• 20.01.2008 11:06

  • von David Pergler

Warum fährt Matos nicht bei den ChampCars?

Statt zu den ChampCars wechselte Atlantic-Champion Raphael Matos in die Indy-Pro-Serie - dieser eigentlich unlogische Schritt wirft einige Fragen auf

(Motorsport-Total.com) - Raphael Matos ist amtierender Atlantic-Champion, hat für seinen Titel zwei Millionen Dollar Preisgeld kassiert und eigentlich erwartete alle Welt, dass der nächste Schritt, ein Sprung in die höchste ChampCar-Klasse nur noch eine Frage der Zeit ist. Zahlreiche Gerüchte rankten sich um den 26-Jährigen, unter anderen wurde er mit einem Cockpit bei Team Australia in Verbindung gebracht. Auch für einen Einsatz bei Forsythe wurde der Brasilianer gehandelt.

Titel-Bild zur News: Raphael Matos

Raphael Matos' Wechsel in die Indy-Pro wird von vielen Fragezeichen begleitet

Da eine ChampCar-Saison einen Piloten gut und gerne 2 Millionen Dollar kostet, hatte er auch genau die finanziellen Mittel in der Hand, um die CCWS zu bestreiten. Doch aus all dem wurde nichts - der Brasilianer packte die Koffer und wechselte zum Erzrivalen in Richtung Indy-Cars, um dort für Andretti-Green in der Indy-Pro-Serie Rennen zu bestreiten.#w1#

Die Indy-Pro-Serie ist für die IRL das, was die Formel-Atlantic-Serie für die CCWS ist: Die Nachwuchsklasse. Im Grunde genommen hat Matos als amtierender "Zweitliga-Champion" lediglich in eine andere zweite Liga gewechselt, um dort quasi von vorne anzufangen. Das wirft einige Fragen und Ausrufezeichen auf. Zunächst muss man sagen, dass Matos in der IndyCar nun wohl kein Cockpit mehr ergattern dürfte, die allermeisten Plätze sind besetzt und bei Panther Racing gilt eher P.J. Chesson als Topfavorit. Auch Minardi-Pilot Dan Clarke kokketiert mit einem Wechsel zu Panther, der nächste Abwanderungswillige steht also auch schon in den Startlöchern.

Attraktivität der Serie nicht mehr hoch genug?

Da alle Plätze belegt sind, warum dann unbedingt in die IndyCars-Nachwuchsklasse, wenn Matos die höchste ChampCar-Serie hätte haben können, wo er sich hätte locker ein Cockpit leisten können? Für manchen Beobachter mag das ein weiteres Zeichen dafür sein, dass es der einstmals so stolzen und glorreichen Rennserie nicht mehr allzu gut geht.

Viele Topstars haben sich von der CCWS abgeseilt, Superstar Sébastien Bourdais, der zumindest in den letzten Jahren für ein klares Profil der ChampCar-Serie gesorgt hat, wird 2008 einen Formel-1-Toro-Rosso pilotieren. Der einzige Held, der noch übrig ist, ist Paul Tracy. Es fehlt der Rennserie an klaren, großen Namen mit Erfolgen im Rücken, mit denen man sich messen kann.

Ein Rennfahrer will nicht nur Titel und Meisterschaften holen, in jedem Piloten brennt der heiße Wunsch, zu beweisen, dass er der Beste ist. Doch das ist in einer Rennserie, wo sich die Besten nach und nach verabschiedet haben, etwas schwierig. Möglicherweise lockt dies Matos in Richtung IndyCars, möglicherweise ist es die allgemeine Krise in der einstmals schillernden Motorsportklasse, die ihn abschreckt.

Eigentlich standen die ChampCars auf dem Programm

Vor noch nicht allzu langer Zeit sahen die Pläne des 26-Jährigen noch anders aus: " Ich erwarte, das die ChampCar-Serie mein letzter Schritt sein wird, ich kann es für einige Jahre in die ChampCar schaffen, dann werde ich sehen, was passiert. Mein nächstes Ziel besteht darin, die Meisterschaft in der ChampCar zu gewinnen. Mir geht es nur darum, Ergebnisse zu erzielen und Meisterschaften zu gewinnen. Das ist es, was einen hochleben lässt, in Rennen und Meisterschaften zu siegen. So wird man belohnt."

Raphael Matos

Raphael Matos sucht sein Glück in der Konkurrenzserie der ChampCars Zoom

Es ist natürlich auch möglich, dass der Brasilianer auf einen Einsatz beim Indy500 spekuliert, denn Andretti-Green setzt im größten Rennen der IRL gerne ein fünftes Auto ein. Es ist auf jeden Fall seltsam, dass ein Atlantic-Champion nicht den nächsten logischen Schritt vollzieht, wie sein Vorgänger Simon Pagenaud und in die ChampCar wechselt. Für die CCWS ist dies natürlich ein weiterer harter Schlag, dass ihr bester Nachwuchs in die Konkurrenzserie wechselt, der die kränkelnde Rennserie hätte weiter bereichern können.

Andererseits wurden die besten Fahrer der letzten Jahre aus Europa, aus Formel 3000 und Formel 1 rekrutiert. Vielleicht ist aber auch genau das einer der Gründe, warum die CCWS sich momentan nicht so stolz präsentiert, wie ihre ruhmreiche Vergangenheit, nachdem Amerikaner in dieser eigentlich amerikanischen Rennserie zur Ausnahme geworden sind.

Matos ist ein leidenschaftlicher Rennfahrer

Dabei wird Matos gegenwärtig noch als eines der heißesten Talente Brasiliens gehandelt, welches nur auf Rennen fahren fokussiert ist. Kaum hatte er den Atlantic-Titel in Road America in der Tasche, half er seinem siegreichen Sierra-Sierra-Team, neue Fahrer für die ChampCar-Atlantic-Serie zu testen und nahm an diversen US-Kart-Meisterschaften teil.

"Persönlich ordne ich diesem Ziel, besser zu werden, alles unter", kommentierte Matos. "Selbst im Fitnessraum, beim Radfahren oder beim Laufen denke ich an mein Rennauto. Ich arbeite so hart, um eines der coolsten Autos dieses Planeten zu fahren. Es macht mir Spaß, etwas zu machen, das ich genieße und davon zu leben. Das ist das Tolle an der Sache."

Seine Leidenschaft zum Rennsport drückt er wie folgt aus: "Es ist etwas Natürliches für mich. Wenn ich im Auto sitze, ist das so natürlich, ich fühle mich bei diesem Job so unglaublich wohl. Ich fühle, dass ich ein Rennauto schnell fahren kann und dass ich das besser, als die anderen Jungs kann. Das sorgt dafür, dass ich noch härter versuche, noch besser zu werden. Die Herausforderung macht einen hungrig."

Und satt sei Matos nicht: "Ich bin ein verdammt hungriger Kerl. Ich möchte immer vorne dabei sein, aber manchmal muss man sich selbst etwas bremsen. Man muss sich unter Kontrolle haben. Jedes Mal, wenn ich nicht vorne dabei war, war irgendetwas entweder mit mir oder dem Auto nicht verbunden. Man möchte zu 100 Prozent schneller sein, als man ist. Es geht um den Versuch zur Perfektion. Dieses Selbstvertrauen hatte ich dieses Jahr."

Dabei hatte Matos vor seinem Titelgewinn einige harte Lektionen zu lernen. Nachdem er in seiner ersten Saison in der ChampCar-Atlantic-Serie beständig schnell war, verursachte er gegen Rennende oft irgendwelche Zwischenfälle, so dass er in seiner Premierensaison nur einmal gewann. Aus all dem lernte der neu AGR-Pilot und sorgte im Folgejahr mit sechs Siegen, vier Poles und neun Podestplätzen für eine souveräne Vorstellung, welche ihm den Titel brachte.