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Das Finale, das keines mehr ist
Hockenheim war immer das Saisonfinale, jetzt ist es "nur" ein Rennen von vielen: Daran müssen sich auch die Fahrer erst gewöhnen
(Motorsport-Total.com) - Es war eine liebgewordene Tradition: Alljährlich traf sich die DTM im Oktober in Hockenheim und feierte zum Abschluss der Saison noch einmal ein Motorsportfest. Beim Finale im Badischen herrschte immer eine besondere Stimmung, vor voll besetzten Tribünen fiel meistens die spannende Meisterschaftsentscheidung, zur Zieleinfahrt gab es Feuerwerk, zur Siegerehrung Gold-Konfetti-Regen und danach wurde überall noch gefeiert, bevor sich alle in die lange Winterpause verabschiedeten.

© xpb.cc
Das war bisher das Schlussbild einer DTM-Saison, nun geht es aber weiter
Jetzt haben wir wieder Oktober und die DTM fährt wieder in Hockenheim. Doch anders als bisher ist dies nicht das große Finale, sondern "nur" das Deutschlandfinale. Die Saison geht weiter, die Titelentscheidung fällt im Ausland, im italienischen Adria oder im weit entfernten Schanghai. Und wenn die Saison in China ausklingt, wird hier schon die erste Kerze auf dem Adventskranz angezündet.
Der Oktober-Lauf Hockenheim ist "nur" noch ein Rennen von vielen. Daran müssen sich nicht nur die Fans gewöhnen, sondern auch die Fahrer und Teams. 'Motorsport-Total.com' hat sich im Fahrerlager umgehört, wie es sich anfühlt, ein Finale zu haben, das keines mehr ist. Mercedes-Jahreswagenfahrer Jamie Green spricht vielen aus der Seele: "Es ist eine komische Atmosphäre - das sagen alle. Man ist daran gewöhnt, dass dies das letzte Rennen war. Die Atmosphäre ist deswegen etwas anders", sagt der Brite, der aber meint, dass eine Veränderung manchmal auch gut ist.
Auch für Audi-Pilot Martin Tomczyk ist es irgendwie anders. "Viele haben schon gesagt 'Viel Spaß jetzt beim DTM-Finale', dann sage ich immer 'Nee, nee, wir haben dann noch zwei Rennen'", berichtet der Rosenheimer. "Es ist schon komisch, aber ich glaube, es trübt jetzt nicht das Bild von dem Hockenheim, wie wir es bisher immer gesehen haben. Ich glaube schon, dass wir volles Haus haben werden. Letztendlich ist das Hockenheim-Rennen das Deutschland-Finale, und ich glaube, es wird auch so gebührend gefeiert."
Mercedes-Pilot Bruno Spengler wäre wahrscheinlich schon rein aus sportlicher Sicht froh, wenn nun schon das Finale anstehen würde. Denn noch führt er die Tabelle mit sieben Punkten Vorsprung an. Damit könnte er heute Nachmittag als neuer Meister über die Ziellinie kommen, so muss er aber noch zwei weitere Rennen bestehen.
¿pbvin|1|3186||0|1pb¿Doch auch allein wegen der Tradition ist es für den Kanadier "schon ein sehr komisches Gefühl". Aber er betont: "Hockenheim ist auch ohne Finale immer etwas ganz Besonderes. Die Fans hier sind einfach ganz anders als auf den anderen Rennstrecken. Die Begeisterung der Leute - es fühlt sich wie ein kleines Finale an. Es ist ein bisschen schade, dass Hockenheim nicht das Finale ist. Aber es ist für alle gleich und es geht weiter. Wir haben zwei Rennen mehr und man muss das Beste herausholen."
Für seinen Mercedes-Kollegen Maro Engel macht es keinen Unterschied, ob dies nun das Finale ist oder nicht: "Es ist ein tolles Rennen, es sind super Zuschauer, es macht Spaß, die Strecke ist toll." Und Audi-Pilot Alexandre Prémat ergänzt: "Es ist komisch, hierher zu kommen und dies ist nicht das Saisonfinale. Letztlich ist es aber für uns Fahrer eigentlich egal. Für die Fans ist das wichtiger. Für uns Piloten geht es sowieso immer darum, möglichst weit vorne zu sein und unser Bestes zu geben."
Dem pflichtet sein Kollege Mike Rockenfeller weitgehend bei: "Es ist ungewohnt, dass es jetzt danach weitergeht. Aber für mich ist es im Prinzip, egal wo das Finale ist. Für die Fans ist es sehr schade. Aber es ist auf jeden Fall das Finale in Deutschland. Es ist immer toll, in Hockenheim zu fahren. Aber für mich ist es kein Problem, dass da noch zwei Rennen kommen."
Markenkollege Oliver Jarvis findet es trotzdem "komisch". "Es ist erst mein drittes Jahr in der DTM, aber man hat sich einfach daran gewöhnt. Es sind die kleinen Dinge: als ich zu Hause losgefahren bin, wusste ich nicht, ob ich meinen Anzug wegen der Gala am Sonntagabend mitnehmen muss oder nicht. Aber es scheint, dass die Fans immer noch kommen und das ist fantastisch."
Nicht nur die Fahrer, auch die Teams müssen sich gedanklich umstellen, wie Mercedes-Teamchef Ingmar Persson festgestellt hat: "Das ist komisch. Am Sonntagabend ist man gewohnt, alles in Ruhe einzuräumen und dann zu feiern. Jetzt müssen wir schnell nach Hause und alles für Adria vorbereiten. Das wird ganz schön stressig, denn wir müssen am Dienstag nach Adria fahren."
Timo Scheider verbindet mit dem Finale in Hockenheim ganz besondere Erinnerungen, schließlich ist er hier 2008 und 2009 als Champion im Feuerwerk über die Ziellinie gefahren. "Es ist für mich natürlich ein komisches Gefühl, denn die letzten beiden Jahre habe ich die größten Emotionen mit Hockenheim und dem Finale in Deutschland verbunden. Und jetzt stehen wir hier bei einem 'kleinen' Deutschland-Finale", so der Audi-Pilot.

© Audi
Timo Scheider durfte in Hockenheim zwei Mal den Titelgewinn feiern Zoom
"Es ist ein bisschen frustrierend vielleicht, weil viele Fans und Freunde auch da sind, die das wirkliche Finale in Schanghai in diesem Fall nur am Fernsehen verfolgen können", weiß Scheider. "Aber so ist das Leben, so wurde es entschieden. Es war nicht meine Entscheidung, somit muss ich damit leben, und das, was hier passiert, mitnehmen, aufsaugen und versuchen, die beste Show zu liefern und am besten zu gewinnen."
Das ist das, was viele kritisieren: Dass das echte Finale für die Fans so wenig greifbar ist, weil es im weit entfernten Schanghai stattfindet. Das findet auch Mercedes-Pilot Ralf Schumacher bei allem Verständnis für die Expansion nach China nicht ganz optimal. "China ist natürlich auch ein extrem wichtiger Markt für die Premiumhersteller, und da sind die Verkaufszahlen - auch wenn es kleine sind - prozentual sehr gestiegen. Natürlich ist das Timing für den deutschen Fan vielleicht nicht ganz optimal, weil es in diesem Jahr nicht anders ging. Da muss man sich vielleicht das nächste Mal Gedanken machen", meint Schumacher.
"Denn ich finde schon: Das Finale in Hockenheim hat schon was. Diese Veranstaltung zum Ende des Jahres war immer etwas Besonderes, die Zuschauer, das Flair und die Partys, die hier so gewesen sind, das war schon toll. Und ich persönlich würde mich freuen, wenn wir das vom Timing her wieder rumdrehen könnte. Das wäre schon schön", sagt der Mercedes-Pilot. Momentan ist das Finale 2011 wieder in China angesetzt, aber: Das Datum steht noch unter Vorbehalt im Kalender. Vielleicht lässt sich da also wirklich noch was machen.

