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Das große Siegerinterview mit Jenson Button
Jenson Button schildert, wie ihm eine gute Entscheidung den Sieg einbrachte - Emotionen komplett anders als noch vor einem Jahr
(Motorsport-Total.com) - Er wollte der Welt beweisen, dass er kein Zufallsweltmeister ist - und heute in Melbourne trat er erstmals den Beweis dafür an: Jenson Button fuhr beim Grand Prix von Australien ein extrem cleveres Rennen, hatte bei schwierigen Bedingungen auch ein bisschen Glück und feierte am Ende bereits beim zweiten Antreten im silbernen McLaren-Overall seinen ersten Sieg.

© xpb.cc
Der erste Sieg als Weltmeister und für McLaren: Jenson Button in Melbourne
Dabei hatte es nach der weltmeisterlichen Dreierkollision mit Fernando Alonso und Michael Schumacher noch gar nicht nach einem Sieg ausgesehen - und als Button in der sechsten Runde als Erster an die Box kam, um auf Slicks zu wechseln, schien alles gegen ihn gelaufen zu sein. Doch der waghalsige Poker sollte sich im Gegenteil als goldrichtig erweisen. Im Anschluss an die Siegerehrung ließ er seinen Rennsonntag noch einmal Revue passieren.#w1#
Entscheidung selbst getroffen
Frage: "Jenson, das war ein unglaubliches Rennen - 50 Runden auf einem Reifensatz! Du hast früh auf Slicks gewechselt, was letztendlich entscheidend war. War das deine Entscheidung?"
Jenson Button: "Ja. Es ist für die Fahrer viel einfacher, die Verhältnisse zu spüren. Das Team sieht im Fernsehen vielleicht, wie die Wolken kommen, aber wir können wirklich spüren, was auf der Strecke los ist."
"Mit den Intermediates passte die Balance nicht, ich hatte große Schwierigkeiten und verlor ein paar Plätze. Die Hinterreifen bauten schon nach zwei Runden ab - ich habe wohl das Setup nicht ganz richtig erwischt. Also dachte ich mir: 'Holen wir uns doch Slicks ab!' Es gab eine trockene Linie, ein paar Stellen waren aber auch noch feucht. Als ich in die Boxengasse abbog, dachte ich, eine katastrophale Entscheidung getroffen zu haben, denn dort war es noch total nass."
"Als ich dann wieder beschleunigte, hatte ich in der dritten Kurve einen kleinen Ausritt, aber die Pace war gut und ich konnte einige schnelle Zeiten hinlegen und so an drei oder vier Autos vorbeigehen, die später reinkamen. Der kleine Ausritt war vielleicht gar nicht so schlecht, denn so dachten die anderen, dass es für Slicks noch zu früh ist. Es war die richtige Entscheidung und ich bin sehr froh, dass ich mich so entschieden habe."

© Red Bull
Am Start löste Jenson Button die Dreierkollision der Weltmeister aus Zoom
Frage: "Wie ist es, schon das zweite Rennen mit deinem neuen Team zu gewinnen?"
Button: "Es ist etwas Besonderes. Es hat ein Weilchen gedauert, bis ich mit diesem Auto zurechtkam. Das Team war aber fantastisch. Sie haben mich herzlich willkommen geheißen, aber ich musste mich im Cockpit erst auf alles einstellen. Ich weiß nicht, was ich sagen soll - es ist sehr schwierig, alles in Worte zu fassen. Es ist aber ein ganz besonderes Gefühl und wir werden für die Zukunft viel mitnehmen. Das baut mein Selbstvertrauen auf und hoffentlich gelingt uns beim nächsten Rennen ein ähnliches Ergebnis, denn es fühlt sich wahnsinnig toll an!"
Frage: "Wann hast du gewusst, dass es reichen würde?"
Button: "Das weißt du nie, solange du nicht im Ziel bist - in einem Rennen mit nur einer Strategie vielleicht noch eher, aber das war ja heute nicht der Fall. Robert hat mir ein bisschen geholfen, denn er hat ein paar Autos aufgehalten, aber ein paar Fahrer haben ein zweites Mal neue Reifen abgeholt und waren dann unfassbar schnell - so sollte es mit neuen Reifen ja auch sein. Ich hatte ständig Bedenken, dass jemand an Robert vorbeigehen und mich bis zur Ziellinie jagen könnte. Erst in der letzten Runde war ich dann schon entspannt."
Frage: "Lewis Hamilton ließ ein zweites Mal die Reifen wechseln und beschwerte sich darüber am Funk beim Team. Wie lief der Entscheidungsprozess zwischen dir, dem Team und ihm ab?"
Button: "Ich weiß nicht, was sie sich dabei gedacht haben. Ich schätze mal, er steckte hinter Robert fest und kam nicht vorbei. Ich weiß nicht. Es ist sehr schwierig, auf die Reifen zu achten, wenn man hinter einem anderen Auto fährt, wie wir schon oft gesehen haben. Vielleicht haben seine Reifen hinter Robert einfach zu sehr gelitten."
Zweiter Reifenwechsel kein Thema
"Ich selbst dachte nie über einen zweiten Satz Slicks nach - das war keine Option. Als es zu regnen aufhörte, war klar, dass wir mit einem Satz durchfahren würden. Meine Pace war nicht großartig, denn ich hatte das Gefühl, die Hinterreifen zu zerstören, also maßregelte ich mich selbst, um da nichts zu riskieren. Zum Glück kam Robert nicht näher und ungefähr 20 Runden vor Schluss begann ich ein bisschen zu pushen, um einen Vorsprung zu haben, falls diejenigen, die an der Box waren, plötzlich drei Sekunden pro Runde schneller sein sollten."
"Eine bessere Strategie hätte uns nicht einfallen können. Der Reifenwechsel zu Beginn war meine Entscheidung, aber ich hatte natürlich Informationen vom Team über die Strecke und die anderen Autos. Es ist immer Teamwork und ich möchte mich bei McLaren-Mercedes für die harte Arbeit bedanken. Es ist klasse, dass wir uns Schritt für Schritt verbessern."
Frage: "Am Anfang war die Strecke nass, aber warum war es dann auch auf trockener Fahrbahn einfacher, Gegner zu überholen? Warum wurde so viel mehr überholt als in Bahrain? Kannst du das erklären?"
Button: "Ich glaube, das liegt am Reifenverschleiß. Außerdem waren viele Autos nicht an ihrem angestammten Platz. In Bahrain waren die besten acht Autos in den Top 8. Aber der Reifenverschleiß ist der Schlüssel. Die Hinterreifen grainten sehr stark, einige haben zwei Stopps gemacht, andere nur einen. Manche wollten die Reifen schonen, andere fuhren volle Attacke. Es gab viele verschiedene Ansätze."
"Bahrain war nicht der spannendste Grand Prix. Ich liebe Bahrain und es ist schade, dass das Rennen nicht spannend war, aber hier wusste ich, dass es anders werden kann. Ich habe es sogar während des Rennens auf den Videowalls mitbekommen - das sah richtig aufregend aus! Hoffentlich erleben wir noch mehr solche Rennen, denn die lieben wir am meisten."
Frage: "Es ist dein zweiter Sieg in Australien. Du musst diese Strecke lieben, nicht wahr?"
Button: "Ja, allerdings. Der Start war für mich nicht perfekt, denn ich hatte eine Berührung mit Fernando in der ersten Kurve. Ich war innen zur Hälfte neben ihm und ich weiß nicht, ob er mich gesehen hat. Jedenfalls haben wir uns berührt. Die erste Kurve hier ist schwierig. Wenn einer einen schlechten Start erwischt, kann das zum Albtraum werden. Fernando hatte einen schlechten Start, also war ich innen und Michael außen, aber drei Autos passen kaum durch die Kurve, wie man gesehen hat."
"Aber im Rennen ist es sehr schwierig, den vollen Überblick zu behalten. Es kann auch gefährlich sein, sich einfach zurückzuziehen, denn wenn du bremst, kracht dir vielleicht von hinten einer rein. So etwas passiert halt. Es tut mir für Fernando leid, dass er umgedreht wurde, aber ich habe auch ein paar Plätze verloren. Das war also nicht der beste Beginn - und dann hatte ich mit den Intermediates echte Schwierigkeiten. Die Balance war einfach nicht gut, das Auto übersteuerte stark. Die Griplevels waren mit diesem Satz auch sehr merkwürdig."
Angst nach dem Reifenwechsel
"Dann fiel mir eine trockene Linie auf und weil gleichzeitig die Hinterreifen sehr schnell abbauten, war mir klar, dass es für Slicks gut genug sein müsste. Also entschied ich mich für einen frühen Boxenstopp, denn sonst kannst du nur nach hinten rutschen. Zuerst hielt ich es für eine furchtbare Entscheidung, weil die Boxenstraße so nass war, auch die erste Runde nach dem Stopp war zäh. Danach wurde es aber besser."
"Ich konnte auf den trockenen Stellen voll attackieren und ging an einigen Leuten vorbei, die nach mir an die Box gingen. Es war ein schönes Gefühl, dass die anderen mit den neuen Reifen erst nach Grip suchen mussten, während ich schon genau wusste, welche Linie ich fahren muss und wie ich überholen kann. Dann lag ich hinter Sebastian und ich machte einen kleinen Fehler, kam von der Linie ab, daher konnte ich ihn nicht attackieren. Er hatte dann seine eigenen Probleme - und von da an musste ich nur noch die Reifen schonen."
"In Runde 15 hatte ich eine Schrecksekunde, als ich spürte, dass die Hinterreifen massiv nachlassen. Ich hatte Graining und dachte schon, jetzt sei alles aus und es wird in Tränen enden. Dann stellte ich den Frontflügel flacher, um ein bisschen Untersteuern zu provozieren, ich schloss die Differenzialsperre und hoffte auf das Beste. Gegen Ende des Rennens konnte ich wieder pushen, da stimmte auch die Balance wieder. Die letzten 20 Runden war ich sehr glücklich, denn ich wusste, dass mein Vorsprung komfortabel ist und dass es für die anderen sehr schwierig werden würde, mich noch einzuholen."

© xpb.cc
Robert Kubica agierte hinter Jenson Button als wichtiger Puffer Zoom
Frage: "Was sagst du zur Pace von Sebastian Vettel? Hättest du ihn kriegen können?"
Button: "Am Anfang war ich ein bisschen schneller als er, aber es war merkwürdig, denn dann setzte er sich ab und auf einmal kam ich wieder näher. Das Team sagte mir, ich soll auf die Reifen achten. Ich wusste, dass ich 50 Runden mit diesen Reifen fahren muss, also steckte ich zurück. Früher waren die Red Bulls ziemlich hart zu den Reifen, auch wenn ich nicht weiß, ob das immer noch so ist."
"Ich konzentrierte mich auf mich selbst und wartete ab. Ob ich ihn besiegt hätte? Ich weiß es nicht. Wenn er im Rennen geblieben wäre, wäre es vielleicht anders gelaufen - was wäre wenn? Das Wichtigste ist aber, das wir gewonnen haben. Nur das zählt und ich bin sehr glücklich. Das Team sollte stolz auf sich sein. Wir haben nichts falsch gemacht."
Frage: "Hättest du je geglaubt, dass du schon dein zweites Rennen für McLaren gewinnen würdest?"
Button: "Nein. Ich bin davon ausgegangen, dass es länger dauern würde, aber viel hängt davon ab, wie gut das Auto aus dem Stand heraus ist. Dieses Rennen war natürlich ungewöhnlich. Ich weiß nicht, wo wir tatsächlich stehen, aber das ist im Rennsport nicht alles. Es geht auch um die Strategie, um cleveres Denken, darum, das Material zu schonen. Heute haben wir das alles richtig gemacht und wir wurden dafür belohnt."
Dank an McLaren
"Dies ist etwas ganz Besonderes. Was in den nächsten Rennen auch passieren mag, aber dieser Sieg bedeutet mir viel. Es ist unglaublich, sieben Jahre bei einem Team zu sein, Weltmeister zu werden, das Team zu wechseln und gleich den zweiten Grand Prix zu gewinnen. Ich möchte mich beim Team bedanken, denn sie haben sich sehr bemüht, damit ich mich wohl fühle, denn das brauche ich, um konkurrenzfähig zu sein."
"Jetzt müssen wir das Auto verbessern, denn die tatsächliche Pace im Qualifying haben wir ehrlich gesagt noch nicht unbedingt. Daran müssen wir dringend arbeiten. Solche Punkte sind umso wichtiger, wenn du ein Auto hast, das normalerweise nicht schnell genug ist, um aus eigener Kraft zu gewinnen. Das sind also 25 wichtige Zähler. Jetzt müssen wir hart arbeiten und hoffen, dass unsere Updates für die nächsten Rennen gut anschlagen werden."
Frage: "Über das langweilige Rennen in Bahrain wurde viel gesprochen. Wird diese Diskussion nun verstummen?"
Button: "Man kann nicht darüber hinwegsehen, dass das letzte Rennen nicht sonderlich aufregend war und dass wir darüber diskutiert haben, was man machen könnte, aber ich bin froh, dass wir uns nicht auf vorschnelle Ideen eingelassen haben, denn das heute war ein großartiges Rennen."

© McLaren
Freundin Jessica Michibata mit Jenson Button im orangen Siegerlook Zoom
"Ich hatte viel Spaß. Natürlich macht es mehr Spaß, wenn du gewinnst, aber ich habe auch gesehen, dass viel überholt wurde und jede Menge Action los war. Ich hoffe, dass das nicht nur am Wetter lag. Ich hoffe auf weitere Rennen wie dieses, denn das lieben wir. Natürlich werden auch wieder weniger aufregende Rennen kommen, aber so ist das nun einmal - es ist auch nicht jedes Fußballspiel der absolute Hammer! Auf die Ausgewogenheit kommt es an."
"Was in diesem Rennen ziemlich schwierig war, war das Licht. Ich hatte ein klares Visier, aber in den letzten Runden konnte ich kaum noch etwas sehen. Es schien viel dunkler zu sein als im Vorjahr. Ich schätze, das hatte mit der fehlenden Sonne zu tun, weil sie hinter den Wolken versteckt war. Darüber müssen wir für die Zukunft vielleicht nachdenken."
Frage: "Red Bull hat das schnellste Auto, aber sie stehen zum zweiten Mal hintereinander nicht auf dem Podium. Was sagst du dazu?"
Button: "Ich finde, sie haben ein sehr schnelles Auto, aber aus irgendeinem Grund sind sie nicht hier. Ich denke, Sebastian hatte beim ersten Rennen Probleme mit der Zuverlässigkeit. Was hier passiert ist, weiß ich nicht, daher kann ich dazu nicht wirklich etwas sagen."
Überholen schwieriger als 2009
Frage: "Wie schwierig ist es immer noch, mit diesen Autos zu überholen, denn Lewis Hamilton und Mark Webber hatten am Ende bessere Reifen, kamen aber nicht an den Ferraris vorbei. Ist das Überholen dieses Jahr noch schwieriger geworden oder ist es gleich schwierig wie in den vergangenen Jahren?"
Button: "In Bahrain fand ich es sehr schwierig. Die Vorderreifen sind deutlich schmaler, also hat man weniger mechanischen Grip. Wenn du hinter anderen Autos Anpressdruck verlierst, was unweigerlich passiert, hast du nun auch noch weniger mechanischen Grip, also insgesamt weniger Grip."
"Ich finde es dieses Jahr schwieriger. Bei Mischbedingungen wie heute, wenn die Reifen grainen und die Leute zwei Stopps machen, andere nur einen, dann sind das tolle Rennen. Auch in Malaysia, wo die Strecke so breit ist, kann es spannend werden. Hier ist das Überholen eigentlich schwierig, weil die Strecke so schmal ist, daher bin ich überrascht, dass es heute so oft gelungen ist."
Frage: "Wie fühlt sich dieser Sieg im Vergleich zu deinem ersten Sieg für Brawn vor zwölf Monaten an?"
Button: "Man kann Siege nicht auf diese Weise miteinander vergleichen. Beide sind besonders, aber auch sehr unterschiedlich. Die Emotionen, die ich vor und nach den beiden Rennen hatte, sind komplett anders. Dieser Sieg ist speziell, weil ich noch nicht lange bei diesem Team bin, aber das ist einer der Hauptgründe, weshalb ich zu McLaren-Mercedes wechseln wollte. Dieses Team ist immer vorne dabei - und das ist eine Situation, die du dir als Fahrer wünschst."
¿pbvin|512|2577||0|1pb¿"Andererseits haben uns die Bedingungen heute auf jeden Fall geholfen. Wir sind derzeit nicht dazu in der Lage, die nächsten zwei, drei Rennen zu gewinnen, also müssen wir gute Punkte mitnehmen und intensiv an den Schwachpunkten arbeiten. Das tun wir gerade. Ich denke, dass wir von Rennen zu Rennen näher an die Spitze herankommen werden, wenn es um das Qualifying geht. Da haben uns hier noch fünf oder sechs Zehntel gefehlt. Die Rennpace ist ja jetzt schon nicht so schlecht."
Frage: "Wie fühlst du dich nach diesem Sieg, was geht dir jetzt alles durch den Kopf?"
Button: "Ich würde am liebsten zum Team gehen und feiern, denn Australien war schon immer ein ganz spezielles Rennen für mich. Die Emotionen sind ganz anders als im Vorjahr, aber wirklich außergewöhnlich. Ich kann es kaum noch erwarten, erstmals eines der orangen Siegershirts zu tragen - bisher habe ich noch keines probiert, also hoffentlich passt es!"
Frage: "Übrigens, was bedeutet eigentlich 'Yata'?"
Button: "Das heißt so viel wie 'Ich habe es geschafft'. Es ist Japanisch, meine Freundin kommt ja aus Japan. Sie hat mir das beigebracht."

