• 03.08.2007 17:10

Berger: "Es war an der Zeit, Maßnahmen zu ergreifen"

Gerhard Berger erklärt, wie es zu seinem "Deppen"-Zitat kommen konnte, spricht auch über Sebastian Vettel, Spionage und den Freitag in Ungarn

(Motorsport-Total.com/Premiere) - Frage: "Gerhard, Glückwunsch, Sebastian Vettel gilt in Deutschland als eines der absoluten Supertalente. Wie hast du es angestellt, ihn zu bekommen?"
Gerhard Berger: "Er hat heute einen guten Job gemacht für den ersten Tag, wenn man bedenkt, dass er noch nie im Auto gesessen ist. Der erste Tag war Pedale aussortieren, Sitz zurechtmachen - man hat wenig Zeit, sich auf die Arbeit zu konzentrieren. Unter diesen Umständen hat er einen hervorragenden Job gemacht."

Titel-Bild zur News: Gerhard Berger

Steht zu seinem "Deppen"-Zitat: Gerhard Berger vom Toro-Rosso-Team

Frage: "Er landete auch nur ganz knapp hinter Vitantonio Liuzzi. Hat er sich dafür schon den Ritterschlag verdient?"
Berger: "Nein, das glaube ich nicht. Am Freitag gilt es bei uns wirklich, das Auto für Sonntag abzustimmen. Wir fahren unter unterschiedlichen Umständen. Da direkt Schlüsse draus zu ziehen, wäre falsch. Sebastian ist heute viele Runden gefahren, hat keine Fehler gemacht, hat gute Aussagen gemacht und hat ganz normal gearbeitet, als wenn er schon lange im Team wäre, und das ist das Wichtigste."#w1#

Vettel war "auf Urlaub" bei BMW

Frage: "Gehört er jetzt eigentlich Toro Rosso oder BMW?"
Berger: "Er war kurz auf Urlaub bei BMW, aber in der Zwischenzeit ist er wieder bei Red Bull (lacht; Anm. d. Red.)!"

"Ja, ich habe das gesagt - aus einer Laune heraus, wie man so etwas halt sagt." Gerhard Berger

Frage: "Man kennt dich als einen Mann deutlicher Worte, aber viele haben gezuckt bei deinem Zitat: 'Unsere Fahrer sind halt deppert!' Damit waren Scott Speed und Vitantonio Liuzzi gemeint. Hast du das wirklich so gesagt?"
Berger: "Ja, ich habe das gesagt - aus einer Laune heraus, wie man so etwas halt sagt. Das war aber nicht für die Zeitung bestimmt. Ein Journalist hat gemeint, er muss das unbedingt drucken, daher ist das so rausgekommen, was eigentlich keine Absicht war. In der Hitze des Gefechts, wenn man wie wir am Nürburgring binnen zwei Runden zwei Autos verliert, rutscht einem halt das eine oder andere raus. Das hat aber nichts damit zu tun, dass zwischen Scott Speed und dem Team schlechte Stimmung entstanden ist. Wir waren ganz einfach mit der Performance nicht zufrieden, schon das ganze Jahr nicht, und es war an der Zeit, Maßnahmen zu ergreifen. Daher Sebastian Vettel."

Frage: "Es kostet ja auch Geld, zwei Autos zu einem Rennen zu bringen, und wenn dann Fehler passieren, ist das ärgerlich..."
Berger: "Fehler passieren immer, das weiß ich aus meiner eigenen Erfahrung - gerade am Nürburgring bei so schwierigen Verhältnissen. Von der Seite her möchte ich auch Scott Speed in Schutz nehmen. Das Problem war nur: Es passieren schon das ganze Jahr ständig Fehler. Wir kämpfen und schauen, dass wir irgendwie zu dem ersten Punkt kommen. Gerade solche Umstände sind unsere Chance, aber wenn man dann in der zweiten oder dritten Runde beide Autos verloren hat, ist man natürlich stinksauer."

Frage: "Sebastian Vettel ist Toro Rossos Zukunft, aber was ist mit Vitantonio Liuzzi?"
Berger: "Er hat noch alle Chancen, uns zu zeigen, wie gut er ist. Warten wir ab."

Frage: "Du bist am Donnerstag in Budapest in einem 1984er-McLaren von Niki Lauda über die Kettenbrücke gefahren. Hat es Spaß gemacht?"
Berger: "Es hat richtig Spaß gemacht, es war ein wunderschöner Red-Bull-Event mitten in der Stadt. Für mich hat natürlich Ungarn sehr große Bedeutung, denn für mich war es hier immer ein zweiter Heim-Grand-Prix. Viele ungarische Fans waren da - und da noch einmal zurückzukommen und in einem Formel-1-Auto zu sitzen, das hat Spaß gemacht!"

Frage: "Es ist ja der Heim-Grand-Prix der Österreicher hier..."
Berger: "Wir haben schon selbst auch einen gehabt, aber in der Zwischenzeit ist das unser nächster Grand Prix. Es kommen auch viele Österreicher hierher auf diese Strecke. Ich bin seit 1986, seit dem ersten Rennen, immer hier gewesen. Es ist schon interessant, wie sich die Stadt entwickelt hat, wie sich das ganze Umfeld entwickelt hat. Ich glaube, es ist ein schöner Grand Prix."

Kein Kommentar zum Spionageskandal

Frage: "Du bist früher für McLaren und Ferrari gefahren. Alles spricht über den Spionageskandal. Wer hat deiner Meinung nach den Miesepeter?"
Berger: "Ich glaube nicht, dass es notwendig ist, dass ich auch noch meinen Senf dazugebe. Es haben schon tausende Leute ihre Meinung abgegeben. Es gibt die FIA, die von uns aus zuständig ist, die Fakten zu prüfen und schlussendlich festzulegen, ob jemand gegen die Regeln verstoßen hat. Es wäre natürlich unerfreulich, wenn diese Geschichten wirklich stattgefunden haben, wie sie momentan diskutiert werden, aber ich glaube, es ist der falsche Moment, um sich darüber den Kopf zu zerbrechen."

"Ich glaube, das gehört zur Formel 1 dazu." Gerhard Berger

Frage: "Glaubst du, dass der Spionagefall der Formel 1 schadet?"
Berger: "Ich glaube, dass es fast jedes Jahr irgendwelche Diskussionen gibt. Einmal ist ein Spionagefall, einmal hat wer was von wem andren abgeschaut. Ich glaube, das gehört zur Formel 1 dazu. Manchmal ist es erfreulich, manchmal ist es nicht so erfreulich. Wichtig ist, dass wir tolle Rennen sehen, und wenn wir zurückschauen auf das letzte Rennen am Nürburgring, dann sind die Fans wirklich auf ihre Rechnung gekommen. Hoffentlich kommt es hier genauso."

Frage: "Abschließend noch: Wer wird hier am Hungaroring die Nase vorne haben? Heute haben sich ja Lewis Hamilton und Felipe Massa gedreht."
Berger: "Zuerst einmal muss man sagen, dass die Strecke bekannt dafür ist, in Dreher zu verwickeln - einen halben Meter neben der Ideallinie, schon ist man draußen. Das ist hier seit 20 Jahren so. Man hat genau gesehen: Hamilton ist im Windschatten ein bisschen von der Strecke abgekommen, hat sich gedreht, genauso der Ferrari. Das sind normale Freitagserscheinungen, die ich nicht überbewerten würde."

Frage: "Und was kann Sebastian Vettel erreichen?"
Berger: "Ich glaube, dass er nur seine Arbeit so fortsetzen muss, wie er sie heute begonnen hat. Er hat vom Team überhaupt keinen Druck. Wir wissen, er ist langfristig bei uns. Er wird sich entwickeln. Wenn er am Wochenende ein gutes Rennen hat, dann super, und wenn nicht, dann wird er am nächsten Rennwochenende zeigen, wie gut er ist."