• 09.10.2008 07:37

  • von Pete Fink

Das große Titel-Interview mit Timo Bernhard (1)

Timo Bernhard, der frischgebackene LMP2-Champion der ALMS, lässt im Exklusiv-Interview mit 'Motorsport-Total.com' die Saison 2008 Revue passieren

(Motorsport-Total.com) - Nach 2007 gewann Timo Bernhard auch in diesem Jahr die Meisterschaft in der LMP2-Klasse der American-Le-Mans-Serie. Der erfolgreiche Titelverteidiger saß dabei natürlich wieder in einem Porsche RS Spyder, in dem er nicht nur die starke LMP2-Konkurrenz der Acura/Hondas hinter sich lassen konnte, sondern bisweilen sogar im LMP1-Konzert der Audis mitmischte.

Titel-Bild zur News: Timo Bernhard

Timo Bernhard ist seit dem vergangenen Wochenende zweifacher ALMS-Champion

Porsche-Werksfahrer Bernhard ist seit Anfang 2001 fast ausschließlich in den USA aktiv. Beim Petit-Le-Mans am vergangenen Wochenende in Road Atlanta holte er sich ein Saisonrennen vor dem Ende den Titel vorzeitig, und erzählte im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' bestens gelaunt über das, was 2008 in der ALMS so alles geschah.

Frage: "Timo, erst einmal Herzlichen Glückwunsch zum Titel in der LMP2-Klasse. Für dich war es ja bereits die zweite Meisterschaft im RS Spyder in der ALMS - wie fühlt man sich als frischgebackener Champion?"
Timo Bernhard: "Auf jeden Fall sehr befreit und glücklich, denn die Saison 2008 war schon ziemlich hart. Man hat gesehen, dass Acura deutlich aufgerüstet hat und wenn man sich anschaut, welche IndyCar-Stars sie beim Petit-Le-Mans in die Schlacht geworfen haben, da war deren Ziel uns zu schlagen schon deutlich erkennbar."

"Aber was wir die gesamte Saison perfekt hinbekommen haben, war es ganz einfach, aus jeder Situation das Beste zu machen und so bin ich sehr froh gegen diese harte Konkurrenz letztlich den Meistertitel geholt zu haben."#w1#

Frage: "Ich nehme an, dass du dabei auf Scott Dixon und Dario Franchitti ansprichst, aber das hat Porsche mit Ryan Briscoe und Helio Castroneves ja gut gekontert..."
Bernhard: "Ganz genau. Und für uns Sportwagen-Piloten war es dann toll zu sehen, dass die IndyCar-Jungs uns nicht um die Ohren fahren, sondern dass eher sie versuchen mussten, mit uns mitzuhalten."

Ein ALMS-Routinier mit 27

Timo Bernhard

Mit 27 Jahren ist Timo Bernhard zweifacher ALMS-Champion in der LMP2 Zoom

Frage: "Wie lief denn in Road Atlanta bei Penske und Porsche die Zusammenarbeit mit Ryan Briscoe und Helio Castroneves?"
Bernhard: "Es lief super. Ryan hatte natürlich noch die Erfahrung aus dem letzten Jahr. Er kannte das Auto recht gut, was ihm natürlich sehr geholfen hat, denn er war ganz schnell wieder auf dem Speed. Bei Helio war das alles schon ein wenig länger her, denn es war in Sebring 2007, als er zum letzten Mal mit Romain Dumas und mir zusammen gefahren ist."

"Aber auch Helio hat sich unheimlich gefreut, wieder mit dem Auto zu fahren. Bei solchen Gelegenheiten merkt man auch erst einmal wieder, wie schnell wir mit den Sportwagen unterwegs sind, denn er sagte nach seinem ersten Test, dass ihm sein Nacken ganz schön weh tun würde."

"Daran erkennt man, mit welchen Kurvengeschwindigkeiten wir unterwegs sind. Die Zusammenarbeit selbst war auch klasse. Die beiden haben uns viele Fragen gestellt, und sie haben von Beginn an versucht, von unserer Erfahrung mit dem Auto zu profitieren."

Frage: "Nun bist du mit deinen erst 27 Jahren schon einer der dienstältesten Piloten in der ALMS..."
Bernhard: "Also die meisten ALMS-Starts habe ich noch nicht, ich habe die meisten Starts in Folge. Es sind jetzt 75 Rennen, die ich in der ALMS gefahren bin und ich hatte bis jetzt keine Unterbrechungen. Mein erstes Rennen war Sebring 2001 - damals in einem Porsche von Alex Job - und seitdem geht es ohne Pause dahin."

"Aber es stimmt: So viele ALMS-Rennen am Stück hat noch kein Pilot gefahren. Mir selber war das gar nicht so sehr bewusst, das hat man mir vor kurzem erst erzählt. Da merkt man dann, wie lange ich schon in dieser Serie fahre - und man fühlt sich plötzlich ein bisschen alt (lacht; Anm. d. Red.)."

Die Acuras heizten Porsche gewaltig ein

David Brabham

Der Highcroft-Acura war 2008 der härteste Titelkonurrent für Porsche Zoom

Frage: "Jetzt hattet ihr in der Saison mit Acura einen starken Konkurrenten. Wenn man das Jahr 2007 für die Acuras einmal als Einstiegsjahr bezeichnet, hattet ihr damit gerechnet, dass euch in der LMP2 auf einmal ein so bärenstarker Konkurrent erwächst?"
Bernhard: "Die Acuras waren eigentlich auch 2007 schon schnell und haben das eine oder andere gute Ergebnis geholt. Aber trotzdem war es damals so, dass in der Startaufstellung meistens beide Porsche in der gleichen Startreihe standen. Wir haben im Titelkampf eher gegen unsere eigenen Teamkollegen gefightet."

"2008 standen wir dann plötzlich in jedem Rennen neben einem Acura. Das war natürlich ein ganz anderes Gefühl, da war der Zweikampf schon richtig hart. Ich kann mich noch gut an Mid-Ohio erinnern. Da stand ich im Qualifying auf P3, vor mir waren zwei Acura und hinter mir auch. Dazu noch die zwei Audis und dann wird einem schnell klar, dass es in so einer Situation keine Schützenhilfe gibt."

Frage: "Aber überrascht von der Stärke der Acuras warst du nicht?"
Bernhard: "Uns war schon klar, dass da in jedem Fall ein Sprung kommen wird, denn wir haben mit dem Spyder zwischen 2006 und 2007 ja auch einen Satz nach vorne gemacht. Das war zwischen unserem ersten und zweiten Jahr, und so einen Schritt habe ich auch von den Acura erwartet."

"Zu Jahresbeginn hatten wir auch noch einen kleinen Vorsprung, aber ab Saisonmitte waren sie mit Porsche auf Augenhöhe. Ab da ging es dann um die Wurst und wir wussten, dass wir nun wirklich alles mobilisieren müssen, um unseren Vorsprung zu behalten. Was dann kam, war extrem enger und hochklassiger Motorsport - aber manchmal gewinnt man schon ganz gerne ein wenig einfacher."

Sebring-Sieg als ein Karrierehöhepunkt

Emmanuel Collard, Romain Dumas, Timo Bernhard

Emmanuel Collard, Romain Dumas und Timo Bernhard feiern den Sebring-Sieg Zoom

Frage: Angefangen hat die Saison 2008 auch schon richtig gut, als ihr mit dem Porsche RS Spyder den Gesamtsieg in Sebring geholt habt..."
Bernhard: "Absolut. Sebring war ein Traum, so ein Rennen gewinnt man nicht alle Tage. Wir haben da überhaupt keinen Fehler gemacht und das Auto lief wie ein Uhrwerk. Wir mussten keinen außerplanmäßigen Stopp machen und haben am Ende durch unsere Konstanz gewonnen."

"Und wenn man sich einmal ansieht, wer in Sebring schon alles gewonnen hat, und sich dann vorstellt, dass ab 2009 am Eingang zum Fahrerlager auch unsere beiden Namen - also vor allem meiner (lacht; Anm. d. Red.) - da stehen werden, dann ist das schon ein toller Moment."

Frage: "Eigentlich hätte man der Meinung sein können, dass euch der Andretti-Green-Acura am meisten zu schaffen machen würde. Aber am Ende war es der Highcroft-Acura, der euch geärgert hat. Wie erklärst du dir das?"
Bernhard: "Ich glaube, dass es beim Highcroft-Acura vor allem dessen Konstanz war, was sich auch schon recht früh in der Saison abgezeichnet hat. Vom Speed waren alle vier bei der Musik, aber sie haben dann doch den einen oder anderen Fehler gemacht."

"Andretti-Green hat schon recht früh damit angefangen, die Fahrer durchzuwechseln, wobei man auch sagen muss, dass das fahrerische Niveau in der ALMS sehr hoch ist. Man sieht dort viele ehemalige IndyCar-Piloten oder, eben wie Franck Montagny auch ehemalige Formel-1-Testfahrer."

Die Audis ärgern...

Porsche RS Spyder

Die beiden Porsche RS Spyder mischten munter bei den LMP1-Audis mit Zoom

Frage: Mal ganz ehrlich: Was ist schöner - die Audis zu schlagen und so einen Gesamtsieg zu holen, oder den Titel in der LMP2-Klasse zu gewinnen?
Bernhard: "Also ganz ehrlich gesagt, ist eine Meisterschaft das Schönste. Aber ganz klar: Wenn man ein LMP1-Auto schlagen kann, dann ist das schon ein richtiges Sahnehäubchen. Da freut man sich zusätzlich, weil man weiß, dass man alles richtig gemacht hat und auch alles perfekt funktioniert hat. Denn nur so kann man einen Gesamtsieg holen."

Frage: Und was hat für dich persönlich mehr Gewicht: Der Gesamtsieg in einem Klassiker wie Sebring oder die Meisterschaft?
Bernhard: "Das ist eine schwierige Frage. Den LMP2-Titel hatte ich 2007 ja schon gewonnen. Sebring war etwas ganz Besonderes, denn so ein Rennen gewinnt man ja nicht alle Tage. Für eine Meisterschaft muss man eine ganze Saison lang das Beste aus einer Situation machen und sein Denken auch in diese Richtung leiten. Da jetzt eines herauszuheben ist sehr schwer. Ich denke, dass beides für mich gleiches Gewicht hat."

Frage: "Wenn man deine Karriere so ein wenig verfolgt hat, dann stellt man fest, dass du ein Spezialist zu sein scheinst, wenn es darum geht, Klassiker gegen überlegene Autos zu gewinnen. Sebring ist da nur ein Beispiel, spontan fallen mir auch die 24 Stunden von Daytona aus dem Jahr 2003 ein, wo du zusammen mit Jörg Bergmeister in einem GT-Fahrzeug gewonnen hast. Ist dieser Eindruck richtig?"
Bernhard: "Gut, bei so etwas müssen halt auch die Umstände passen. Ich bin ja durch die Porsche-Juniorensschule gegangen und dort habe ich gelernt, dass man den Speed auch in Konstanz umsetzen muss. Diese Paarung kann bei passenden Rahmenbedingungen zu solchen Ergebnissen führen und in diesen beiden Fällen ist das auch perfekt umgesetzt worden."

"Ich persönlich sehe mich jetzt auch nicht als Fahrer, der auf Messers Schneide nur eine einzige schnelle Runde hinknallt, sondern für mich ist es wichtig, dass ich bei so langen Rennen einen hohen Speed über eine lange Distanz gehen kann."

"Klar, wenn man zulegen muss, dann werden ein paar schnelle Qualifying-Runden hingelegt. Aber trotzdem musst du den Rennspeed auch konstant über die gesamte Zeit fahren können, das ist bei den langen Rennen ganz extrem wichtig."

Teil zwei des großen Exklusiv-Interviews mit Timo Bernhard beschäftigt sich morgen vor allem mit seiner Beziehung zur Nordschleife, seinem generellen Eindruck über die ALMS und was der Saarländer am liebsten macht, wenn er nicht in einem Rennwagen sitzt.

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