• 30.08.2006 12:15

  • von Inga Stracke

Button: "Ich war ein sehr glücklicher Junge"

Jenson Button im Interview über die Freude nach seinem Sieg in Ungarn und warum er glaubt, dass Honda noch nicht siegfähig ist

(Motorsport-Total.com) - Jenson Button hat zwar den Grand Prix von Ungarn gewonnen und damit seine Kritiker zumindest vorübergehend mundtot gemacht, dennoch ist Honda nach wie vor kein Siegerteam. Im Interview mit 'F1Total.com' in Istanbul sprach er jedoch primär über seine Freude und die Feierlichkeiten nach dem großen Durchbruch in Form des ersten Formel-1-Triumphs.

Titel-Bild zur News: Jenson Button

Nun ist er endlich ein Grand-Prix-Sieger: Jenson Button hat es geschafft!

Frage: "Jenson, wie hast du die drei Wochen nach deinem ersten Sieg in Ungarn verbracht?"
Jenson Button: "Ich musste direkt nach dem Rennen nach Shanghai fliegen. So hatte ich mir die Party nach meinem ersten Sieg ehrlich gesagt nicht vorgestellt! Ich war zwei Tage dort, hatte PR-Termine und flog dann für einen Tag weiter nach Japan. Ich war in Tochigi und Tokio und traf dort einige Honda-Mitarbeiter, schaute mir ein Forschungs- und Entwicklungszentrum an."#w1#

Honda-Mitarbeiter stolz auf Button

Frage: "Die Honda-Mitarbeiter waren sicher zufrieden, nicht wahr?"
Button: "Ja. Viele kamen sogar extra aus dem Urlaub, um mich zu sehen. Das war ein besonderes Gefühl - wirklich erstaunlich, wenn einem die Menschen so zujubeln!"

Frage: "Gab es dann auch eine kleine Party für dich mit Sushi und so weiter?"
Button: "Nein, kein Sushi - und ich kam vor meiner Heimreise auch nicht wirklich zum Feiern. Ich war wirklich müde, nahm nur am Abend ein paar Drinks, war bei meiner Lady und bei ein paar anderen Leuten aus dem Team..."

"Ich war wirklich müde, nahm nur am Abend ein paar Drinks..." Jenson Button

Frage: "Deine Freundin muss stolz gewesen sein..."
Button: "Ja, das war sie! Jedenfalls flogen wir dann zurück nach Europa, wo ich mit ein paar Freunden und meiner Familie eine Party hatte. Es war großartig, zu einem so freudigen Anlass so viele Leute zu treffen. Ich verbrachte die ganze Nacht damit, zu allen Hallo zu sagen und mit allen zu plaudern. Sie zeigten mir ihre Gefühle über das Rennen. Das war großartig - ich war ein sehr glücklicher Junge an jenem Abend!"

Frage: "Wie war der Flug nach Shanghai? Konntest du schlafen oder warst du zu aufgeregt dafür?"
Button: "Auf dem Flug nach China hatten wir eine kleine Party, aber ich nahm einen Drink und schlief dann einfach ein. Es war großartig, aber ich war wahnsinnig ausgelaugt..."

Frage: "War dein Vater mit dir unterwegs?"
Button: "Nein. Der blieb in Budapest und feierte die Nacht durch."

Frage: "Hast du den Sieg inzwischen eigentlich schon so richtig realisiert?"
Button: "Ich dachte fünf Minuten darüber nach, dann kam es mir schon ganz normal vor (lacht; Anm. d. Red.)!"

Alles dreht sich schon um den nächsten Sieg

Frage: "Und jetzt kommt der nächste Sieg?"
Button: "Genau! Das ist eigentlich schade, denn wenn ich jetzt kein Rennen mehr in diesem Jahr gewinne, dann wäre es kein gutes Jahr für mich. Die Erwartungen steigen. Ich weiß aber, dass wir im Trockenen noch nicht schnell genug sind, um aus eigener Kraft zu gewinnen. Das Team arbeitet hart und hat in Ungarn den besten Job von allen Teams gemacht, aber vom Auto her sind wir einfach noch nicht dort. Wir müssen es noch verbessern, um eine Chance zu haben."

Frage: "Man sieht in deinen Augen, dass du jetzt richtig lebendig wirkst..."
Button: "Wirklich? Dabei bin ich eigentlich ziemlich geschafft."

Frage: "Man sieht dir an, dass du hungrig nach weiteren Siegen bist."
Button: "Mag sein, aber wenn man nicht das richtige Auto hat, wird es nicht passieren - und wir haben im Moment nicht das richtige Auto. Das Gute ist aber, dass wir uns jetzt von Rennen zu Rennen verbessern. Es ist schön, dass das Team - wahrscheinlich mehr als ich - einen Gang zugelegt hat. Das macht schon einen Unterschied."

"Wir haben im Moment nicht das richtige Auto." Jenson Button

Frage: "Wem hast du eigentlich am meisten zu verdanken?"
Button: "Schwer zu sagen, man kann da nicht eine Person hervorheben. Mein Vater war von Anfang an dabei und hat mir unglaublich geholfen, aber man kann da nicht nur eine Person nennen. Mein Vater hat natürlich viel für mich getan, nicht nur im Motorsport, aber es gibt auch so viele andere Leute, die mir geholfen haben und die diesen ersten Formel-1-Sieg mit mir genießen sollten. Damit meine ich Leute vom Kart bis hin in die Formel 1."

Button freut sich über positive Berichterstattung

Frage: "Natürlich gibt es auch viele Schulterklopfer, die es dann schon immer gewusst haben. Gibt es jemanden, dem du es unbedingt zeigen wolltest?"
Button: "Niemand sagt dir das ins Gesicht, sondern nur über Zeitungen oder hinter deinem Rücken. Es gab einen sehr netten Artikel in der 'Autosport' über einen Kerl, der dachte, ich würde nie ein Rennen gewinnen. Er sah jedoch meine Performance im Rennen und ist jetzt ein wirklich großer Fan. Das hat mich sehr gefreut. Viele haben jetzt ihre Meinung geändert, aber man darf nicht vergessen, dass ich schon davor viele Fans hatte, die immer an mich geglaubt haben. Das ist schön."

Frage: "Gerade in Großbritannien war das Echo ja gewaltig."
Button: "Ja. Schade nur, dass ich nicht schon vor Silverstone gewonnen habe. Dann wäre der Heim-Grand-Prix eine fantastische Veranstaltung geworden."

Jenson Button

Silverstone ist für Button immer das wichtigste Wochenende des Jahres Zoom

Frage: "Übrigens hat der Ticketvorverkauf für 2007 nach deinem Sieg kräftig angezogen..."
Button: "Ja? Es ist ja noch ein Jahr hin - ich weiß gar nicht, ob es überhaupt schon Karten gibt. Ich bekam aber viele Anrufe. Nächstes Jahr wird Silverstone bestimmt ein besonderes Wochenende."

Frage: "Wie viele Anrufe bekamst du eigentlich am Sonntagabend nach dem Sieg?"
Button: "Es war verrückt! Mein Telefon lief heiß - auch in Japan noch, trotz der Zeitverschiebung. Ich vergaß einmal, es in der Nacht abzuschalten, da klingelte es nonstop durch - wie ein Generator!"

Frage: "Der WM-Titel war immer dein großes Ziel - jetzt noch mehr?"
Button: "Momentan konzentriere ich mich mehr auf nächstes Jahr. Es war einmal klasse, diesen Sieg geholt zu haben - das war ein Ziel des Teams und auch von mir selbst. Jetzt müssen wir für nächstes Jahr planen. Natürlich wäre es schön, noch dieses Jahr einen weiteren Grand Prix zu gewinnen, aber die Konzentration bündelt sich schon für 2007. Wir müssen uns weiter verbessern, denn mit einem starken Winter könnten wir nächstes Jahr ganz gut aussehen."

Honda-Präsident nun ebenfalls besänftigt

Frage: "Durch Ungarn hat die Fragerei aufgehört, wann du endlich einen Grand Prix gewinnen wirst, aber es sind jetzt auch die Leute ruhig, die immer gesagt haben, dass es Honda nie packen wird. Siehst du das auch so?"
Button: "Am Samstag vor dem Rennen war das noch so, denn da hatten wir einen Motorschaden! Das war enttäuschend, denn das Auto fühlte sich wirklich gut an, obwohl wir in Ungarn normalerweise nicht stark sind. Am Samstagmorgen fuhr ich drei Runden mit alten Reifen - und die Pace war fantastisch. Dann machte es einen Knall und der Motor war hinüber. Takeo Fukui von Honda war auch in Ungarn. Ich habe mich mit ihm unterhalten, was großartig war - und am nächsten Tag habe ich dann gewonnen! Er lernte also beide Seiten der Medaille kennen. Jetzt realisiert er, dass wir motorenseitig noch nicht stark und zuverlässig genug sind, genau wie mit dem Auto."

"Als Team haben wir aber am Sonntag den besten Job gemacht und den Sieg geholt. So etwas passiert nicht oft, denn wir müssen an Auto und Motor arbeiten, die Zuverlässigkeit verbessern und schneller werden, dann gelingt uns so etwas in Zukunft hoffentlich öfter."

"Als Team haben wir am Sonntag den besten Job gemacht." Jenson Button

Frage: "Es muss schön sein, jetzt in die Box zu kommen und die glücklichen Jungs zu sehen, nicht wahr?"
Button: "Ja, ganz genau. Nach dem Rennen habe ich einige TV-Bilder gesehen. Speziell unsere Japaner haben sich die Augen ausgeweint vor Freude! Sogar Aliastair (Gibson; Anm. d. Red.), unser Chefmechaniker, war gerührt. Außerdem wurde zum ersten Mal die japanische Hymne gespielt, denn in den 60er-Jahren war das noch nicht so."

Frage: "Viele Leute kannten die Hymne ja gar nicht..."
Button: "Stimmt. Mir ging es ja auch so!"