• 29.05.2009 19:39

Scheider: "Leider gibt es keinen Champions-Bonus"

Timo Scheider im Interview über den weiteren Saisonverlauf, die Titelrivalen im eigenen Stall, sein Idol Ayrton Senna und die Finanzkrise

(Motorsport-Total.com/SID) - Frage: "Ein Vierfach-Erfolg zum Auftakt in Hockenheim - besser hätte die neue DTM-Saison für Audi nicht beginnen können, oder?"
Timo Scheider: "Das war natürlich ein absoluter Traumstart. Und es war ein schöner Lohn für die ganze Mannschaft, die im Winter hart gearbeitet hat, um so aussortiert nach Hockenheim zu kommen. Das ist natürlich erstmal nur eine Momentaufnahme. Aber aus dem Vorjahr, in das wir ebenfalls mit einem Dreifachsieg gestartet sind, wissen wir auch ganz genau, wie viel Rückenwind so ein Erfolg geben kann."

Titel-Bild zur News: Timo Scheider

Timo Scheider ist mit einem zweiten Platz in die Saison gestartet

Frage: "Audi scheint noch stärker als in den vergangenen beiden Jahren. Wird der Titelkampf zum internen Werksduell?"
Scheider: "Ich bin ziemlich sicher, dass wir schon bald ein anderes Bild erleben werden. Mercedes hat einen schlechten Start gehabt - das ist so, als wären sie morgens mit dem falschen Fuß aufgestanden. Aber wenn wir in den vergangenen Jahren eines gelernt haben, dann ist es, dass die Jungs aus Stuttgart sich so etwas nicht gefallen lassen und ab sofort doppelt so hart kämpfen, um wieder vorn zu stehen. Unser Job ist es, diesen Gegenangriff so gut wie möglich abzuwehren."#w1#

Frage: "Du hast mit dem zweiten Platz den Grundstein für eine gute Saison gelegt. Wen von deinen Audi-Teamkollegen fürchtest du im Titelrennen am meisten?"
Scheider: "Mit wem soll ich da anfangen? Mattias Ekström hat zwei DTM-Titel gewonnen, Tom Kristensen den Auftakt in Hockenheim und achtmal in Le Mans, Martin Tomczyk in der DTM genau so oft wie ich - da kann man sich also einen aussuchen. Die Jungs sind alle gut. Und die Fahrer auf den Vorjahres-Autos sind auch alle heiß. Jeder von ihnen will in ein neues Auto aufsteigen."

"Die Fahrer auf den Vorjahres-Autos sind auch alle heiß." Timo Scheider

Frage: "Du startest erstmals als Titelverteidiger in eine Saison, was ist dadurch anders geworden?"
Scheider: "Ich habe meine Lieblingszahl, die Startnummer eins, auf dem Auto. Das ist ein tolles Gefühl. Natürlich ist seit dem Titelgewinn die Aufmerksamkeit gestiegen: Ich werde öfter angesprochen, habe viele Termine und bin so etwas wie ein Orientierungspunkt im Starterfeld. Leider gibt es keinen Champions-Bonus - ich fange wie alle anderen Piloten mit null Punkten an."

Respekt vor Tom Kristensen

Frage: "Tom Kristensen fährt seine letzte DTM-Saison. Da wäre der Titelgewinn doch ein perfekter Abschluss ..."
Scheider: "Toms Entscheidung, seinen Rückzug aus der DTM zu so einem frühen Zeitpunkt zu verkünden, verdient höchsten Respekt. Er hat in der DTM mehr Siege als ich auf dem Konto, und wenn er nicht ab und zu großes Pech gehabt hätte, dann wäre er schon längst ein Titelkandidat gewesen. Jetzt führt er die Tabelle an und ist damit ab sofort der Mann, den es zu schlagen gilt. Und das ist alles andere als leicht."

"Wenn er nicht ab und zu großes Pech gehabt hätte, dann wäre er schon längst ein Titelkandidat gewesen." Timo Scheider

Frage: "Wenn du in diesem Jahr deinen DTM-Titel erfolgreich verteidigen, hättest du im Tourenwagen doch alles erreicht. Was reizt dich noch im Motorsport? Was ist mit Rallye-Autos, was ist mit Le Mans?"
Scheider: "Mein großes Ziel ist es, den Titel erfolgreich zu verteidigen. Es wäre dann für Audi der dritte in Folge und damit ein DTM-Rekord. Das ist eine gigantische Herausforderung für die ganze Audi-Mannschaft. Dass die 24 Stunden von Le Mans in einem Sportwagen wie dem Audi R15 TDI ein Traum für mich wären, gebe ich gerne zu."

Frage: "Du bist der amtierende Meister, doch alles redet von Ralf Schumacher. Stört dich das?"
Scheider: "Überhaupt nicht. Dass er mit dabei ist und dieses Jahr sogar in einem neuen Auto startet, ist für die Fans und die ganze DTM eine tolle Sache. Ich verstehe mich sehr gut mit Ralf und finde, er macht seine Sache anständig. Dass er sich als erfolgreicher Formel-1-Pilot noch schwer tut, zeigt auch das hohe Niveau in der DTM und die enorme Leistungsdichte in dieser Meisterschaft."

Senna, das Idol

Frage: "Du hast mal gesagt, dass Ayrton Senna dein großes Vorbild ist. Was bewunderst du an dem legendären Brasilianer am meisten?"
Scheider: "Neben seinem großen Talent hatte Ayrton Senna auch den unbegrenzten Willen zum Erfolg. Diese enorme Fokussiertheit finde ich beeindruckend."

"Neben seinem großen Talent hatte Ayrton Senna auch den unbegrenzten Willen zum Erfolg." Timo Scheider

Frage: "In der Formel 1 müssen die Stars wegen der Finanzkrise Abstriche beim Gehalt machen. Wie sieht das bei euch in der DTM aus?"
Scheider: "Die Gehälter von uns DTM-Piloten bewegen sich in weitaus anderen Regionen als die der Formel-1-Fahrer und sind deshalb bei weitem nicht so ein elementarer Faktor wie in dieser Szene. Ich habe wie meine Teamkollegen das große Glück, mit Audi einen Arbeitgeber zu haben, der dank seiner hohen Qualität, seiner spannenden Fahrzeuge, des großen Innovationsgeistes und seiner guten strategischen Führung besser im Markt steht als einige Mitbewerber. Trotzdem ist es klar, dass wir alle einen Beitrag dazu leisten, um in der momentanen Situation zu bestehen."

Frage: "Was ist für dich ein rundum perfekter Tag?"
Scheider: "Sonntagabend mit einem DTM-Siegerpokal nach Hause kommen und das Strahlen im Gesicht meines Sohnes sehen."