• 24.10.2008 20:51

Ullrichs Höhen und Tiefen 2008

Audi-Sportchef Wolfgang Ullrich im Interview über das Finale, die Saisonbilanz, das Erfolgsgeheimnis der DTM und die große Finanzkrise

(Motorsport-Total.com/sid) - Frage: "Timo Scheider kommt als Spitzenreiter zum DTM-Finale nach Hockenheim. Fährt er auch als Meister wieder nach Hause?"
Wolfgang Ullrich: "Das wünschen wir uns natürlich. Wir haben im Vorfeld des Finales alles dafür getan, Timo auch für dieses Rennen ein siegfähiges Auto hinzustellen - so wie schon während der ganzen Saison. Natürlich braucht man bei einer so engen Ausgangssituation auch etwas Glück. Dieses war uns in diesem Jahr in der DTM leider nicht immer hold."

Titel-Bild zur News: Wolfgang Ullrich

Wolfgang Ullrich erinnert sich gern an den Dreifachsieg beim Saisonauftakt

Frage: "Timo Scheider hat nur noch zwei Punkte Vorsprung vor Paul di Resta. Rechnen Sie mit unfairen Attacken der Mercedes-Rivalen?"
Ullrich: "Davon gehe ich nicht aus. Wir haben eine ähnliche Ausgangssituation vor dem Finale wie im vergangenen Jahr. Und auch damals haben wir ein sportlich sauberes Finale erlebt."#w1#

Frage: "Für Kollegen und sogar Rivalen ist Timo Scheider in der DTM der Fahrer des Jahres. Was können wir von ihm noch erwarten?"
Ullrich: "Auch für mich ist Timo der Fahrer des Jahres. Er hat viermal die Pole Position geholt und war fast immer der schnellste Audi-Fahrer. Mit etwas mehr Glück hätte er beim letzten Rennen in Le Mans schon Meister werden können. Er war in diesem Jahr der Mann, den es zu schlagen galt."

Das Konzept DTM geht auf

Frage: "Hockenheim ist längst ausverkauft. Es wollen mehr Fans die DTM sehen als die Formel 1. Überrascht Sie das?"
Ullrich: "Speziell in Deutschland hat die DTM schon immer eine starke Fangemeinde gehabt. Sie ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen. Das familiennahe Konzept mit einem schönen Mix aus Sport und Unterhaltung kommt gut an. Die Eintrittspreise sind auf einem vernünftigen Niveau. Gleichzeitig hat in Deutschland das Interesse an der recht teuren Formel 1 nach dem Rücktritt von Michael Schumacher spürbar nachgelassen."

"Das Konzept der DTM stimmt einfach." Wolfgang Ullrich

Frage: "Was ist das Erfolgsgeheimnis der DTM?"
Ullrich: "Das Konzept der DTM stimmt einfach. Die Autos sind spektakulär und kommen bei den Fahrern und Zuschauern gut an. Die Fans können sich mit ihrer Marke und dem Produkt identifizieren, weil die Identität der Autos auf den ersten Blick erkennbar ist. Die Leistungsdichte ist extrem, das sorgt für spannende Rennen. Auch das Rahmenprogramm ist attraktiv - auf und neben der Rennstrecke."


Fotos: DTM-Finale in Hockenheim


Frage: "Es funktioniert seit Jahren alles perfekt - und das mit nur zwei Herstellern. Braucht die DTM überhaupt eine neue Automarke?"
Ullrich: "Die letzten drei Jahre haben gezeigt, dass die DTM auch mit zwei Herstellern gut funktionieren kann. Dennoch würden wir weitere Hersteller begrüßen. Audi stellt sich gerne dem Wettbewerb. Zudem würde der Aufwand pro Hersteller geringer werden."

Ullrich setzt Schwerpunkt in Europa

Frage: "Die DTM will die große weite Welt erobern. Mercedes-Sportchef Norbert Haug träumt von einem Rennen in Surfers Paradise in Australien. Ist das auch Ihr Traum?"
Ullrich: "Wir halten es für wichtiger, die DTM erstmal in den wichtigsten europäischen Märkten zu etablieren. Die DTM fährt in den Niederlanden, in Frankreich, Großbritannien, Spanien und Italien. Kontinuität ist hier ganz wichtig. Die DTM ist auf einem guten Weg. Zusätzliche Rennen verursachen natürlich auch zusätzliche Kosten. Deshalb muss jedes weitere Rennen wohl überlegt sein."

"Der schlimmste Moment war am Nürburgring, als wir mit der Reifenwahl daneben lagen." Wolfgang Ullrich

Frage: "Was war für Sie in dieser Saison in der DTM bislang der schönste Moment und was der schlimmste?"
Ullrich: "Es gab viele schöne Momente, einer der schönsten war aber zweifellos der Dreifachsieg beim Saisonauftakt in Hockenheim. Vor dem ersten Rennen des Jahres weiß man nie genau, wo man steht. Zu sehen, dass uns mit dem neuen A4 DTM ein großer Wurf gelungen ist, war ein tolles Gefühl für die ganze Mannschaft, die monatelang hart an diesem Projekt gearbeitet hat. Der schlimmste Moment war am Nürburgring, als wir mit der Reifenwahl daneben lagen."

Frage: "DTM-Urgestein Bernd Schneider hört nach Hockenheim auf. Werden Sie ihn vermissen?"
Ullrich: Bernd Schneider wird der DTM zweifellos fehlen. Ich habe ihn als harten, aber stets fairen Gegner kennen und schätzen gelernt, eine Persönlichkeit, die mir und der DTM fehlen wird."

Die Suche nach neuen Stars

Frage: "Die DTM braucht dringend weitere Stars. Was ist mit Jacques Villeneuve oder David Couldhard. Was tut sich für 2009 auf dem Fahrerkarussell?"
Ullrich: "Stars sind für mich nicht nur ehemalige Formel-1-Rennfahrer. Stars sind für mich auch Fahrerpersönlichkeiten wie Tom Kristensen oder Mattias Ekström. Ich bin überzeugt, dass sich in der DTM ganz eigene Stars entwickeln können, so wie es in der NASCAR-Serie in den USA der Fall ist. Natürlich helfen große Namen, die DTM noch bekannter zu machen. Aber für Namen alleine bekommt man auch in der DTM keine Punkte."

"Stars sind für mich nicht nur ehemalige Formel-1-Rennfahrer. Stars sind für mich auch Fahrerpersönlichkeiten wie Tom Kristensen oder Mattias Ekström." Wolfgang Ullrich

Frage: "Audi hat in diesem Jahr erneut die 24 Stunden von Le Mans gewonnen. Welchen Stellenwert hat dagegen der DTM-Titel?"
Ullrich: "Beides ist für uns sehr wichtig. Unsere Engagements mit dem Diesel-Sportwagen R10 TDI bei den Sport-Prototypen und mit dem A4 in der DTM ergänzen einander sehr gut. Deshalb bedeuten uns der Sieg in Le Mans und die Meistertitel in der American Le Mans Series und in der europäischen Le Mans Serie ähnlich viel wie der DTM-Titel. 2008 hatten wir das umfangreichste Motorsport-Engagement in der Geschichte der Audi AG. Wir sind stolz darauf, dass es auch eines der erfolgreichsten aller Zeiten war. Die erfolgreiche Titelverteidigung in der DTM wäre natürlich die Krönung."

Frage: "Gibt es Änderungen im Audi-Motorsportprogramm oder wo werden mittelfristig die Schwerpunkte liegen?"
Ullrich: "Wir haben uns mittelfristig zur DTM und den Sport-Prototypen bekannt. Die DTM ist eine der besten Motorsport-Bühnen neben der Formel 1. Bei den Sport-Prototypen haben wir die Möglichkeit, neue Technologien für die Serie auf der Rennstrecke zu testen und wirklich "Vorsprung durch Technik" zu beweisen - das ist in immer weniger Rennserien möglich. Neu im Audi-Motorsportprogramm für 2009 ist der Aufbau eines Kundensport-Engagements mit einer GT-Rennversion des Audi R8. Einen rein für den Kundensport entwickelten Rennsportwagen hat es bei Audi noch nie gegeben, das ist ein Novum."

"Die Finanzkrise geht an keinem Automobilhersteller spurlos vorbei." Wolfgang Ullrich

Frage: "Die Finanzkrise hält die Unternehmen seit Wochen in Atem. Spüren Sie auch bei Audi die Auswirkungen?"
Ullrich: "Die Finanzkrise geht an keinem Automobilhersteller spurlos vorbei. Audi steht im Markt gut da und hat hervorragende Produkte - das hilft in Krisenzeiten."

Frage: "In der Formel 1 soll ein drastischer Sparkurs helfen. Da ist von Einheitsmotoren die Rede. Was halten Sie davon?"
Ullrich: "Audi vertritt seit vielen Jahren die Meinung, dass der finanzielle Aufwand für ein Engagement in der Formel 1 für einen Automobilhersteller zu groß ist. Das ist einer der Gründe, weshalb sich Audi nicht in der Formel 1 engagiert. Die Kosten zu reduzieren, ist absolut notwendig. Ob Einheitsmotoren der richtige Schritt sind, ist für mich persönlich fraglich. Das könnte die Automobilhersteller auch mittelfristig aus der Formel 1 vertreiben."

DTM Live

DTM-Livestream

Nächstes Event

Lausitzring

24.-26. Mai

1. Qualifying Sa. 09:55 Uhr
1. Rennen Sa. 13:30 Uhr
2. Qualifying So. 9:55 Uhr
2. Rennen LIVE So. 13:30 Uhr

Folgen Sie uns!