• 10.11.2010 14:57

Allison: "Seit Bahrain um zwei Sekunden verbessert"

Renault-Technikchef Allison kann sich an keine Saison erinnern, in der so effizient entwickelt wurde - Doch womit machte man die größten Fortschritte?

(Motorsport-Total.com) - Für Renault sah es nach dem tollen Saisonstart sogar so aus, als könnte man Mercedes in der Konstrukteurs-WM attackieren. Doch nach einem Zwischenhoch durch die Einführung des sehr effektiven F-Schacht-Systems trat man zuletzt etwas auf der Stelle. In Brasilien reichte es für Robert Kubica bloß für Rang neun, Teamkollege Vitaly Petrov blieb in den vergangenen fünf Rennen punktelos. Somit liegt man nun vor dem Finale 57 WM-Zähler hinter Mercedes auf Platz fünf, wo man die Saison auch beenden wird.

Titel-Bild zur News: Robert Kubica

Enormer Fortschritt: Der Renault R30 wurde 2010 immer schneller

Dennoch stellt Renaults Technikchef James Allison fest: "Ich kann mich an keine Saison erinnern, in der wir mehr entwickelt haben als dieses Jahr." Damit spricht er nicht unbedingt die Quantität, sondern vor allem die Qualität an: "Ich weiß nicht, ob die Anzahl der Upgrades in dieser Saison die Höchste ist, die wir je erreicht haben. Doch der Gewinn in der Rundenzeit ist mit Sicherheit der größte, an den ich mich erinnern kann."

Doch kann man diesen Gewinn auch in Zahlen beziffern? Das Renault-Team hat durch Simulationen herausgefunden, dass es sich hierbei um rund zwei Sekunden pro Runde handelt. Ein beträchtlicher Wert, zumal man bedenken muss, wie eng das Feld abgesehen von den neuen Teams in dieser Saison beisammen liegt. Ohne Weiterentwicklung wäre man also hoffnungslos zurückgefallen.

Der Entwicklungs-Wahnsinn in Zahlen

Die größten Entwicklungssprünge gelangen mit Sicherheit durch die Einführung des angeblasenen Diffusors und durch das F-Schacht-System. Um die wahre Bandbreite der Entwicklungsarbeit zu verstehen, muss man aber auch das Ausmaß berücksichtigen: In dieser Saison brachte Renault zehn Frontflügel-Updates, fünf unterschiedliche Unterböden, zwei Motorabdeckungen und sechs Heckflügel an die Rennstrecken.

Und das bei fast jedem Grand Prix, wie Allison bestätigt: "Das Ziel war es, so viel Leistung wie möglich aus dem Auto herauszuholen. Dadurch mussten wir bei jedem Rennen etwas Neues bringen." Dieser enorme Output wurde durch die massiven Umstrukturierungsmaßnahmen begünstigt. "Die gesamte Fabrik ist zusammengerückt, um das Auto ständig zu verbessern", sagt der Technikchef. "Vom Designbüro bis zur Fertigungsabteilung - darauf bin ich am meisten stolz."

Sogar die Konkurrenz von Renault stellte bald fest: Das Team mit Sitz in Enstone kam den Erfindern des F-Schacht-System mit seiner Variante am nächsten - nur bei McLaren funktioniert der Geniestreich besser, der durch einen Strömungsabriss am Heckflügel die Geschwindigkeit auf der Geraden erhöht. Und das, obwohl man diesbezüglich als letztes Topteam erst beim Grand Prix von Belgien nachrüstete.

Keiner kopierte den F-Schacht so gut wie Renault

"Obwohl wir spät dran waren, sind wir sehr stolz darauf, dass es bei uns ab der ersten gezeiteten Trainingssitzung funktioniert hat", bestätigt Allison. "Zudem war es das erste F-Schacht-System, das beim Hauptelement des Heckflügels einen Strömungsabriss verursachte - das vergrößert den Effekt. In Spa hatten wir durch das System einen Gewinn von mehr al seiner halben Sekunde pro Runde."

Dennoch hatte man im Vergleich zu Mclaren einen enormen Nachteil: Während der Bolide von Lewis Hamilton und Jenson Button in seiner Konstruktion auf dem Prinzip des F-Schacht-Systems basiert, musste man diese Entwicklung über das Konzept des Renault-Boliden stülpen. "Den F-Schacht unterzubringen, war sehr schwierig, da man in Betracht ziehen muss, dass der R30 nicht mit so einem Gedanken im Hinterkopf designt wurde", erklärt Allison. "Deswegen mussten wir sehr viele Mühen in dieses Projekt stecken."

Jetzt, wo die Saison kurz vor dem Ende ist, bräuchte das Team eigentlich Zeit, um die Akkus wieder aufzuladen. Doch daran ist nicht zu denken: "Über den Winter müssen wir uns jetzt an die zahlreichen Regeländerungen anpassen - darunter das Verbot des Doppel-Diffusors, die Rückkehr von KERS und die Einführung der Pirelli-Reifen. Daher können wir uns auch in der kommenden Saison auf einen Entwicklungs-Kampf freuen und werden uns hoffentlich weiter bis zur Spitze der Startaufstellung verbessern", hofft der Brite.