• 14.06.2006 16:10

  • von Adrian Meier

Brundle: WM-Kampf ist noch nicht entschieden

Der frühere Formel-1-Pilot glaubt, dass im Kampf um die Weltmeisterschaft eine Wende noch möglich ist - Silverstone-Rennen bot zu wenige Überholmanöver

(Motorsport-Total.com) - Mit seinem fünften Saisonsieg im achten Rennen konnte Fernando Alonso in Silverstone seinen Vorsprung in der Fahrerweltmeisterschaft um weitere zwei Zähler ausbauen und liegt nun insgesamt 23 Punkte vor Michael Schumacher, seinem schärfsten Konkurrenten im Kampf um die Weltmeisterschaft. Der Abstand ist damit bereits derart groß, dass Alonso bei allen noch ausstehenden zehn Rennen jeweils zweite Plätze genügen würden, um sicher Weltmeister zu sein.

Titel-Bild zur News: Martin Brundle

Laut Martin Brundle ist eine Wende im WM-Kampf noch möglich

Dennoch hat Schumacher den Kampf um den Titel noch lange nicht aufgegeben, und auch Martin Brundle, früher selbst in der Formel 1 aktiv, glaubt nicht, dass bereits alles entschieden ist: "Alonso müsste nur in den nächsten beiden Rennen einmal ausfallen, und schon ist alles wieder offen. Er ist nicht so weit vorne weg", erklärte der Brite gegenüber 'ITV'. "Man muss sich nur etwas Pech vorstellen, Schwierigkeiten mit der Zuverlässigkeit in zwei oder drei Rennen, dass er über einen Nachzügler stolpert oder einen Startunfall."#w1#

Langweiliges Rennen aufgrund weniger Überholmanöver

Doch auch wenn Schumacher und Ferrari laut Brundle noch nicht aus dem Rennen um die Weltmeisterschaft sind, wird es seiner Meinung nach schwer werden, Alonso noch einzuholen: "Alonso ist möglicherweise derzeit der Beste. Sein Auto ist zuverlässig und schnell", schränkte er ein.

"Sie müssen diese Autos schleunigst ändern, um Überholmöglichkeiten zu schaffen." Martin Brundle

Doch nicht nur in der Gesamtwertung hält sich die Spannung derzeit in Grenzen. Auch das Rennen in Silverstone gehörte laut Brundle zur eher langweiligen Sorte. Zwar sei in den ersten Runden noch relativ viel los gewesen, jedoch waren anschließend die Positionen bezogen: "Um ehrlich zu sein, war das Spektakel des Grand Prix für die Fernsehzuschauer ein wenig enttäuschend, denn die Autos konnten sich nirgendwo nahe genug kommen", beklagte der Brite die sehr wenigen Überholmanöver.

"Die Autos sind in diesem Jahr so schnell. Sie sind im Scheitelpunkt vieler Kurven 20 km/h schneller und drücken das Bremspedal nur vier- oder fünfmal pro Runde. Es gibt keine echten Bremszonen mehr", erläuterte Brundle. "Sie müssen diese Autos schleunigst ändern, um Überholmöglichkeiten zu schaffen. Andernfalls muss man in der Bremszone um zehn Prozent besser sein als der Vordermann, um überholen zu können."

Honda darf nicht aufgeben

"Ich denke, sie haben sich eher einfach nicht verbessert als sich verschlechtert." Martin Brundle

Derzeit gibt es vor allem dann Überholmanöver, wenn Piloten mit an sich guten Autos aufgrund eines verpatzten Qualifyings oder einer Strafversetzung vom Ende des Feldes starten müssen. Auch dieses Phänomen war in Silverstone zu beobachten, als Honda-Pilot Jenson Button nach seinem Pech in der Qualifikation nur von Rang 19 startete, sich in den wenigen Runden bis zu seinem Ausfall jedoch gut nach vorn kämpfen konnte.

Doch auch die begonnene Aufholjagd konnte Honda nicht über ein erneut enttäuschendes Wochenende ohne Punkte hinwegtrösten. Brundle ist jedoch davon überzeugt, dass Honda wieder besser in Form kommen wird: "Sie müssen sich jetzt einfach zusammenreißen, als Team zusammenarbeiten, aneinander glauben und konzentriert wieder auf die Strecke gehen", forderte der Brite das japanische Team auf. "Ich denke, sie haben sich eher einfach nicht verbessert als sich verschlechtert", vermutete er. "In der Formel 1 entwickelt sich alles so schnell, dass Stillstand fast gleichbedeutend mit einer Verschlechterung ist." Das Team dürfe nun jedoch vor allem nicht aufgeben.

Ist Hamilton für McLaren-Mercedes ein zu großes Risiko?

"Das wäre ein richtiges Glücksspiel für McLaren und Lewis." Martin Brundle

Im Zuge der anhaltenden Erfolglosigkeit seines Landsmannes Button im Honda machte sich auch Brundle Gedanken über einen möglichen Aufstieg von Nachwuchstalent Lewis Hamilton, mahnte McLaren-Mercedes jedoch in jedem Fall zur Vorsicht: "Es könnte einen Platz bei McLaren geben. Das wäre aber ein richtiges Glücksspiel für McLaren und Lewis. Das erste Jahr im Grand-Prix-Sport gegen Alonso und mit einem 300 Millionen-Euro-Team hinter sich ist eine große Aufgabe. Das ist sehr schwierig, wenn man dann erst 22 Jahre alt ist. Sie müssen einfach vorsichtig sein", meinte Brundle.

Jedoch habe er keine Zweifel daran, dass Hamilton in der Formel 1 andocken wird: "Er wird in der Startaufstellung sein. Da bin ich mir absolut sicher. Ob er allerdings bei McLaren fahren wird oder nicht, das ist ein kalkuliertes Glücksspiel für beide Seiten." Damit unterstrich Brundle auch Bedenken von McLaren-Mercedes-Teamchef Ron Dennis, der jüngst die Befürchtung äußerte, dass ein Einstieg Hamiltons bei den "Silberpfeilen" möglicherweise einen zu großen Druck für den 21-Jährigen bedeuten würde.