• 07.08.2013 16:43

  • von Dominik Sharaf

Lieber was für Erwachsene: Gass mag's unzensiert

Trotz des anhaltenden Erfolges seiner Marke auf kurzen Kursen fordert der Audi-Rennleiter mehr "erwachsene" Strecken in der DTM - Kein Vorteil für den RS 5

(Motorsport-Total.com) - Der Moscow Raceway war bei der DTM-Premiere am vergangenen Wochenende Audi-Territorium. Drei Ingolstädter fuhren unter Top 4, mit etwas mehr Glück wäre ein Dreifacherfolg für die Flotte der RS 5 DTM drin gewesen. Dieter Gass hatte es noch ein paar Stunden zuvor nicht geschmeckt, dass die Tourenwagen in Russland die 2,555 Kilometer lange Kurzanbindung unter die Räder nehmen: "Wir betreiben erwachsenen Motorsport, also brauchen wir erwachsene Rennstrecken", so der Audi-Rennleiter.

Titel-Bild zur News: Mike Rockenfeller

Mike Rockenfeller musste in Moskau früh bremsen: Viele Meter Asphalt gab es nicht Zoom

Trotz des Erfolges auf der ganzen Linie und einer Champagnerdusche bleibt Gass standhaft: "So kurzlebig sind meine Meinungen normalerweise nicht", erklärt er im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' schmunzelnd und bleibt auf seinem Standpunkt: "Ich bin ein Verfechter der Langversionen der Strecken. Letztendlich ist es, wie ich es gesagt habe." Dabei hätte der Hesse schon zuvor allen Grund gehabt, vom rechten Glauben abzufallen. Schließlich sind es scheinbar die Minibahnen, die seiner Marke in die Karten spielen.

Auf dem 1,929 Kilometer kurzen Indy Circuit in Brands Hatch siegte wie in Moskau Mike Rockenfeller, auf dem 2,300 Kilometer umfassenden Norisring überquerte Mattias Ekström die Ziellinie als Erster. "Ich bin mir nicht sicher, ob das die ganze Wahrheit ist", wiegelt Gass ab, wenn es um die Mickey-Mouse-Kurse und seine Marke geht: "Dass wir jetzt ausgerechnet immer dort so gut aussehen, will ich nicht als Regel anerkennen." Vielleicht ist es auch einfach die kluge Taktik, die für Audi spricht und bei diesen Gelegenheiten besonders zur Geltung kommt.

Vorbereitung, Absitmmung und "Momentum"

Denn insbesondere auf Strecken wie dem Moscow Raceway ist es unerlässlich, den Piloten vor und nach den Boxenstopps freie Bahn zu verschaffen. Überrundungen kommen erstens besonders häufig vor und können zweitens aufgrund der windigen Streckenabschnitte ohne Überholmöglichkeiten besonders viel Zeit kosten. "Wenn du alleine bist, fightest du jede Runde um jedes Zehntel und versuchst, den Reifen am Limit zu bewegen", erklärt Rockenfeller die Herausforderung. "Aber dann hängst du im Verkehr und verlierst fünf, sechs Zehntel pro Runde."

Der Tabellenführer nennt es "fast unmöglich", einen solchen Verlust mit freiem Fahren wieder aufzuholen, ohne sich beklagen zu wollen: "Jeder kämpft und ich will mich gar nicht beschweren, denn das ist Teil des Spiels, wenn man auf so kurzen Strecken fährt." Für Gass, der nicht von Dominanz sprechen will, ist das gute Ergebnis eher Folge einer guten Vorbereitung und einer fehlerfreien Leistung als eines wohlgesonnen Layouts. Rockenfeller führt es auf ein gelungenes Basissetup, richtige Entscheidungen und das berühmte "Momentum" zurück.

Dieter Gass

Hängt sein Fähnchen nicht nach dem russischen Wind: Dieter Gass Zoom

Deshalb kann der Audi-Rennleiter auch beruhigt weiter Lanzen für die langen Varianten der Strecken brechen: "Das macht es interessanter für Fahrer und Zuschauer, weil man es doch teilweise riskiert, die schönsten Bereiche einer Strecke wegzuschneiden, wenn man eine kurze Version fährt", betont Gass. In der Tat wird hinter den DTM-Kulissen bereits daran getüftelt, 2014 auf den 3,995 Kilometer und 14 Kurven umfassenden Grand-Prix-Kurs in Moskau zu gehen, wie ihn etwa die Renault-World-Series (WSbR) befährt. Eine kleinere bauliche Anpassung wäre allerdings noch nötig.