Kleiner Teppich, große Aufregung
Ein kleines Stück Kunstrasen sorgt in Dijon für hitzige Diskussionen - Die Rennleitung will im Rennen eine Strafenorgie vermeiden
(Motorsport-Total.com) - Ein kleines Stück Kunstrasen bewegt die Gemüter in der DTM: Über kein Thema wird in Dijon so viel diskutiert wie über den Kunstrasenteppich, der in der schnellen letzten Kurve außen die Strecke begrenzt. Im Fahrerbriefing am Freitag wurde festgelegt: Mit zwei Rädern darf man auf das Kunstrasenstück fahren, mit allen vier Rädern darf man jedoch nicht über die weiße Außenlinie auf den Teppich kommen.

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Ein kleines Stück Kunstrasen sorgt in Dijon für große Aufregung
Audi-Pilot Timo Scheider schwante schon vor dem Wochenende, dass der ominöse Teppich für reichlich Gesprächsstoff führen wird. "Ich habe die Strecke vor diesem Wochenende mit dem Renndirektor, mit Gerhard Ungar und Bruno Spengler begangen", berichtet Scheider gegenüber 'Motorsport-Total.com'. "Wir haben über diesen Teppich diskutiert. Und ich habe gesagt, dass ich der Rennleitung viel Glück wünsche, die Entscheidungen zu treffen, wer okay war und wer nicht okay war."#w1#
Auch Scheider Teamkollege Martin Tomczyk sieht in dem Teppich "eine Grauzone": "Es gibt eine klare Linie, die besprochen worden ist. Ob man die so überwachen kann, wie sich das jeder vorstellt, ist die andere Sache. Es ist immer einfacher, wenn man ganz klar eine Begrenzung hat, die durch die Strecke schon gegeben ist, als wenn man so eine Grauzone hat, in der man fahren kann, aber eigentlich nicht fahren darf."
"Es wird zu Diskussionen führen. Denn wenn man sich dort einen Vorteil verschafft, dann wirkt sich das nicht nur auf die aktuelle Runde aus, sondern vielleicht auch auf die Folgerunde. Von daher ist sehr schwierig, es zu händeln. Es ist auch schwierig zu sehen, ob es zu extrem ist oder nicht. Es ist eine Situation, die uns allen nicht gefällt", pflichtet Audi-Sportchef Wolfgang Ullrich bei.
Für Ralf Schumacher wäre die beste Lösung, den Teppich im Rennen "freizugeben". Bleibt er eine Sperrfläche, wird das dem Mercedes-Piloten zufolge "zum Chaos führen, aber das haben wir der Rennleitung schon am Freitag gesagt. Da wird es sicherlich viele Strafen hageln. Selbst Timo Scheider ist es passiert und das war sicherlich keine Absicht."
Schumacher verwies darauf, dass die Auslaufzone der letzten Kurve beim Test im April ja auch befahren werden durfte: "Ich war er der einzige Idiot, der einen halben Tag lang innerhalb der Linie blieb. Man hat mich dann irgendwann gefragt, ob ich den letzten Sektor nicht fahren kann, weil ich sechs Zehntel zu langsam bin. Für mich war es damals noch ungewohnt, neben der Strecke her zu fahren." Das Problem: Die Streckenabnahme ist nun einmal mit der Sperrfläche erfolgt.
Die Diskussionen blieben schon nach dem Qualifying nicht aus. Denn manche Piloten, die zu weit nach außen auf den Kunstrasen kamen, bekamen ihre Rundenzeit gestrichen, andere nicht. Im Rennen selbst will die Rennleitung das befürchtete Strafenchaos verhindern. Es wird zwar genau hingeschaut, aber erst, wenn ein Pilot mehrfach mutwillig über die weiße Streckenbegrenzung und den Kunstrasen gefahren ist, wird eingegriffen. Bei einmaligen Verstößen wird ein Auge zugedrückt, auch wenn Piloten im Gedrängel auf den Rasen kommen, wird nichts unternommen.
Kopfzerbrechen bereitet der Kunstrasen aber nicht nur wegen der drohenden Strafen. Schumacher und Scheider - und wohl nicht nur sie - sehen darin auch eine Gefahrenquelle. "Bei diesem Wetter wird der Teppich gar nicht mehr trocken und das bedeutet immer ein großes Risiko, vor allem wenn du da mit Slicks drüber fährst", so Scheider. Er hat schon bei der Streckenbegehung gesagt, "dass ich gespannt bin, wie viele Safetycarphasen wir haben werden. Ich musste mich beugen, aber ich wäre natürlich am liebsten außenrum gefahren. Das birgt am wenigsten Risiko und sorgt für den geringsten Diskussionsstoff."
Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug mahnt alle Beteiligten, kühlen Kopf zu bewahren: "Es ist nicht ideal, das steht schon einmal fest. Aber wir müssen den Organisatoren gegenüber ein bisschen respektvoll sein. Ich möchte ihnen bei dieser Gelegenheit auch danken, denn es ist bisher eine großartige Veranstaltung. Das ist eine neue Messlatte für ein neues DTM-Rennen. Vielleicht gibt es Raum für Verbesserungen. Aber wir hatten in diesem Jahr schon schlimmere Dinge. Wir müssen Verständnis dafür haben, dass nicht alles perfekt ist. Aber die Jungs hier sind wirklich sehr konstruktiv, sie arbeiten sehr hart und ich bin sicher, dass wir eine Lösung finden werden. Vielleicht nicht über Nacht, aber sicherlich bis zum nächsten Jahr."

