• 21.09.2009 15:27

"Crashgate": Das Urteil im Wortlaut

Das komplette Urteil des FIA-Motorsport-Weltrats in deutscher Sprache: Lesen Sie nach, warum Renault mit einem blauen Auge davongekommen ist

(Motorsport-Total.com) - Bei einem außerordentlichen Treffen des Motorsport-Weltrats, abgehalten in Paris am 21. September 2009, gab das ING Renault F1 Team ("Renault F1") zu, dass sich das Team mit seinem Fahrer Nelson Piquet jun. verschworen hat, um beim Grand Prix von Singapur 2008 absichtlich einen Unfall herbeizuführen, in Widerspruch zum Internationalen Sportkodex und dem Sportlichen Reglement der Formel 1.

Titel-Bild zur News: Motorsport-Weltrat der FIA in Paris

Der FIA-Motorsport-Weltrat hat Flavio Briatore heute lebenslang gesperrt

Renault F1 sagte bei dem Treffen aus, dass eine umfangreiche interne Untersuchung durchgeführt wurde, die ergab, dass (i) sich Flavio Briatore, Pat Symonds und Nelson Piquet jun. verschworen haben, um den Unfall herbeizuführen, und (ii) keine anderen Teammitglieder an der Verschwörung beteiligt waren.#w1#

Die FIA führte ihre eigene umfangreiche Untersuchung durch und kam zum gleichen Ergebnis wie Renault F1.

Beim Treffen des Motorsport-Weltrats brachte Renault F1 die folgenden mildernden Umstände vor:

- Die Anschuldigungen wurden zum frühestmöglichen Zeitpunkt akzeptiert und es wurde voll mit der FIA kooperiert.
- Die Beteiligung von Flavio Briatore und Pat Symonds an der Verschwörung wurde bestätigt und es wurde sichergestellt, dass sie das Team verlassen.
- Renault F1 entschuldigt sich vorbehaltlos bei der FIA und beim Sport für den entstandenen Schaden.
- Die durch die FIA-Untersuchung entstandenen Kosten werden voll übernommen.
- Renault (der Mutterkonzern, nicht Renault F1) erklärt sich bereit, einen signifikanten Beitrag zu FIA-Sicherheitsprojekten zu leisten.

Nelson Piquet jun. entschuldigte sich ebenso vorbehaltlos beim Motorsport-Weltrat für seine Beteiligung an der Verschwörung.

Die folgende Entscheidung wurde getroffen:

Der Motorsport-Weltrat befindet die Renault-F1-Teammitglieder Flavio Briatore, Pat Symonds und Nelson Piquet jun. für schuldig, sich verschworen zu haben, beim Grand Prix von Singapur 2008 einen Unfall absichtlich herbeizuführen. Der Motorsport-Weltrat befindet Renault F1, unter Artikel 123 des Internationalen Sportkodexes verantwortlich für die Handlungen seiner Angestellten, für schuldig, gegen Artikel 151.c) und Punkt 2.c) von Kapitel IV von Anhang L des Kodexes, sowie gegen die Artikel 3.2, 30.3 und/oder 39.1 des Sportlichen Reglements der Formel 1 verstoßen zu haben.

Der Motorsport-Weltrat empfindet die Verstöße von Renault F1 beim Grand Prix von Singapur 2008 als Verstöße von einmaliger Härte. Die Verstöße von Renault F1 beeinträchtigten nicht nur die Integrität des Sports, sondern gefährdeten auch die Leben von Zuschauern, Offiziellen, anderen Teilnehmern und Nelson Piquet jun. selbst. Der Motorsport-Weltrat zieht in Erwägung, dass Verstöße dieses Ausmaßes einen permanenten Ausschluss aus der Formel-1-Weltmeisterschaft rechtfertigen. In Anbetracht der oben angeführten mildernden Umstände und der von Renault F1 ergriffenen Schritte, die Fehler innerhalb des Teams zu identifizieren und darauf zu reagieren sowie die Handlungen der beteiligten Einzelpersonen zu verurteilen, hat der Motorsport-Weltrat entschieden, den Ausschluss bis zum Ende der Saison 2011 auf Bewährung zu verhängen. Der Motorsport-Weltrat wird den Ausschluss nur aktivieren, wenn Renault F1 in jenem Zeitraum neuerlich eines vergleichbaren Verstoßes für schuldig befunden wird.

Außerdem bemerkt der Motorsport-Weltrat die Entschuldigung von Renault F1 und stimmt zu, dass das Team die Kosten für die Untersuchung tragen sollte. Er akzeptiert auch das Angebot eines signifikanten Beitrags zur Sicherheitsarbeit der FIA.

Was Flavio Briatore angeht, erklärt der Motorsport-Weltrat, dass die FIA für einen unbegrenzten Zeitraum keine internationalen Veranstaltungen, Meisterschaften, Cups, Trophys, Challenges oder Serien zu sanktionieren gedenkt, an denen Herr Briatore in irgendeiner Form beteiligt ist. Es werden auch keine Lizenzen an Teams oder Organisationen ausgestellt, an denen Herr Briatore in irgendeiner Form beteiligt ist. Alle bei FIA-Veranstaltungen anwesenden FIA-Offiziellen sind hiermit angewiesen, Herrn Briatore zu Bereichen unter FIA-Jurisdiktion keinen Zugang zu gewähren. Außerdem beabsichtigt die FIA, keine Superlizenzen an Fahrer auszustellen oder zu verlängern, die mit Herrn Briatore (durch einen Managementvertrag oder anders) in Verbindung stehen oder mit einer Organisation oder Einzelperson, die mit Herrn Briatore in Verbindung steht. In der Aussprechung dieser Maßnahmen für einen unbegrenzten Zeitraum berücksichtigt der Motorsport-Weltrat nicht nur die Härte des Verstoßes, bei dem Herr Briatore Komplize war, sondern auch sein standhaftes Leugnen seiner Beteiligung trotz aller vorliegenden Beweise.

Was Pat Symonds angeht, erklärt der Motorsport-Weltrat, dass die FIA für einen Zeitraum von fünf Jahren keine internationalen Veranstaltungen, Meisterschaften, Cups, Trophys, Challenges oder Serien zu sanktionieren gedenkt, an denen Herr Symonds in irgendeiner Form beteiligt ist. Es werden auch keine Lizenzen an Teams oder Organisationen ausgestellt, an denen Herr Symonds in irgendeiner Form beteiligt ist. Alle bei FIA-Veranstaltungen anwesenden FIA-Offiziellen sind hiermit angewiesen, Herrn Symonds für einen Zeitraum von fünf Jahren zu Bereichen unter FIA-Jurisdiktion keinen Zugang zu gewähren. In der Aussprechung dieser Maßnahmen für einen Zeitraum von fünf Jahren berücksichtigt der Motorsport-Weltrat (i) Herrn Symonds Geständnis, dass er an der Verschwörung beteiligt war, sowie (ii) seine Kommunikation an den Motorsport-Weltrat, wonach er "unendliches Bedauern und "unendlichen Scham" für seine Beteiligung an der Verschwörung empfinde.

Was Nelson Piquet jun. angeht, bestätigt der Motorsport-Weltrat die Immunität von individuellen Sanktionen unter dem Internationalen Sportkodex in Zusammenhang mit diesem Zwischenfall, die ihm die FIA im Austausch für das Liefern von Beweisen gewährt hat.

Was Fernando Alonso angeht, bedankt sich der Motorsport-Weltrat für seine Kooperation mit den FIA-Anfragen und für den Besuch des Treffens und hält fest, dass Herr Alonso in keiner Weise am Regelverstoß von Renault F1 beteiligt war.

Der Motorsport-Weltrat möchte sich bei den Kommissaren und dem Untersuchungsteam (insbesondere bei Dorothy Cory-Wright von Sidley Austin LLP, die die Verhöre beim Grand Prix von Belgien durchgeführt hat) bedanken.

Die volle Begründung für diese Entscheidung sowie eine komplette Aufzeichnung der Ereignisse vor dem Motorsport-Weltrat werden in Kürze zur Verfügung gestellt.