Brawn: "Womöglich nicht die richtige Entscheidung"
Der Mercedes-Teamchef im Gespräch mit den Medien über die Probleme im Qualifying und die Entwicklungsarbeit am diesjährigen Auto
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Sind Sie mit Michael zufrieden?"
Brawn: "Wir hatten mit beiden Autos gestern einen guten Tag. Wir waren mit der generellen Leistung zufrieden. Heute Morgen waren wir auch ganz zufrieden, auch wenn wir mit Nico wegen eines Problems mit der Kupplung eine kurze Einheit hatten."

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Ross Brawn ist enttäuscht: Im Qualifying gab es einen herben Dämpfer
"Als die Temperaturen am Nachmittag nach oben gingen, schienen wir in der Hackordnung dramatisch nach hinten zu rutschen. Mit Michael probierten wir sowohl den härteren als auch den weicheren Reifen aus."
"Im zweiten Qualifying-Durchgang war er mit dem weicheren Reifen unglücklich. Wir dachten aus diesem Grund, dass es ein guter Schachzug wäre, wenn wir auf den härteren Reifen zurückgehen würden. Aber auch das hat nicht geholfen. Wir haben wirklich damit zu kämpfen, unter Qualifying-Bedingungen mit wenig Benzin das Maximum aus den Reifen zu holen."#w1#
Frage: "Haben Sie das Gefühl, dass Michael etwas mehr zu kämpfen hat als erwartet?"
Brawn: "Nico hat zwei Sätze weiche Reifen verwendet, das war womöglich die richtige Entscheidung. Wir waren über den ersten Versuch auf den weichen Reifen von Michael enttäuscht, aus diesem Grund gingen wir auf den harten zurück. Das war womöglich nicht die richtige Entscheidung. Es hätte Michael wohl geholfen, wenn er wie Nico auf den weicheren Reifen geblieben wäre."
Frage: "Ist das Problem, dass Sie die Vorderreifen nicht zum Arbeiten bewegen können?"
Brawn: "Das ist ein Balance-Problem. Es ist wohl so, dass wir mit viel Benzin an Bord und bei kühleren Temperaturen sowohl die Reifen hinten als auch die Reifen vorne gleichzeitig zum Arbeiten bekommen. Das Problem ist, dass die Hinterreifen schneller kommen, weswegen sie Untersteuern bekommen."
"Wir haben einfach Probleme damit, die Vorderreifen und Hinterreifen gleichzeitig zum Arbeiten zu bekommen. Der Wechsel der Bedingungen scheint uns aus dem Tritt gebracht zu haben. Das ist sehr frustrierend, denn wir wissen, dass unsere Zeiten mit viel Benzin an Bord gestern zu den schnellsten gezählt haben."
"Natürlich sorgt das Gewicht des Benzins dazu, dass mehr Energie in die Reifen fließt, was man zum Arbeiten benötigt. Obwohl es gestern kühler war, waren wir aufgrund der vollen Tanks zufrieden."
Frage: "Was denken Sie über die Situation bei Hamilton, als dieser für die letzte Runde im Qualifying zu wenig Benzin hatte?"
Brawn: "Ich kenne nicht die Gründe dahinter, deswegen fällt es mir schwer, diesbezüglich einen Kommentar abzugeben. Aber wir dürfen natürlich nicht in eine Situation kommen, in denen allen Autos in der letzten Runde das Benzin ausgeht und sie alle auf der letzten Runde stehen bleiben, nur weil man möglichst leicht sein möchte. Ich kenne aber nicht die Hintergründe, deshalb ist es für mich schwierig, das zu kommentieren."
Frage: "Es ist das erste Mal, dass wir Fahrer haben, die von vorne mit unterschiedlichen Reifen starten..."
Brawn: "Ich denke, die größte Frage ist es, ob wir das Rennen auf einem Stopp durchfahren können. In Bezug auf die Reifen sieht das im Moment unwahrscheinlich aus. Aber vielleicht wird es möglich, wenn die Strecke wärmer wird und mehr Gummi auf ihr liegt."
"Wenn man das Rennen nicht mit einem Stopp durchfahren kann, ist es die Frage, ob man versucht, den schwachen Reifen am Anfang gleich los zu werden, oder ob man versucht, ihn am Ende einzusetzen. Ich denke, es gibt für beide Taktiken starke Argumente."
"Wir werden sehen, wie sich das Rennen entwickelt. Auch wenn wir über unsere Leistung im Qualifying enttäuschten, denke ich, dass wir im Rennen noch jede Menge Potenzial haben. Wir sind mit unserer Leistung des Autos mit viel Benzin an Bord zufrieden, wir können im Rennen gut mitkämpfen."
Frage: "Was sind die Risiken bei den beiden unterschiedlichen Reifen-Wahlen?"
Brawn: "Der weiche Reifen wird an einem Punkt Graining zeigen. Die Frage ist, ob man das Rennen so längere Zeit fahren kann. Wenn man an die Box kommt, um auf den härteren Reifen zu wechseln, wird man wohl schneller sein als die Fahrer, die auf dem harten Reifen draußen geblieben sind und kann aufholen."
"Die Frage ist dann, was diese Fahrer machen. Kommen sie an die Box und wechseln auf einen weiteren Satz harte Reifen, oder wechseln sie an einem Punkt des Rennens auf den weichen Reifen, und gehen für die letzte Hälfte wieder auf den harten zurück? Das wird alles davon abhängen, wie gut die Reifen halten. Vielleicht wird die Temperatur helfen. Wenn wir einen warmen Tag haben, wird es definitiv weniger Graining geben."
Frage: "Haben Sie hier die Auswirkungen des F-Ducts verstärkt gesehen?"
Brawn: "Wir wissen, was das System bringt. Es bringt noch nicht das, was wir wollen. Wir arbeiten weiter daran. Wir sind noch nicht auf dem Level, von dem wir wissen, dass man ihn erreichen kann."
Frage: "Welchen Fokus hat das Team in diesem Jahr auf die Entwicklung gelegt? Michael hat an diesem Wochenende gesagt, dass man das Hauptaugenmerk bereits auf 2011 gelenkt hat."
Brawn: "Ich denke, dass im Moment natürlich jeder auf das nächstjährige Auto schaut. Aber wir haben für die kommenden Rennen noch ein paar ziemlich wichtige Dinge an diesem Auto zu erledigen. Das wird sich in der zweiten Saisonhälfte bemerkbar machen. Wir werden dieses Auto mit Sicherheit nicht unangetastet lassen."

