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  • 27.04.2008 23:45

Audi zwischen Groll und Freude

Alexandre Prémat und Mike Rockenfeller wurden durch eine rüde Kollision um den möglichen Monza-Sieg gebracht, führen aber nun in der Fahrerwertung

(Motorsport-Total.com) - Mit einem zweiten Platz beim 1000-Kilometer-Rennen in italienischen Monza haben die beiden Audi-Piloten Mike Rockenfeller und Alexandre Prémat die Führung in der Fahrerwertung der europäischen Le-Mans-Series übernommen. Kurz vor Schluss des turbulenten Langstrecken-Rennens lagen sie mit ihrem Audi R10 TDI sogar in Führung, ehe sie durch eine heftig diskutierte Kollision um die Siegchance gebracht wurden.

Titel-Bild zur News: Mike Rockenfeller

Mike Rockenfeller lag in Führung, bis er unsanft ausgebremst wurde

Wegen einer Undichtigkeit an einem Sicherheitsventil der Kraftstoffzufuhr musste der R10 TDI mit der Startnummer zwei aus der Boxengasse starten. Mit konstant schnellen Rundenzeiten, perfekten Boxenstopps und guter Strategie kämpften sich die beiden Youngster durch das gesamte Feld an die Spitze nach vorne. In der Schlussphase kam es zu einem packenden Duell zwischen Mike Rockenfeller im führenden R10 TDI und Pedro Lamy im Peugeot. Lamy attackierte Rockenfeller vehement, kürzte beim ersten Versuch in der Schikane ab und traf den Audi beim zweiten Versuch am linken Vorderrad. Neun Runden vor dem Ziel musste Rockenfeller deshalb außerplanmäßig die Box ansteuern, um das linke Vorderrad wechseln zu lassen. Das kostete Audi den Sieg.#w1#

Heftig diskutiert und umstritten war die Kollision, weil gegen Lamy wegen Überholens unter gelber Flagge zu diesem Zeitpunkt bereits eine Stop-and-Go-Strafe angekündigt war. Damit wäre der Sieg automatisch in die Hände von Audi gespielt worden.

Trösten durften sich Prémat/Rockenfeller mit der Führung in der Fahrerwertung der LMS. Nach zwei zweiten Plätzen haben sie zwei Punkte Vorsprung auf das Peugeot-Duo Marc Gené/Nicolas Minassian.

Capello/McNish: Kollision gleich am Anfang

Der zweite Audi R10 TDI mit Dindo Capello und Allan McNish verlor in Monza alle Chancen auf den Sieg bereits in der Anfangsphase des Rennens, als Capello bei hoher Geschwindigkeit in eine Kollision verwickelt wurde. Dabei wurde der rechte Hinterreifen seines Audi aufgeschlitzt. Capello hatte das Glück, sich beim vehementen Aufprall auf die Leitplanken nicht zu überschlagen.

Der Italiener überstand den Unfall unverletzt. Und innerhalb von nur vierzehneinhalb Minuten wurde das stark beschädigte Fahrzeug vom Audi-Team Joest repariert. Vom 42. Platz kämpften sich Capello/McNish bis auf Rang fünf nach vorne. Ein Reifenschaden warf sie wenige Minuten vor Rennende noch auf Rang sechs zurück.

Stimmen nach dem Rennen in Monza

Wolfgang Ullrich (Audi Motorsportchef): "Das Rennen war ein ziemlicher Krimi. Wir waren vom reinen Runden-Speed wie schon im Training etwas im Nachteil. Durch schnelle Boxenarbeit, eine sehr gute Strategie und durch den geringeren Kraftstoffverbrauch, den unser TDI Motor hat, konnten wir uns aber immer wieder in Schlagdistanz zu den Peugeot bringen. Zehn Runden vor Schluss lagen wir in Führung, ehe es zur Kollision zwischen den beiden um den Sieg kämpfenden Autos kam. Dadurch ist die Möglichkeit auf den Sieg verloren gegangen."

"Wenn man bedenkt, dass dieses Auto aus der Boxengasse starten musste und kurz vor Schluss sogar in Führung lag, sieht man, dass die Performance insgesamt gut war. Wir konnten hier Druck auf unsere Konkurrenten machen, leider hat sich das Blatt kurz vor Ende gegen uns gewandt. Ein kleines Trostpflaster ist, dass wir nun in der Fahrerwertung in Führung sind - und zwar mit dem Auto, das mit unseren beiden Youngstern besetzt ist. Das ist eine tolle Leistung. Das Fahrzeug Nummer eins, das einen Tick schneller war, wurde leider sehr früh in einen Unfall verwickelt und hat Zeit an der Box verloren. Es konnte sich immerhin noch auf den sechsten Platz nach vorne fahren. Auch das war eine tolle Leistung."

Alexandre Prémat: "Es war ein sehr aufregendes Rennen. Nach dem Problem in der Aufwärmrunde ist 'Rocky' zwei tolle erste Stints gefahren. Auch ich habe alles gegeben, um an den Peugeot dran zu bleiben. Wir hätten das Rennen gewinnen können. Leider hatten wir kurz vor dem Ziel eine Kollision mit dem Peugeot, die aus meiner Sicht unfair war und uns den Sieg gekostet hat. Wir sind immerhin noch Zweite geworden, das ist ein gutes Ergebnis, und wir führen nun in der Fahrerwertung. Das tröstet etwas. Danke an Dr. Ullrich, Ralf Jüttner und das gesamte Audi Sport Team Joest, die einen tollen Job gemacht haben. Ich freue mich schon auf Spa!"

Mike Rockenfeller: "Wir hatten hier eine gute Chance, das Rennen zu gewinnen. Leider gab es ein kleines Missverständnis über Funk. Ich hatte die Info, dass der Peugeot eine Stop-and-Go-Strafe bekommt, nachdem er in der Schikane abgekürzt hat. Er hat mich dann aber wieder vorbeigelassen. Damit war mir eigentlich klar, dass er keine bekommt. Ich wusste natürlich nicht, dass er die Stop-and-Go-Strafe für etwas ganz anderes bekommen sollte. Als er in der nächsten Runde am Ende der Start-Ziel-Geraden wieder außen ankam, habe ich erneut innen die Linie verteidigt. Aber er hat einfach eingelenkt und mir die Felge kaputtgefahren. Ich musste an die Box, dadurch war das Rennen verloren. Das war natürlich schade, denn es hätte der erste Sieg für uns sein können. Immerhin führen wir jetzt die Meisterschaft an. Trotzdem fand ich die Aktion nicht okay. Wir werden uns wehren und beim nächsten Mal richtig angreifen."

Dindo Capello: "Mein Unfall geschah auf der Geraden vor der Parabolica. Ich fuhr hinter drei Autos. Zwei habe ich überholt, das dritte wurde vor mir plötzlich langsamer. Ich habe nach rechts gezogen, sonst wäre ich ihm ins Heck gefahren. Leider war dort Vanina Ickx, und ich habe sie leicht touchiert. Das Auto brach aus, rutschte auf die Wiese, dann flog es durch die Luft. Ich glaube, der Aufprall war der heftigste, den ich je erlebt habe. Ich hatte Glück. Die Mechaniker und das Team haben fantastische Arbeit geleistet - davon können andere Teams lernen. Wir konnten weiterfahren und uns wieder nach vorne kämpfen. Allan war sehr schnell. Es ist schade, dass wir den fünften Platz kurz vor Ende durch einen Reifenschaden verloren haben - und zwar genau in der Runde, als das Safety Car die Lichter ausgeschaltet hat."

Allan McNish: "Leider mussten wir heute erneut eine Aufholjagd zeigen. Ich bin besonders enttäuscht, weil wir ein Auto hatten, mit dem wir das Rennen hätten gewinnen können, auch wenn wir noch immer nicht schnell genug sind. Das Audi Sport Team Joest hat einen unglaublichen Job gemacht, den stark beschädigten R10 TDI nach Dindos Unfall in Rekordzeit zu reparieren. Und nicht nur das: Wir konnten den Rest des Rennens absolut konkurrenzfähige Rundenzeiten fahren. Meine Gedanken sind bei Stéphane Ortelli, der sich über die Schnauze meines Autos hinweg überschlagen hat. Es war ein schockierender Unfall, auf den ich eine erschreckende Aussicht hatte. Ich wünsche ihm eine schnelle und vollständige Genesung."

Ralf Jüttner (Technischer Direktor Joest): "Audi und Peugeot haben erneut ziemlich früh je ein Auto verloren. Wir mussten nach dem Unfall von Dindo Capello das Auto praktisch neu aufbauen - und das ist uns in vierzehneinhalb Minuten gelungen. Das war eine wirklich gute Zeit. Dass dieses Auto noch auf Platz sechs kam, ist eine tolle Leistung des ganzen Teams. Noch toller war die Leistung des Nummer 2-Autos, das etwas langsamer war. Das Team hat Alex (Prémat) und 'Rocky' immer wieder an den Peugeot heran und schließlich in Führung gebracht. Beide fuhren ein fantastisches Rennen. Als die Stop-and-Go-Strafe für den zweitplatzierten Peugeot verhängt wurde, dachten wir, das Rennen in der Tasche zu haben. Was Pedro Lamy anschließend mit 'Rocky' gemacht hat, war nicht korrekt. Wir haben dadurch den Sieg verloren, das ist bitter."