• 21.04.2008 13:15

  • von Stefanie Szlapka & Britta Weddige

Christian Abt: "Audi kann sich nur selbst im Weg stehen"

'Motorsport-Total.com'-Experte Christian Abt über Oschersleben: Unschlagbarer Scheider, vermeidbare Fehler und wiedererstarkte Mercedes

(Motorsport-Total.com) - Timo Scheider fuhr in Oschersleben zwar einen deutlichen Start-Ziel-Sieg ein, langweilig war das Rennen aber deshalb noch lange nicht. Dafür haben Scheiders 18 DTM-Kollegen gesorgt, denen während der 44 Runde das eine oder andere Manöver gelungen oder Missgeschick passiert ist. "Das war ein sehr aufregendes Rennen" - zu diesem Schluss kommt auch 'Motorsport-Total.com'-Experte Christian Abt in seiner Analyse.

Titel-Bild zur News: Christian Abt

Christian Abt analysiert für uns das Renngeschehen in Oschersleben

"Zuerst muss ich ein großes Kompliment an Timo Scheider aussprechen", lobte Abt seinen früheren Markenkollegen. "Er hat wirklich einen wahnsinnigen Job gemacht. Er hat wirklich in jedem Training dominiert, selbst als er im Qualifying ein Problem mit der Motorhaube seines Autos hatte, ist er danach noch eben Bestzeit gefahren. Er war einfach der Mann des Wochenendes. Er war eigentlich das ganze Wochenende über um vier Zehntelsekunden schneller als alle anderen. Er war diesmal einfach unschlagbar."#w1#

Vermeidbare Fehler bei Kristensen und Ekström

Martin Tomczyk sei derzeit der "lachende Vierte" im Audi-Neuwagen-Quartett", meint Abt: "Er macht das jetzt glaube ich systematisch so, dass er immer punktet und auf die Fehler von Routiniers wartet. Und die haben Tom und Mattias in Oschersleben im Rennen gemacht. Dazu müssen sie stehen. Beide haben ihre Autos so beschädigt, dass sie die Pace nicht mehr mitgehen konnten." Dazu kommt auch noch Kristensens Frühstart, der dem Qualifying-Zweiten alle Chancen auf ein gutes Ergebnis nahm. "So etwas ist vermeidbar und sollte normalerweise nicht passieren", sagt der Experte, fügt aber hinzu: "Mit Fleiß hat er es mit Sicherheit nicht gemacht."

Oschersleben war ein "Riesenerfolg für Audi", bilanziert Abt, "aber auch die Mercedes-Jungs sind wieder da. Man hat gesehen, dass Bruno Spengler und Paul di Resta die Pace mitgehen konnten. Bei Jamie Green war glaube ich das Auto beschädigt. Er war nicht ganz so schnell, bei ihm war hinten aber auch relativ viel kaputt."

"Aber auch die Mercedes-Jungs sind wieder da." Christian Abt

Für Oliver Jarvis sei es schade gewesen, dass ihn Jamie Green gleich in der ersten Runde umgedreht hat. "Das sollte einem Routinier wie Jamie eigentlich nicht passieren, denn damit verbaut man einem jungen Burschen, der sich wirklich mal bemüht hat und im Qualifying Vierter wurde, das ganze Rennen", so Abt. "Aber das ist Racing."

Rush-Hour in der Boxengasse

Mit der Einführung des Boxenstoppfensters ist es eng geworden in der Boxengasse. Noch tendieren die Teams dazu, weitgehend gleichzeitig zum ersten Stopp anzutreten. Die Rush-Hour in der Boxengasse hatte gestern Folgen: Gary Paffett schnitt beim Wegfahren Alexandre Prémat den Weg ab, die beiden touchierten sich und Paffett kassierte eine Durchfahrtsstrafe, die ihn einen Punkterang kostete.

"Es ist jetzt das zweite Rennen und man versucht, verschiedene Strategien im Rennen zu fahren", erklärt Abt die Verkehrsdichte beim Stoppen. "Ich glaube, dass bisher nicht jeder das Optimum an Strategie gefunden hat. Momentan richtet sich jeder ein bisschen nach dem anderen. Deshalb schauen die derzeit alle recht gleich aus." Zumindest was den zweiten Stopp angeht, kam gestern ja auch schon etwas Variation ins Spiel.

"Ich glaube, dass bisher nicht jeder das Optimum an Strategie gefunden hat." Christian Abt

Grundsätzlich könne man natürlich darüber diskutieren, ob das Boxenstoppfenster richtig oder falsch ist, sagt der Allgäuer. "Aber ich glaube, dass es im letzten Jahr mit Sicherheit falsch war und es die richtige Entscheidung war, etwas Neues auszuprobieren. Das haben wir in diesem Jahr. Auf der Rennstrecke ist es auf jeden Fall spannender und wesentlich fairer. Ob die Sicherheit in der Boxengasse gegeben ist? Da sind 19 Profis drin, die wissen schon, wann sie mal das Gas wegnehmen müssen."

Ausblick auf Mugello

Kommen wir damit zum Ausblick auf das nächste Rennen: Mugello. Im vergangenen Jahr dominierte Audi dort an den ersten Tagen, der Rennsieg ging aber an Mercedes-Star Mika Häkkinen vor Audi-Fahrer Mattias Ekström und drei weiteren Mercedes-Piloten.

"Audi war in Mugello wirklich gut unterwegs, im Rennen war es dann nur die Safetycar-Phase, die alles komplett durcheinander gebracht hat", blickt Abt zurück. "Dadurch ist Audi auch ein bisschen benachteiligt worden. Aber das sind alte Dinge, die man vergessen sollte." Er gehe davon aus, dass Audi auch in diesem Jahr für Mugello gut aufgestellt sei. "Momentan kann man sich nur selbst im Weg stehen, wie man auch in Oschersleben gesehen hat. Wenn alle Audi-Piloten ordentlich fahren, können immer sie ganz vorne sein."

"Momentan kann man sich nur selbst im Weg stehen, wie man auch in Oschersleben gesehen hat." Christian Abt

Die spannende Frage sei, wie Mercedes die zweiwöchige Pause nutzen könne, um heranzukommen. "Man sieht von außen schon ein bisschen, wo es bei Mercedes fehlt", erklärt der Experte. "Die Autos bewegen sich extrem, vom Fahrzeug und von den Dämpfern her. Da werden sie in den nächsten Wochen sicher ein bisschen daran arbeiten. Ich will mich nicht in deren Technik einmischen, das ist Auslegungssache von Mercedes, aber ich glaube - von außen beobachtet - dass sie daran schon ein bisschen arbeiten können."