• 06.05.2013 12:54

  • von Dominik Sharaf

BMWs Taktikfüchse: Nicht-Angriffspakt und Gebrauchtreifen

Während Farfus mit cleverem Taktieren einen souveränen Sieg einfuhr, war für Werner die größte Aufholjagd der DTM-Geschichte eine mentale Herausforderung

(Motorsport-Total.com) - Obwohl er keinen Start-Ziel-Sieg einfuhr, war gegen Augusto Farfus am Sonntag beim DTM-Auftakt in Hockenheim kein Kraut gewachsen - das, obwohl er zwischenzeitlich auf Rang sieben zurückgefallen war. Die Taktik, mit den neuen Option-Reifen zu starten, dann auf Standardmaterial zu wechseln und für den Schlussstint wieder den gebrauchten weichen Pneu aus der Garage zu holen, ging auf. "Wir haben Fortschritte gemacht, lesen die Rennen besser", erklärt Farfus den formidablen Schachzug.

Titel-Bild zur News: Augusto Farfus

Farfus wurde von dem Auto, das er die "grüne Maschine" nennt, nicht enttäuscht Zoom

Die neuen Schlüssel zu DTM-Siegen hat der Brasilianer erkannt: "Es geht darum, den Stint auf den Option-Reifen zu optimieren", betont er im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com', worauf es ankommt. Der neue Pneu ist auf einer Runde rund eine Sekunde schneller, baut dafür aber nach rund 80 Kilometern - je nach Streckenlänge - massiv ab und provoziert einen so genannten "Drop-Off". "Startest du auf der weicheren Mischung und holst nicht alles heraus, ziehen die anderen sie auf und hängen dich ab."

Farfus hatte es von Anfang an geplant, sich nicht auf einen zu harten Kampf mit dem von der Pole-Position gestarteten Timo Scheider einzulassen, um nicht wertvolle Zeit einzubüßen - und darüber sogar mit dem Audi-Piloten vor dem Rennstart gesprochen. Insbesondere in den ersten drei Rennrunden, als DRS von der Rennleitung deaktiviert bleib, wollten die beiden ein Duell tunlichst vermeiden. "Es war nicht wirklich eine Strategie, es war ein Dialog. Es ging darum, clever zu sein", erklärt Farfus den Nicht-Angriffspakt mit dem Doppelchampion.

Taktik top, Bauchentscheidungen ein Flop

Die fruchtbare Strategie kam gar nicht gänzlich zum Tragen, weil das Feuer in Adrien Tambays Auto und seine Folgen den RBM-Schlachtplan durchkreuzten: "Leider kam das Safety-Car und ich konnte meinen Stint gar nicht zu Ende fahren", meint Farfus, der sonst vielleicht nicht so weit zurückgefallen wäre. Für Dirk Werner hingegen war der Einsatz des Führungsfahrzeugs ein Sechser im Lotto. "So wurde das Feld wieder zusammengeschoben." Im Gegensatz zu seinem Markenkollegen sieht es der Würzburger nicht als Nachteil an, mit den Option-Reifen im Verkehr gesteckt zu haben, sondern als großes Glück.

BMW-Crew

Die Boxenstopp-Mannschaften der BMW-Teams arbeiteten absolut fehlerfrei Zoom

So sei in Kombination mit DRS Überholen überhaupt erst in diesem Ausmaß möglich gewesen. Werner fuhr vom 22. und letzten Startplatz auf Rang zwei nach vorne und holte damit so viele Positionen binnen eines Rennes auf wie kein Pilot zuvor in der DTM-Geschichte. Hinzu kam, dass sein M3 sehr schonend mit dem neuen Gummi umging und die Crew zwei perfekte Boxenstopps zeigte. Ansonsten war alles ganz simpel und doch so verteufelt schwierig: "Einfach so schnell fahren wie möglich. Ich weiß gar nicht mehr, wie viele Autos ich überholt habe."

Dass er so freudestrahlend aus seinem M3 klettern würde, hatte Werner nach dem Qualifying-Desaster nicht für möglich gehalten: "Am Samstag waren die Bedingungen natürlich sehr schwierig, mit der erst nassen und dann abtrocknenden Strecke schon in Q1", erklärt er, warum es trotz eines offensichtlich schnellen Autos nicht für mehr als den letzten Startplatz reichte. "Man musste aus dem Bauch heraus schwierige Entscheidungen treffen." Das gelang Schnitzer offenbar nicht so gut wie die ausgefeilte Rennstrategie.

Werner lobt Vietoris' Fairness

Der Schlüssel sei dabei nicht eine kompromisslose Abstimmung für trockene Bedingungen gewesen, erklärt der Würzburger: "Die meisten haben auf ein Trockensetup gesetzt", weiß er. Viel mehr nutzte Werner den Schraubenschlüssel im mentalen Bereich: "Am Samstag wollte ich am liebsten im Boden versinken", erinnert er sich an die große Enttäuschung nach langer Winterpause, die sich ausgerechnet auf seiner Lieblingsstrecke in Hockenheim ereignete: "Ich bin jemand, der es nicht so schnell verkraftet, wenn es schlecht läuft." Daran scheint sich etwas geändert zu haben.


Fotos: Dirk Werner, DTM in Hockenheim, Sonntag


Nun ist früh in der Saison eine große Last von Schultern des Schnitzer-Piloten gefallen. "Es war ein Ziel von mir, auf das Podium zu fahren. Dass das gleich im ersten Rennen klappt und dann auch noch unter diesen Umständen, das ist spitze", findet er und freut sich darüber, dass es ein Erfolg war, den er nicht auf dem Silbertablett serviert bekam: "Auch, weil das Rennen an sich so viel Spaß gemacht hat." Das entscheidende Duell im Kampf um Rang zwei focht er kurz vor Schluss mit Christian Vietoris aus.

Während Gary Paffett und Martin Tomczyk nach ihrem Duell verbal in die Verlängerung gingen, gibt es von Werner nur Lob für den Mercedes-Konkurrenten: "Er war wirklich eine harte Nuss", räumt er ein. Die Panzerschale knackte der BMW-Pilot ausgangs der Haarnadel, als er mit anderer Linienwahl und mehr Schwung vorbeiging. "Christian war ein fairer Gegner und hat mich dann nicht mehr berührt. Als ich einmal vorbei war, hat er das erkannt. Aber so ging's heute ja das ganze Rennen", denkt Werner zurück.

Auch Fitness spricht für Farfus

Augusto Farfus

Farfus geht auch körperlich in Topverfassung in seine zweite DTM-Saison Zoom

Für TV-Experte Manuel Reuter haben Farfus, Werner und ihre Strategen unter Beweis gestellt, dass auch 2012 BMW wieder die Marke ist, die es in der DTM zu schlagen gilt: "Die setzten jetzt mal die Latte, und das wissen die anderen", sagt der Ex-Champion, der Audi und Mercedes aber noch lange nicht abschreibt: "Ich glaube, wir brauchen drei, vier Rennen, bis sich der eine oder andere Favorit herauskristallisiert." Dass der Hockenheim-Sieger dabei ist, steht für Reuter schon wegen dessen physischer Fitness fest.

"Für mich ist Farfus einer derjenigen, die es zu schlagen gilt, denn er hat diesen Fluss, er ist gut drauf, hat super trainiert, ist noch kurz vor Hockenheim einen Halbmarathon gelaufen", weiß Reuter, der selbst begeisterter Triathlet ist und auch die mentale Herangehensweise des Brasilianers lobt: "Er ist richtig bissig und kämpft bis zum Letzten. Die muss man erst einmal schlagen." Noch bei seinem Serieneinstieg war Farfus diese Unnachgiebigkeit als große Schwäche ausgelegt worden. Es hat sich eben doch etwas geändert in der DTM.

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