Chevrier: Kein Interessenskonflikt mit Red Bull
Der Leiter der Renault-Motorenabteilung Denis Chevrier spricht im Interview über die Zusammenarbeit mit Red Bull und die Auswirkungen der Homologierung
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Denis, im Reglement für 2007 gibt es einige Änderungen, kannst du diese erläutern?"
Denis Chevrier: "Die größte Veränderung betrifft den Ablauf den Rennwochenendes. Der Freitag ist nun ein reiner Testtag und der Grand Prix als solcher beginnt erst am Samstag. Das bedeutet, dass die Motoren in ihrem Einsatzzeitraum von zwei Rennwochenenden nur noch vier Tage laufen und dass jeder Achtzylinder weniger Kilometer ansammelt als noch 2005 und 2006."

© Renault
Denis Chevrier: "2007 muss jeder Einzelne sein Bestes für den Erfolg geben"
"Außerdem werden wir während der Freitagstests intensivere technische Programme betreiben als im Vorjahr, genau wie wir an den Freitagen auch Teile der normalen Testarbeit erledigen werden, weil wir ja während der Saison bei allen Tests auf ein Einsatzauto beschränkt sind."#w1#
Frage: "Die Arbeit der Motorenabteilung an der Strecke verändert sich ja nun auch, weil Renault Motoren an zwei Teams liefert - an das Werksteam und an Red Bull Racing..."
Chevrier: "Wir freuen uns sehr auf diese neue Herausforderung, die ein Teil der Motorsport-Tradition von Renault seit den 1980er Jahren ist. Unsere bisherige Erfahrung mit Kundenteams hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, von Anfang an sehr klare Arbeitsstrukturen zu schaffen, um sicherzustellen, dass wir auf ehrliche Art und Weise zusammenarbeiten und eine vertrauensvolle Beziehung aufbauen können."
Ingenieure werden voll bei Red Bull integriert
Frage: "Könnte es Interessenskonflikte zwischen dem Werks- und dem Kundenteam geben?"
Chevrier: "Überhaupt nicht. In der Beziehung zwischen Renault und Red Bull wird es auf der einen Seite weit geöffnete Türen und auf der anderen dicke, hohe Mauern geben. Unsere Ingenieure werden an der Strecke vollständig zum Red-Bull-Team gehören und Red Bull wird für uns ein Gegner sein wie jeder andere auch."
"Ausnahmen von dieser Regel wird es erst dann geben, wenn wir auf ein technisches Problem mit einem Renault-Motor reagieren müssen. In so einem Fall wird es völlige Offenheit zwischen uns geben um sicherzustellen, dass jeder einzelne Motor unter den besten Bedingungen laufen kann. Wir möchten von jedem Kilometer, den ein Renault-Motor läuft, so viel wie möglich profitieren, um die Leistung und Zuverlässigkeit aller vier Motoren draußen auf der Strecke zu verbessern."
Frage: "Wie hat sich der Liefervertrag auf die Arbeit des Teams an der Rennstrecke ausgewirkt?"
Chevrier: "Das Erste, was überhaupt nicht zur Diskussion stand, war dass das Werksteam durch die neuen Strukturen an der Rennstrecke auf keinen Fall weniger Unterstützung bekommen darf. Das Zweite war, dass eine leistungsstarke Gruppe von Ingenieuren aufbauen und ausbilden mussten, die sich in die Technik-Abteilung von Red Bull integriert hat."
"Bei Renault haben wir das Rennteam auf einer langfristigen Basis aufgebaut und dasselbe müssen wir nun mit unseren neuen Partner tun. Das geht nicht von heute auf morgen, wir haben mit unseren Kollegen in Enstone ein sehr hohes Level an Verständnis und Kommunikation erreicht, aber das ist über sechs Jahre gewachsen. Bei Red Bull sind wir erst am Anfang eines solchen Prozesses."
Arbeit des Testteams verändert sich
Frage: "Wie wird sich die Homologierung auf die Arbeit der Motoren-Ingenieure an der Rennstrecke auswirken?"
Chevrier: "Sie stellt keine große Veränderung dar. Bei einem Grand Prix haben die Ingenieure immer schon versucht, aus dem Paket, das sie zur Verfügung haben, das Maximum herauszuholen. Das hat sich nicht geändert. Die Arbeit des Testteams wird sich etwas ändern, da es weniger 'experimentelle' Entwicklungsarbeit leisten muss als bisher und vor allem steht es nicht mehr vor der Herausforderung, dass neue mechanische Weiterentwicklungen genehmigt werden müssen."
"Wegen der Testbeschränkungen wird ein Teil der Testarbeit nun an den Rennwochenenden absolviert. Alles in allem haben ein Test- und ein Renningenieur jetzt mehr Ähnlichkeiten in ihrer Arbeit als bisher, aber wir werden da noch offen für die Feinabstimmung sein, wenn die Saison angelaufen ist."
Detailarbeit wird wichtig
Frage: "Auch wenn sich die Arbeit an der Rennstrecke verändert hat, bleibt das Hauptziel doch das gleiche: so konkurrenzfähig wie möglich zu sein. Was erwartest du dir von der kommenden Saison?"
Chevrier: "Ich denke, dass jeder die Teams näher beieinander sieht, es ist enger geworden. Da die Regeln für das Chassis gleich geblieben sind und die Entwicklungsarbeit an den Motoren stark eingeschränkt wurde, werden die Unterschiede in diesen Bereichen außerdem kleiner sein. Unter diesen Umständen kann man nur erfolgreich sein, wenn man wirklich jedes kleinste Detail richtig hinbekommt - und so wenig Fehler wie möglich macht."
"Es wird wichtig sein, sich mit den Fahrern gut zu verstehen um ihnen das bestmögliche Paket geben zu können. Es ist essentiell, dass man das erste Rennen genauso fokussiert angeht wie das letzte. Wenn die Konkurrenz so nah beieinander liegt, kommt es auf den Beitrag jedes Einzelnen an - nichts, was einen weiterbringen könnte, darf vernachlässigt werden. Um 2007 Erfolg zu haben, muss das gesamte Team sein Bestes geben."

