50 Jahre McLaren: Geht die Erfolgsgeschichte weiter?

Wie ein Neuseeländer mit Visionen eine der größten Motorsport-Erfolgsgeschichten aller Zeiten einleitete und wieso das nächste McLaren-Kapitel entscheidend wird

(Motorsport-Total.com) - Mit dem brandneuen MP4-28 feiert McLaren 2013 ein Jubiläum. Vor 50 Jahren gründete der Neuseeländer Rennfahrer Bruce McLaren den gleichnamigen Rennstall - es sollte einer der erfolgreichsten aller Zeiten werden. Wer den legendären Rennfahrer, der 1970 tödlich verunglückte, kannte, der würde sich heute ob der enormen Erfolge nicht wundern.

Titel-Bild zur News: Jenson Button

Auch bei der Formel-1-Präsentation rührt man für den MP4-12C die Werbetrrommel Zoom

"Das Leben wird in Errungenschaften, nicht nur in Jahren gemessen", philosophierte der damals 27-jährige Formel-1-Pilot 1964, als sein Bastelbuden-Team nicht einmal ein Jahr alt war. Und auch die Art seines Todes sagt viel über die Denkweise des vierfachen Grand-Prix-Siegers aus: Es geschah im britischen Goodwood bei einer Testfahrt in seinem selbstentwickelten Can-Am-Boliden, als er bei Tempo 200 km/h gegen eine Mauer donnerte und aus dem Auto geschleudert wurde. Unfallursache: Bei der Entwicklung war man derart ans Limit gegangen, dass das Auto zu viel Abtrieb erzeugte und die Heckverkleidung weggerissen wurde.

Was danach passierte, war eine beispiellose Erfolgsgeschichte: McLarens Witwe und Teddy Mayer übernahmen den Rennstall, später führten Ron Dennis und der aktuelle Teamchef Martin Whitmarsh das Team weiter. Insgesamt gelangen McLaren bis heute 182 Grand-Prix-Siege - dadurch war kein Team seit dem Debüt in Monaco 1966 erfolgreicher. Den ersten Sieg holte noch der fahrende Teamchef persönlich 1968 in Spa-Francorchamps, der bislang letzten sicherte sich Jenson Button beim Saisonfinale 2012 in Interlagos.

Beeindruckende Erfolgsbilanz

Auch die weiteren Erfolgsdaten von McLaren können sich sehen lassen: 155 Mal startete man aus der Pole-Position, 151 Mal fuhr man die Schnellste Runde. Kein Team schaffte es bisher, 58 Mal in Folge in die WM-Punkte zu fahren. Und noch einen weiteren Rekord stellte McLaren im Vorjahr auf - den für den schnellsten Formel-1-Boxenstopp aller Zeiten: Nur 2,31 Sekunden benötigte die McLaren-Crew bei Button in Hockenheim, um ihn abzufertigen, wodurch der Brite Sebastian Vettel übertrumpfen konnte.

Vom enormen McLaren-Erbe konnte man sich auch bei der Präsentation des MP4-28 im McLaren Technology Center überzeugen: Vor der Enthüllung des neuen Autos wurden die legendären Boliden von Bruce McLaren, Emerson Fittipaldi, James Hunt, Ayrton Senna, Mika Häkkinen und Lewis Hamilton in die vielleicht beeindruckendste Formel-1-Fabrik gefahren. Dazu kam das Le-Mans-Siegerauto aus dem Jahr 1995, der McLaren F1 GTR.

McLaren, Woking, McLaren Technology Center

In der McLaren-Fabrik in Woking wird die Geschichte gelebt Zoom

Doch die 24 Stunden von Le Mans sind nicht das einzige legendäre Rennen neben der Formel 1, wo McLaren erfolgreich war. In der US-amerikanischen Can-Am-Serie holte man von 1967 bis 1971 fünf Titel in Folge, und beim 500-Meilen-Klassiker im "Nudeltopf" von Indianapolis schlug Johnny Rutherford zwei Mal in einem McLaren zu - 1974 und 1976.

Dennis sieht sich nur als ein Kapitel

Und sogar über die Grenzen des Motorsports hinaus hat sich McLaren als Hightech-Schmiede einen Namen gemacht. Mit Technologie aus Woking sicherten sich die britischen Radfahrer, Ruderer, Segler und Kanuten im vergangenen Sommer bei den Olympischen Spielen insgesamt 15 Goldmedaillen - auch beim Design des Fahrrades von Mark Cavendish, mit dem er den WM-Titel holte, hatten Spezialisten von McLaren ihre Finger im Spiel.

"Die Geschichte von McLaren ist lange", sagt der Vorsitzende der McLaren-Gruppe, Ron Dennis, nicht ohne Stolz. "Es ist aber schwieriger, das Erbe von McLaren zu definieren. Das liegt daran, dass es jeden Tag aufs Neue von den engagierten Männern und Frauen geschrieben wird, die im Mclaren Technology Center arbeiten. Bruce McLaren hat den Anfang der Geschichte geschrieben, und die Legende wird noch lange weiterleben. Ich bin nur ein Kapitel, nicht das Buch, und ich will, dass andere Leute hierher kommen und im Laufe der Zeit ihre eigenen Kapitel schreiben."

Ron Dennis

Ron Dennis wollte sich mit den Supersportwagen ein Denkmal setzen Zoom

Sind Enzo Ferraris Schuhe zu groß?

Doch auch das Kapitel Dennis ist noch nicht zu Ende. Der pedante Brite machte es sich nach seinem Ausstieg beim Formel-1-Team zum Ziel, McLaren auch als Hersteller von Supersportwagen zu etablieren und eiferte damit dem großen Enzo Ferrari nach. Nicht ohne Folgen, denn dies führte schließlich unter anderem zum Bruch mit Langzeitpartner Mercedes - den Stuttgartnern stieß es sauer auf, dass McLaren auf dem Automobilmarkt plötzlich als Rivale auftritt.

2013 ist das erste Jahr, wo McLaren für die Mercedes-Motoren selbst in die Tasche greifen muss, und auch die Absatzzahlen am Automobilsektor halten sich in Grenzen. Man befindet sich also an einem Scheideweg: Kann sich McLaren als treibende Kraft der Formel 1 an der Spitze halten oder beginnt nun der Rückfall? Das nächste Kapitel in der aufregenden Geschichte von McLaren wird die Antwort geben.