• 06.11.2006 18:57

Adrian Sutil: Das fast vergessene Nachwuchstalent

Adrian Sutil könnte 2007 als Rennfahrer für Spyker in der Formel 1 an den Start gehen - Porträt des Münchners, der 2006 in Japan Formel 3 fuhr

(Motorsport-Total.com) - Nachwuchssorgen muss sich PS-Deutschland auch nach dem Rücktritt von Michael Schumacher nicht wirklich machen. Beim letzten Formel-1-Grand-Prix in Suzuka gab zum dritten Mal in diesem Jahr der 23 Jahre alte Adrian Sutil seine Visitenkarte im MF1-Racing-Rennstall ab, der in der kommenden Saison offiziell zum Spyker-Team mutiert. Ganz wie es das Sprichwort will, waren für den Mann aus dem Münchner Vorort, der von unseren Kollegen vom 'emagazine' der 'Credit Suisse' porträtiert wird, aller guten Dinge drei. Der Gastpilot scheint aus dem Heer der Freitagstestfahrer zu den profiliertesten zu gehören.

Titel-Bild zur News: Adrian Sutil

Sutil gilt als eine von Deutschlands viel versprechenden Nachwuchshoffnungen

Er geht dabei einen Weg, der in den frühen 90er-Jahren schon einmal viel versprechend von Heinz-Harald Frentzen, Jacques Villeneuve, Ralf Schumacher, Mika Salo oder Eddie Irvine beschritten wurde: Die Ausbildung in japanischen Rennserien, bei Sutil ist es die dortige Formel-3-Meisterschaft. Vom Wohnsitz unterhalb des heiligen Fuji-Berges aus operiert er in diesem Rennjahr. Im Prinzip holen die Asiaten gerne Piloten aus Europa, aus zweierlei Gründen. Zunächst sollen diese den Einheimischen die nötige Härte und das Know-how im Wettkampf vermitteln, zum anderen zählt es für einen japanischen Piloten ganz besonders, wenn er einen Erfolg über eine "Langnase" erringen konnte.#w1#

Japan-Jahr brachte Sutil in vielerlei Hinsicht weiter

Für lernfähige und -begierige Nachwuchsfahrer aber kann sich die Gastspielreise auszahlen: Indem man den Gegner stark macht, wächst man auch selber, und wer sich in den Nippon-Meisterschaften, deren Fahrbetrieb gelegentlich wirklich an das Schlagwort "Harakiri" erinnert, durchzusetzen weiß, der hat eine perfekte Lehre für den Einsatz in allen anderen Meisterschaften dieser Welt absolviert: "Die Zeit hier in Japan hat mich weitergebracht", glaubt der Rennfahrer.

Zu Sutils Wunschvorstellungen gehört neben einem Cockpit bei Spyker ein permanenter Einsatz in der GP2-Meisterschaft. Aus der japanischen Formel-3-Meisterschaft will er sich standesgemäß mit dem Titel verabschieden, und dann nach Möglichkeit noch das populäre und prestigeträchtige Formel-3-Weltfinale in Macao gewinnen. Kulturell hat er kein Problem mit den Asiaten, aber auch er spürt den großen Nachteil eines jeden, der in Fernost seine Sporen verdient: Er ist bei den europäischen Teamchefs (und den Sponsoren) kaum bekannt. Hätte Sutil ähnlich viele potente Geldgeber, wie er Talent besitzt, dann wäre sein Grand-Prix-Einstieg ein Klacks. Ob auf dem Nürburgring, in Magny-Cours oder in Suzuka - Teamchef Collin Kolles bescheinigte dem Juniorkandidaten stets einen perfekten Job.

Einen Mann mit einer ungewöhnlichen Lebensgeschichte würde die Formel 1 auch ohne die Japan-Abstecher Sutils bekommen. Schließlich verbrachte Sutil seine Jugend zwar mit Flügeln, aber nicht unbedingt mit denen, die im Heck der Rennwagen als Spoiler dienen. Als Sohn eines Uruguayers, der bei den Münchner Philharmonikern die Erste Geige spielte, war Klavierunterricht Pflicht. Nur die Geduld für die ewigen Übungsstunden fehlte ihm, Sutil wollte schneller Karriere machen als als Pianist. Und stieg, um dem Kribbeln im Fuß ein anderes Betätigungsfeld zu geben, von den Pedalen unter dem klassischen Flügel auf die im Renncockpit um. Das Gefühl in den Händen konnte er prima auch am Lenkrad (und bei seinem Hobby Billard) brauchen.

Einstieg über die Schweizer Kartmeisterschaft

So richtig auf Touren kam natürlich auch er im Kart. Vor fünf Jahren feierte er seinen Einstieg in die Europameisterschaft. Der erste Titel folgte in der Saison 2002, als er in der Schweizer Formel-Ford-Meisterschaft im Team SSPT-Racing mit zehn Pole Positions und zehn Siegen in zehn Wertungsläufen eine makellose Bilanz ablieferte. Auf gut Bayerisch ging es weiter, in der deutschen Formel ADAC BMW Meisterschaft folgte ein sechster Gesamtrang, ehe er für den heutigen MF1-Racing-Teamchef Kolles in der Formel-3-Euroserie an den Start ging und im zweiten Jahr Rundenrekorde in Serie aufstellte und Vizemeister des Championates wurde.

Die südamerikanischen und die bayerischen Wurzeln merkt man seiner Fahrweise an, die ganz auf Kampfgeist ausgelegt ist. Die schnelle Auffassungsgabe tut ein Übriges. Aber in einem unterscheidet sich das Dasein eines Pianisten in nichts von dem eines Rennfahrers: Es kommt immer auf das richtige Tempo an.