• 22.11.2017 15:40

Boxenstopps 2017: Mercedes-Crew liefert die beste Arbeit ab

Mercedes hat in der Formel-1-Saison 2017 die beste Arbeit bei den Boxenstopps abgeliefert - Dafür gab es für die Silberpfeile nun auch erstmals eine Auszeichnung

(Motorsport-Total.com) - Es gibt wahrscheinlich kein besseres Beispiel dafür, dass die Formel 1 eine Mannschaftssportart ist, als den Boxenstopp. Die Crews schwirren um ihre Autos; binnen Sekundenbruchteilen entsteht ein Zusammenspiel aus Bewegung, Teamwork und absoluter Präzision. Und in diesem Jahr hat sich die Mercedes-Mannschaft als die beste im Feld erwiesen und zum ersten Mal den Fastest-Pit-Stop-Award gewonnen.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Besser als die Mercedes-Crew hat in dieser Saison niemand gearbeitet Zoom

Die Auszeichnung wurde 2015 eingeführt und belohnt außergewöhnliches Teamwork und die Leistung der konstantesten Boxencrew im Verlauf einer Formel-1-Saison. Es ist eine Anerkennung für die Helden im Hintergrund, die für diese wichtigen, rennentscheidenden Stopps verantwortlich sind.

Dies wäre ohne den enormen Einsatz der Boxenmannschaft sowie den gemeinsamen Vorstoß des Teams, seine Ausrüstung und Abläufe im Verlauf der vergangenen Jahre immer weiterzuentwickeln und zu verbessern, niemals möglich gewesen. Mercedes' Ziel dabei war, die konstantesten Stopps in der Formel 1 zu erreichen. Denn was bringt ein einmaliger Zwei-Sekunden-Stopp, wenn alle anderen drei Sekunden dauern? Bei einem perfekten Boxenstopp geht es nicht um eine Rekordjagd, sondern um Konstanz.

Die Grundlagen für den Gewinn des Awards wurden in den Wintermonaten gelegt. Das Training für die neue Saison begann unmittelbar nachdem das Rennteam aus der Weihnachtspause zurückgekehrt war. Drei Programme mit 20 Boxenstopp-Übungen pro Woche brachten die Crew wieder in Schwung.

Gute Vorbereitung ist entscheidend

An jedem Wochenende absolviert die Crew von Donnerstag bis Samstag täglich 15 Stopps. Darauf folgen am Sonntagvormittag fünf oder mehr letzte Checks der Ausrüstung. Ein Rennen vor dem Saisonende hat das Team in diesem Jahr bereits erstaunliche 891 Boxenstopp-Übungen absolviert.

Dazu gehören 70 Wechsel der Fahrzeugnase - zwei davon unter Rennbedingungen. In Mexiko benötigte die Mannschaft nur 9,1 Sekunden, um die beschädigte Fahrzeugnase am Auto von Lewis Hamilton zu wechseln und einen kaputten Reifen zu ersetzen. Und schon konnte er sich auf dem Weg zum Titelgewinn wieder auf die Jagd nach Sebastian Vettel machen.

Ein Doppelstopp, wenn Hamilton und Teamkollege Valtteri Bottas in der gleichen Runde hintereinander an die Box kommen, ist ein weiterer Moment, in dem ein hoher Druck auf dem Team lastet. In diesem Jahr war dies fünfmal der Fall, also bei insgesamt zehn Stopps. Zusammen mit der Fünf-Sekunden-Strafe für Hamilton in Bahrain und dem Zwischenfall mit der Cockpitumrandung in Baku sind das jede Menge Stopps.


Fotostrecke: FIA-Fast-Facts Abu Dhabi

Das hohe Wettbewerbsniveau der vergangenen Jahre hat alle Teams dazu gezwungen, die Messlatte höher zu legen. Wenn jedes Team regelmäßig niedrige Zwei-Sekunden-Stopps anpeilt, liegt umso mehr Druck darauf, schnell zu arbeiten. Gleichzeitig treibt es die Weiterentwicklung der Teams an. Da die Abstände von Jahr zu Jahr geringer werden, ist es umso wichtiger, konstante und saubere Stopps abzuliefern.

Mercedes macht den konstantesten Job

Das war die Aufgabe für die Mercedes-Crew in der Saison 2017. Das Team erzielte mit Hamilton in Spa einen blitzschnellen Stopp mit 2,35 Sekunden Standzeit. Den schnellsten Boxenstopps des Jahres absolvierte die Williams-Mannschaft bei Felipe Massa in Silverstone in 2,02 Sekunden.

Bei bislang 49 Stopps in 19 Grands Prix haben die Silberpfeile in dieser Saison beeindruckende neunmal die schnellste Gesamtzeit in der Boxengasse erzielt. Hinzukommen sechs Bestwerte bei den Standzeiten. Noch beeindruckender ist jedoch, dass das Team zwölfmal in dieser Saison die beste Durchschnittszeit für beide Autos in der Boxengasse erzielt hat.

Ebenso bemerkenswert ist, dass das Team 17-mal in den Top 3 der Durchschnittszeiten platziert war. Damit verpassten sie diese nur zweimal, nämlich in China und Bahrain. Beide Male waren fehlerhafte Ausrüstungsgegenstände dafür verantwortlich. Anders ausgedrückt: Kein Team war 2017 in der Boxengasse konstanter. Bei den Standzeiten während der Rennen führt Mercedes das Feld mit einem Median von 2,7 Sekunden und einem Mittelwert von 2,55 Sekunden über das Jahr hinweg an.


Fotos: Lewis Hamilton: Weltmeister-Empfang bei Mercedes


Red Bull war im Durchschnitt die zweitschnellste Mannschaft. Das Team aus Milton Keynes erzielte einen Median von 2,8 Sekunden und einen Mittelwert von 2,7 Sekunden. Williams erreichte in Silverstone die schnellste Standzeit, aber der Median für alle ihre Stopps im Verlauf der Saison ist 2,9, bei einem Mittelwert von 2,75 Sekunden. Damit belegen sie Platz drei in dieser Wertung.

Enge Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten

Wie eng der Kampf um die Bestzeit in der Boxengasse in diesem Jahr war, lässt sich daran ablesen, dass der Median für alle zehn Teams vor dem letzten Rennwochenende 3,1 Sekunden beträgt, der Mittelwert sind 2,9 Sekunden. Ferrari belegte knapp hinter Red Bull Platz vier und Haas stach Toro Rosso im Duell um Platz fünf aus. Aber beide Teams waren nah am Durchschnittswert dran.

Dabei gilt es zu bedenken, dass diese Leistungen unter sehr hohem Druck abgeliefert werden. In der Formel 1 ist dies allgegenwärtig, aber wenn die Autos an der Spitze liegen, kann man mit einem Fehler alles verlieren. Ein vermasselter Boxenstopp schreibt stets Schlagzeilen, aber einem sauberen Stopp wird selten Beachtung geschenkt - außer er bringt ein Auto direkt vor einen Gegner. Aber selbst dann wird fast schon vorausgesetzt, dass der Stopp gut verläuft.

Auf der Suche nach Spitzenleistungen können Fehler unterlaufen - ebenso wie Defekte an Ausrüstungsgegenständen, wie sie das Mercedes-Team in China und Bahrain erlebte. Zum Glück arbeitet die Crew eng mit der Strategie-Abteilung und dem Designbüro zusammen und wird von diesen unterstützt.


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Die vorderen und hinteren Wagenheber werden zum Beispiel alle im Haus entworfen. Und sollte einer davon versagen, wie es in China der Fall gewesen ist, wird dies genauso ernst genommen wie bei einem Teil des Autos. Jeder einzelne Stopp trägt zur Lernkurve bei. Jedes einzelne Teammitglied hat einen Anteil am Ablauf des Stopps und sie alle geben ständig Feedback für die Datenanalysen, die vom Strategieteam durchgeführt werden.

Stopps entscheiden oft über Sieg und Niederlage

Am deutlichsten zu erkennen war dieser Lern- und Entwicklungsprozess bei den absolut gegensätzlichen Rennen in Italien und Singapur. Monza war eine super Mannschaftsleistung, an deren Ende Hamilton und Bottas einen viel umjubelten Doppelsieg in der Heimat von Ferrari erzielten. Bei den Boxenbesuchen erzielte die Crew die zwei schnellsten Stoppzeiten in 2,33 und 2,15 Sekunden.

In Singapur stand die Silberpfeil-Boxencrew unter einem enormen Druck, um von dem Ausfall der beiden Ferrari-Fahrer nach deren Startunfall zu profitieren. Als Hamilton als Führender vor dem angriffslustigen Daniel Ricciardo an die Box kam, fertigten die Jungs ihn in 2,27 Sekunden ab. Die Red-Bull-Jungs waren schnell, aber die Crew in Schwarz war noch schneller und Hamilton ging wieder als Führender auf die Strecke und sollte diese nicht mehr abgeben.

Nach einer langen Saison ist diese Auszeichnung für die Crew sicherlich das Tüpfelchen auf dem I. Das gilt natürlich besonders für all jene, die in den vergangenen Jahren hart gearbeitet haben, um sicherzustellen, dass das Team die konstantesten Boxenstopps in der Formel 1 erzielt.


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Jeder in der Boxengasse möchte diese Auszeichnung gewinnen und in einem so hart umkämpften Umfeld werden die besten Fünf oder Sechs alles geben, um sich 2018 die Krone zu sichern. Man kann davon ausgehen, dass jede Crew Vollgas geben wird, um über den Winter noch einmal 0,2 Sekunden von ihrer durchschnittlichen Zeit wegzufeilen.