• 04.05.2010 17:30

Brawn: Superhirn mit Spezialauftrag

Ross Brawn ist der Mann, der Michael Schumacher zu Erfolgen brachte und wieder bringen will - Zum Ausgleich Rosen züchten und Fliegenfischen

(Motorsport-Total.com/SID) - Er liebt seine Rosenzucht, entspannt sich am liebsten beim Fliegenfischen und behält auch in der größten Hektik immer ganz cool den Durchblick: Ross Brawn ist der Mann, der hinter allen Erfolgen von Formel-1-Rekordweltmeister Michael Schumacher steht und ihn nach der bislang eher holprigen Rückkehr in die Königsklasse mit einem komplett überarbeiteten Mercedes am kommenden Sonntagbeim Großen Preis von Spanien in Barcelona wieder in die Erfolgsspur bringen will.

Titel-Bild zur News: Ross Brawn (Teamchef), Michael Schumacher

Ross Brawn und Michael Schumacher haben sieben Titel miteinander geholt

"Der Start der Europasaison ist die erste Gelegenheit, mit einem deutlich geänderten Auto anzutreten. Neben einem größeren Aerodynamik-Paket sowie Änderungen an der Verkleidung haben wir den Radstand modifiziert. Dadurch verbessern sich Handling und Gewichtsverteilung", beschreibt der Mercedes-Teamchef seinen Spezialauftrag, über den er in den letzten Wochen rund um die Uhr gegrübelt hat.#w1#

Die Änderungen sollen dem Silberpfeil das Untersteuern abgewöhnen, das Schumacher viel weniger mag als Teamkollege Nico Rosberg. Der hatte den siebenmaligen Champion bislang deutlich im Griff und ist mit 50 Punkten immerhin Zweiter der WM-Gesamtwertung.

"Ich kannte Schumacher als Gegner bei Sportwagenrennen und wusste: Der ist speziell" Ross Brawn

Was Schumacher braucht, um schnell zu fahren, weiß Brawn aus langjähriger gemeinsamer Erfahrung. Bei Benetton stellte er als technischer Direktor dem jungen Kerpener das passende Auto für die ersten beiden WM-Titel 1994 und 1995 hin. Ende 1996 folgte er Schumacher zu Ferrari und formte dort das Dream Team, das von 1999 bis 2004 sechsmal in Folge die Konstrukteurs-WM und mit Schumacher von 2000 bis 2004 fünf Fahrertitel gewann.

"Ich kannte Schumacher als Gegner bei Sportwagenrennen und wusste: Der ist speziell", sagte Brawn im Formel-1-Sonderheft von 'auto, motor und sport' über den ersten Kontakt der beiden bei Benetton. So speziell, dass der Vollblut-Rennfahrer später auch Brawns gewagteste Renn-Strategien erfolgreich umsetzte. Wie zum Beispiel beim legendären Vier-Stopp-Rennen 2004 in Magny-Cours oder in Budapest 1998, als Brawn Schumacher anwies, in 18 Runden mehr als 20 Sekunden Vorsprung herauszufahren, um nach dem folgenden Boxenstopp in Führung zu bleiben.

Gemeinsam mit Schumacher kehrte Brawn dann Ende 2006 der Formel 1 vorerst den Rücken, wobei der heute 55-Jährige seine Auszeit von vornherein als vorübergehend bezeichnet hatte. Ein Jahr später kehrte er als Teamchef bei Honda zurück und traf nach nur einem Rennen 2008 eine folgenreiche Entscheidung. "Als ich kam, war das 2008er Auto bereits fertig konzipiert. Da wir merkten, dass mit dem Auto nicht viel zu erwarten war, haben wir früh die Entwicklung gestoppt und uns voll auf das 2009er Auto konzentriert", sagte Brawn.

"Es war kein Ego-Trip, dass mein Name auf dem Auto stand." Ross Brawn

Dieses Auto, mit dem legendären Doppel-Diffusor bis an den Rand der Legalität konzipiert, führte Jenson Button im vorigen Jahr zum WM-Titel und brachte auch den Namen Brawn als Konstrukteurschampion in die Rekordbücher. Denn nach dem Ausstieg von Honda Ende 2008 hatte der in Manchester geborene Brite, der zunächst als Ingenieur in der britischen Atomenergiebehörde arbeitete und sich dann seine ersten Sporen in der Formel 1 bei March, Williams, Lola-Haas und Arrows verdiente, den Rennstall kurzerhand selbst übernommen.

"Es war kein Ego-Trip, dass mein Name auf dem Auto stand. Die Rechtsabteilung machte den Vorschlag", sagte Brawn, der aber "stolz darauf" ist, "dass wir das einzige Team in der GP-Historie sind, das in seinem ersten Jahr beide Titel gewonnen hat".

Als nach dem Verkauf des Teams an Mercedes Button zu McLaren abwanderte, war plötzlich auch der Weg für Schumachers Comeback frei. Nach Buttons Abgang "hatte ich das moralische Recht, Michael ein echtes Gespräch anzubieten", sagt Brawn. Der Rest ist bekannt, das Ziel der beiden auch: weitere gemeinsame WM-Titel.