• 04.07.2010 09:37

  • von Britta Weddige

Schumacher und die Zurückhaltung eines Polesetters

Ralf Schumacher genießt zwar im Moment, die Pole zu haben, aber geht mit vorsichtigen Erwartungen ins Rennen - 82 Runden "ein langer und steiniger Weg"

(Motorsport-Total.com) - Ralf Schumacher genießt den Moment. Ihm ist anzumerken, wie groß die Last ist, die ihm die Pole-Position am Norisring von den Schultern nimmt - vorerst zumindest. Er muss selbst ein bisschen lachen, wenn er an die entscheidenden Momente im gestrigen Qualifying zurückdenkt. "Gerechnet habe ich nicht damit, wenn ich ehrlich bin. Aber es ist natürlich schon schön", sagt er über die erste Pole-Position seiner Karriere.

Titel-Bild zur News: Ralf Schumacher

Ralf Schumacher wird nach seiner ersten DTM-Pole nicht übermütig

Der Mercedes-Pilot war eigentlich schon damit zufrieden, den Einzug in Q3 geschafft zu haben: "Als ich Q4 erreicht habe, dachte ich: 'Okay, bist du eben Vierter, ist ja auch schon mal super'. Nachdem ich meine Runde gefahren bin, dachte ich 'Ups, so langsam, aber hoffentlich macht einer einen Fehler, damit ich Platz drei habe und auf der sauberen Seite stehe'. Aber dass es so passiert, damit hätte ich beim besten Willen nicht gerechnet." Zumal er in seiner Q4-Runde in der ersten Kurve einen Fehler gemacht hatte: "Der Grip war einfach nicht so gut."#w1#

Er freut sich speziell auch für sein Team, das "wirklich eine schwere Zeit mit mir hinter sich hat." Doch er weiß, dass bei Mercedes alle "natürlich ein bisschen überrascht" waren. "Jamie Green hat auch gleich gefragt: 'Bist du genauso überrascht wie wir?' Da hat er auch Recht", berichtet Schumacher lachend. "Gerhard Ungar musste auch dreimal auf den Monitor schauen, er wollte es zuerst auch nicht glauben!"

Ralf Schumacher

Ralf Schumacher gelang in Q4 zwar keine perfekte, aber die beste Runde Zoom

Beim letzten Rennen auf dem EuroSpeedway Lausitz stand Schumacher ganz hinten, jetzt ganz vorn. Dabei habe er eigentlich gar nichts anders gemacht, "aber ich glaube, dass mir die Strecke recht gut liegt. Das war im vergangenen Jahr auch schon der Fall, wenn sie sich nicht verzählt hätten, wäre ich ja auch im letzten Qualifying gewesen." Schlüssel zum Erfolg sei gewesen, eine einigermaßen saubere Runde hinzubekommen. Vor allem, weil die Autos mit den härteren 2010er-Reifen relativ viel rutschen.

Doch er will das nicht gleich als die große Wende bewerten. "Jetzt müssen wir mal schauen, wie es auf einer anderen Rennstrecke aussieht. Denn das ist ja hier doch eine Strecke, wo es auf hartes Bremsen ankommt. Bis auf eine Schikane ist ja hier nicht viel", betont er und fügt lachend an: "Vielleicht sollte ich mir grundsätzliche Strecken mit wenig Kurven aussuchen, vielleicht liegt mir das ja besser."

Es sei natürlich ein schönes Gefühl, auf der Pole zu stehen, aber: "Das nächste Qualifying wird sicher kommen, ich bin da immer ein sehr vorsichtiger Mensch", schränkt er schmunzelnd ein. "Und das nächste Rennen kommt auch. Aber jetzt war es schon mal schön, das lassen wir mal so da stehen. Und dann schauen wir im Rennen mal weiter."

Mit seiner Pole-Position hat er natürlich die optimale Ausgangslage, doch Schumacher formuliert dafür eher bescheidene Ziele. "Ich hoffe natürlich schon, dass ich einen einigermaßen guten Start habe und irgendwo auf dem Podium oder in der Nähe des Podiums enden kann. Ich glaube, das Auto hat das Potenzial, ein bisschen Glück gehört dazu. So schlecht sieht es bisher nicht aus, aber das Rennen ist lang. Und dann schauen wir mal weiter."

¿pbvin|1|2884||0|1pb¿Gefragt nach dem Schlüsselfaktoren im Rennen, nennt er zunächst den Start und die ersten Kurven: "Das ist ja immer kritisch. Wenn die erste Runde mal vorbei ist, geht es ja schon ein ganzes Stück besser." Da sei es natürlich angenehmer, ganz vorn zu stehen, "weil man sich nach niemandem richten muss und niemand vor sich sieht." Druck spüre er keinen besonderen, aber er wolle natürlich einen guten Start machen, so Schumacher: "Und Starten in der DTM ist alles anders als einfach."

Ein weiterer Schlüsselfaktor ist das Wetter: "Ich glaube, dass bei der Hitze technische Defekte nicht auszuschließen sind. Und dann über 82 Runden die Bremserei ohne Fehler oder ohne in die Mauer zu fahren - das wird auch eine Herausforderung. Von daher ist es ein sehr langer und steiniger Weg."

"Über 82 Runden die Bremserei ohne Fehler oder ohne in die Mauer zu fahren - das wird auch eine Herausforderung." Ralf Schumacher

Stichwort Hitze: Da drohen nicht nur technische Defekte, sondern auch den Fahrern wird alles abverlangt. Gestern wurden bei Schumacher im Cockpit 82 Grad Celsius gemessen - das ist Saunaniveau. Eine Klimaanlage wäre da nicht schlecht, aber "die wird bei der C-Klasse im DTM-Bereich als Extra nicht angeboten." Spaß beiseite: "Ich kann mir schon vorstellen, dass die Leistung irgendwann nachlässt, ohne dass du es merkst, weil du ja eine Stunde im Fieberbereich arbeitest. Du nimmst zwar ein bisschen Flüssigkeit zu dir, aber ich denke, das Adrenalin blendet viel aus", sagt er über die Extrembedingungen.

Und dann sagen die Meteorologen auch noch heftige Gewitter für das Rennen voraus. Bereits heute Morgen gab es eine kräftige Dusche von oben. "Die Wettervorhersagen deuten ja auch auf nichts Gutes hin. Also wenn das kommt, wird alles durcheinandergewürfelt", prophezeit Schumacher. Allerdings hat die Rennleitung bereits angekündigt, das Rennen relativ schnell abzubrechen, sollte es zu Wolkenbrüchen wie in der Vergangenheit kommen. Denn auf dem Norisring bleibt recht schnell das Wasser stehen und es droht akute Aquaplaninggefahr.

Es gibt viele, viele Faktoren, mit denen auch Polesetter Schumacher im heutigen Rennen zu kämpfen hat. Aber eigentlich muss er nur eine ganz einfache Taktik umsetzen: "Als Erster losfahren, als Erster ins Ziel kommen. Dann kommt man auch früher nach Hause", philosophiert er. Und überhaupt: "4:0 gegen Argentinien, was soll da noch schief gehen?"