• 09.01.2024 14:03

  • von Roland Hildebrandt

Mercedes-Benz B 55 (2010): Irres Unikat mit 5,5-Liter-V8!

Von außen deutet nur wenig darauf hin, aber in dieser B-Klasse der ersten Generation wütet ein dicker V8 - Leider blieb es beim hauseigenen Unikat

(Motorsport-Total.com/Motor1) - Okay, in der Überschrift steht "Rentnerschaukel". Dabei hat die erste Mercedes B-Klasse der Baureihe 245 viele Vorzüge, wenn man ihr Senioren-Image ausblendet. 2005 erschienen, sieht man noch heute, gut 13 Jahre nach Produktionsende viele 245er-B-Klassen im Straßenbild. Allein im Jahr 2007 wurden über 50.000 Fahrzeuge neu zugelassen!

Titel-Bild zur News: Mercedes B 55 (2010)

Mercedes B 55 (2010) Zoom

Ein solider (und gerade wegen des Images) oft günstiger Gebrauchtwagen, der auf 4,27 Meter Länge viel Platz und eine bequeme Sitzposition bietet. Von der damaligen A-Klasse hatte der B das Sandwich-Konzept übernommen. Bis zu 2.245 Liter Kofferraumvolumen waren möglich. Nicht zu empfehlen sind aber das anfällige Lamellen-Schiebedach und das stufenlose Autotronic-Getriebe.

Motorenseitig findet man meist die milden B 150/160/170 mit Leistungen zwischen 95 und 116 PS. Das Maximum war der B 200 Turbo mit 193 PS. Doch Mercedes konnte auch ganz anders, wie wir bei der Suche nach Bildern der ersten B-Klasse entdeckt haben. Plötzlich taucht ein B 55 auf. Wie bitte? Das klingt eher nach AMG. Und das bei einem ziemlich unsportlichen Auto.

Start als Azubiprojekt

Mercedes Großbritannien stellte Anfang 2010 den B 55 vor: eine B-Klasse mit V8-Motor sowie Hinterradantrieb - ganz wie ein Sportwagen. Und zwar ohne den Zusatz "AMG", denn Affalterbach hatte mit dem Projekt nichts zu tun.

Das Auto mit der Bezeichnung B 55 entstand in der Mercedes-Fabrik in Rastatt auf Anregung des Werksleiters Peter Wesp hin. Er gab seinem Stab den Auftrag, ein ungewöhnliches Fahrzeug auf Basis der B-Klasse zu bauen.

Andreas Würz, verantwortlich für die technische Ausbildung der Azubis, nahm einen Zollstock, vermaß die B-Klasse und kam zu einer erstaunlichen Schlussfolgerung: Es müsste ein V8 hineinpassen. Zusammen mit seinem Kollegen Matthias Rieger sammelte er ein Team aus zwölf Azubis aus dem zweiten und dritten Lehrjahr um sich und stellte die Spezifikationen zusammen.

Abgassystem aus Ersatzteilen zusammengebastelt

Das Raumkonzept der B-Klasse sollte unverändert bleiben, und auch außen waren nur geringfügige Änderungen geplant. Der Innenraum war an die gestiegene Power anzupassen. Schließlich sollte das Ergebnis alltagstauglich sein. Ausgegangen wurde von einem B 200 CDI, der ohnehin für Lernzwecke bestimmt war.

Als neuen Motor fand Würz einen 5,5-Liter-V8 mit 388 PS Leistung und 530 Newtonmeter Drehmoment. Jener Saugmotor namens M 273 KE 55, der unter anderem im E 500 und S 500 jener Jahre zum Einsatz kam. Er wurde zusammen mit einer Siebengang-Automatik in die B-Klasse implantiert.

Das Abgassystem entstand aus verschiedenen Ersatzteilen und erhielt ein Doppelendrohr, das für einen markanten Sound sorgen sollte. Als nächstes wurde das Problem der Umstellung von Front- auf Hinterradantrieb angegangen. Es stellte sich heraus, dass sich die Hinterachse einer älteren E-Klasse der Baureihe W 210 geometrisch gut eignen würde. Mithilfe eines Hilfsrahmens wurde das Teil in die B-Klasse eingebaut.


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In unter sechs Sekunden auf Tempo 100

Die Bremsen wurden vom C 32 AMG übernommen: Vorne bekam das erstarkte Familienauto belüftete Scheiben der Größe 345 x 34 Millimeter, hinten ebenfalls belüftete Scheiben mit der Dimension 300 x 30 Millimeter. Dann kamen noch 8.5 x 18 Felgen von AMG und Reifen der Größe 235/40 ZR 18 Y vorne hinzu. Die Hinterachse bekam Räder der Größe 9 x 18 mit Reifen der Dimension 255/35 ZR 18 Y.

Im Innenraum erhielt der B 55 Alcantara-Verkleidungen für die A-, B- und C-Säulen sowie für den Dachhimmel, hinzu kamen noch Leder-Alcantara-Sitze. Zum Schluss spendierte die Lackiererei ein weißes Outfit mit dunklem Kühlergrill und dunkel getönten Scheinwerfern.

Besonders stolz ist das Projektteam, dass der B 55 mit 1.620 Kilo nur etwa 180 Kilo schwerer ist als das Ausgangsmodell. Damit sollte der Sprint auf Tempo 100 in unter sechs Sekunden klappen, so Teamleiter Würz.

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Kaum zu glauben also, was antriebsseitig alles in die unscheinbare B-Klasse so hineinpasste: Es gab sie auch mit Erdgasantrieb, aber auch Prototypen mit Brennstoffzelle und das Projekt eines "E-Cell Plus" mit Elektromotor und Range Extender. Um den B 55 ist es aber wirklich schade. Oder?

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