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FIA erklärt: Warum es bei beschädigtem Überrollkäfig kein Pardon gibt
Cross-Country-Direktor Jerome Roussel erklärt die Hintergründe zu den Entscheidungen der FIA - Bei der Sicherheit werden keine Abstriche gemacht
(Motorsport-Total.com) - Laia Sanz (Century) musste schon nach der ersten Etappe aufgeben, Carlos Sainz (Ford) nach der zweiten und Sebastien Loeb (Dacia) nach der dritten. Diese drei prominenten Fahrer hatten gleich zu Beginn der Rallye Dakar in Saudi-Arabien Überschläge.
© Flavien Duhamel / Red Bull Content Pool
Der beschädigte Ford Raptor von Carlos Sainz Zoom
In allen drei Fällen war der Überrollkäfig beschädigt und die FIA untersagte die Weiterfahrt. Die jeweiligen Teams waren nicht glücklich, denn sie waren der Meinung, dass man die Schäden reparieren könnte und es kein Sicherheitsproblem geben würde.
Aber die FIA blieb hart. "Es ist sehr simpel", sagt Jerome Roussel, der FIA-Direktor für Cross-Country-Rallys. "Wenn ein Auto einen Unfall hatte, muss es von den Kommissaren gecheckt werden, bevor repariert werden darf."
"Wenn der Überrollkäfig beschädigt ist, dann kann man nicht weiterfahren. Das ist seit vielen Jahren in allen Meisterschaften die Regel", verweist Roussel zum Beispiel auch auf die Rallye-Weltmeisterschaft.
"Theoretisch kann er repariert werden, aber ein Chassis über Nacht zu reparieren ist nicht so einfach, wenn man im Nirgendwo ist. Für uns bedeutet eine Reparatur, dass man das beschädigte Rohr durch ein identisches ersetzen muss."
"Das Hinzufügen von Material oder das Überschweißen eines Risses sind Dinge, die nicht erlaubt sind. Deshalb mussten im Falle von Carlos, Laia und Seb die Autos zurückgezogen oder disqualifiziert werden."
© A.S.O.
Der Century von Laia Sanz nach dem Überschlag in Etappe 1 Zoom
"Sobald der Überrollkäfig beschädigt ist, ist er nicht mehr mit dem homologierten identisch. Deshalb kann das Auto nicht weiterfahren", so der FIA-Direktor. Trotzdem wurde im Biwak vor allem eine Frage diskutiert.
Warum wurde der Ford nicht am Ende von Etappe 2A gecheckt?
Der Unfall von Sainz passierte in Etappe 2A. Warum hat niemand von der FIA am Abend sein Auto untersucht, ob die Sicherheit gewährleistet war? Denn Sainz bestritt am folgenden Tag mit dem beschädigten Auto auch noch den Rest von Etappe 2B.
"Nein, nicht während einer Etappe, sondern wenn das Auto ins Biwak zurückkehrt", erklärt Roussel, wann ein Auto begutachtet wird. "Im Fall von Carlos passierte der Unfall während der 48-Stunden-Etappe. Es war immer noch die gleiche Etappe."
"Es ist auch eine Frage der Fairness. Es ging nicht um Carlos, wir untersuchen alle Autos. Aber wir haben nicht bei jedem Stopp Kommissare vor Ort." Denn am Ende von Etappe 2A gab es in der Wüste sechs verschiedene Zeltlager.
© Flavien Duhamel / Red Bull Content Pool
Carlos Sainz fuhr auch ohne Windschutzscheibe weiter Zoom
"Ich war selbst beim letzten Tankstopp, als Carlos zu mir gekommen ist. Er hat mich gefragt, ob er die Windschutzscheibe entfernen darf. Ich stimmte aus Sicherheitsgründen zu. Aber um den Überrollkäfig zu checken, müsste man die komplette Verkleidung entfernen."
"Das kann man nicht während einer Etappe machen", so Roussel, der nicht glaubt, dass die FIA die Protokolle ändern müsste: "Es ist so in Ordnung. Seb hat es genauso gemacht. Er hat sich bei Kilometer zwölf überschlagen und ist die Etappe zu Ende gefahren."
"Es liegt auch am Team zu wissen, ob man mit dem beschädigten Auto weiterfahren kann. Normalerweise können sie das immer, weil sie diesen Kampfgeist haben. Sie sind Wettbewerber und wollen um jeden Preis ins Ziel kommen."
Überrollkäfig ist das Skelett des Autos
Aber er gibt auch zu: "Wir sind auch enttäuscht von der Situation, denn wir wollen natürlich nicht, dass drei so große Namen schon nach drei Tagen ausgeschieden sind. Niemand ist darüber glücklich. Aber bei der Sicherheit darf es keine Kompromisse geben."
"Der Überrollkäfig ist auf bestimmte Art und Weise gebaut. Nach Berechnungen von einem unabhängigen Labor und einer Zertifizierung eines unabhängigen Instituts wird er homologiert. Selbst wenn der Hersteller [nach einem Unfall] sagt, er sei sicher, ist das kein Argument."
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Der beschädigte Dacia Sandrider von Sebastien Loeb Zoom
"Denn der Hersteller zertifiziert den Überrollkäfig niemals selbst. Das wird von einem Dritten, einem unabhängigen Labor gemacht. Deshalb gibt es diese Standards. Sobald das Material beschädigt ist, weiß man nicht, was [bei einem weiteren Unfall] passieren könnte."
Und dieses Risiko will die FIA nicht eingehen. "Manche Leute sagen, dass ich mich wie ein Büromensch verhalte, aber so ist das Leben", meint Roussel. "Wir wollen das Leben der Fahrer nicht riskieren. Das ist für uns klar."
"Der ganze Käfig ist das Skelett des Autos. Wenn dieses Skelett beschädigt ist, dann kann man nicht weiterfahren. Beim Argument, dass sie den Käfig mit der Reparatur verstärken können, antworte ich immer, dass sie ihn von Beginn an stärker konstruieren hätten können."
Dass dieses Thema in der Öffentlichkeit überhaupt so groß diskutiert wird, liegt laut dem FIA-Direktor daran, dass es drei große Namen getroffen hat. Im großen Teilnehmerfeld gibt es nämlich auch noch andere Beispiele, deren Käfige nach Unfällen keine Schäden davongetragen haben.
"Es waren vielleicht 20 Autos und sie wurden genauso untersucht. Sie sind immer noch im Rennen, weil ihre Autos stark genug gebaut sind, oder der Unfall nicht heftig genug war, um die Struktur des Käfigs zu beschädigen."
"Das ist ein normaler Ablauf", betont Roussel. "Momentan wird um die großen Namen viel Wirbel gemacht, aber das ist nichts Besonderes. Wenn das in einer kurzen Rallye passiert, dann gibt es kein Problem. Man packt zusammen und fährt nach Hause. Aber beim größten Rennen der Welt hat alles eine größere Dimension."
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