf mangelnde Endgeschwindigkeit hinzudeuten. Diese Sichtweise ignoriert aber einen Schlüsselfaktor in Magny-Cours. Kein Renault fuhr jemals nah hinter einem Gegner her und genoss einen Windschatten, wie jenen, der beiden Ferrari ihren 10 km/h-Vorteil brachte.
Der Schlüssel zum Setup liegt in der Feststellung von Chefingenieur Pat Symonds, dass unter normalen Bedingungen erst ein Geschwindigkeits-Überschuss von 15 km/h ausreichen würde, um einen Gegner vor der Adelaide-Haarnadel zu überholen. So lange also das Renault-Duo problemlos durch Turn 3 käme und sie ihren Bremspunkt nicht verpassten - was 70 umkämpfte Runden über nicht passierte - so lange würden sie auf der Geraden nicht zu schnappen sein.
Im zweiten Sektor könnten sie dann, so die Rechnung des Technikers, ihren überlegenen Grip ausspielen und davonziehen. Die Speed-Messung auf der Ziellinie passierten Fernando und Jarno Schnellste - ein Beleg für die hervorragende Traktion des R24, aber auch die Grundlage dafür, dass beiden Renault am Eingang der lang gezogenen Rechtskurve 'Estoril' kein Verfolger direkt im Nacken saß.
Beim Betrachten der "idealen Runde" - zusammengesetzt aus den jeweiligen Sektor-Bestzeiten eines Fahrers - fällt auf, dass Jarnos Zeit acht Zehntel langsamer war als die von Fernando. Interessanterweise lagen bei beiden Renault-Piloten die ideale und tatsächlich beste Runde sehr nah zusammen. Eine Differenz von nur drei Zehntelsekunden besagt, dass beide das Potenzial ihrer Autos voll ausschöpften.
Das heißt aber im Umkehrschluss, dass die Autos an diesem Sonntag offenbar unterschiedlich schnell waren. Vielleicht lag dies an den abweichenden Setups für das Qualifying, denn Jarno erwähnte nach dem Rennen, dass sich trotz der Justierungen am Frontflügel beim Boxenstopp ein beträchtliches Übersteuern entwickelt hätte. Möglicherweise lag es aber auch an unterschiedlich guter Performance der Reifen, da der Renault mit der Nummer sieben im letzten Stint merklich an Traktion und Grip verlor.
Die Analyse belegt auch, dass der Mann, der sich nach dem Frankreich-Grand-Prix am meisten ärgern muss, Jenson Button heißt: Seine ideale Runde war die schnellste von allen - sogar besser als die des späteren Siegers Schumacher. Seine schnellste Rennrunde allerdings - beeinträchtigt durch Jarnos geschickte Verteidigung - liegt fast eine Sekunde vom möglichen Maximum entfernt. Auch beide McLaren (vor allem mit Räikkonens starker Leistung) und Mark Webber im Jaguar (der demnach so schnell fahren konnte wie die Williams) müssen sich über verpasste Chancen ärgern.
Als Jarno seine Verfolger zu 'Château d'Eau' führte, schien der dritte Podestplatz der Saison gesichert. Dann aber unterlief ihm ausgangs Turn 13 ein Fehler, der Barrichello zu seinem aggressiven Manöver einlud. Jarno reagierte robust, aber fair und musste sich mit Rang vier abfinden. Damit sammelte das Team immer noch die meisten WM-Punkte des Jahres - für den Italiener war dies jedoch kein Trost: "Das ist eben die Formel 1 - du darfst dir nicht den winzigsten Fehler erlauben. Aber ich habe wieder eine Lektion gelernt und bin entschlossen, nächstes Wochenende in Silverstone noch stärker zurückzukommen." Und da Jarno dort im vergangenen Jahr schon in der ersten Startreihe stand, dürfen wir gespannt sein...

