• 06.07.2009 14:10

Kopf an Kopf: Schweiz und Irland

Die beiden A1GP-Teamchefs Max Welti und Mark Gallagher blicken auf zwei turbulente Jahre zurück, in denen ihre Teams je einmal Meister wurden

(Motorsport-Total.com) - Die Schweiz und Irland waren in den vergangenen beiden Jahren die erfolgreichsten Teams in der A1GP-Serie. Die Schweizer konnten den Nationen-Weltcup in der Saison 2007/08 mit Pilot Neel Jani für sich entscheiden. In der Saison 2008/09 holten sich die Iren mit Adam Carroll den Titel. Im Doppelinterview blicken die beiden Teamchefs, der Schweizer Max Welti und der Ire Mark Gallagher, zurück auf die vergangenen beiden Jahre, in denen sie Höhen und Tiefen erlebt haben.

Titel-Bild zur News: Adam Carroll

Adam Carroll und Mark Gallagher feierten im Mai denm Titelgewinn für Irland

Frage: "Fangen wir einfach an: Was macht ihr Team so erfolgreich?"
Mark Gallagher: "Ich denke, es ist das Verständnis dafür, die Millionen Dinge richtig zusammenzubringen, damit es funktioniert. Das Wichtigste ist aber, dass die Leute im Team zusammenarbeiten. Das Tolle an der A1GP-Serie ist, dass alle die gleiche Technologie haben. Deshalb kommt es wirklich auf die Leute an und darauf, wie sie zusammenarbeiten. Das entscheidet über Sieg oder Niederlage. Wir haben es geschafft, ein perfekt aufgestelltes Team aufzubauen, in dem die Leute wissen, wie man zusammenarbeitet."
Max Welti: "Es ist die Konstanz und die sehr gute Stimmung im Team. Dazu kommt ein brillanter Fahrer und gut Ingenieure. So langweilig es klingen mag: Es geht ums Teamwork."#w1#

Frage: "Wer war 2008/09 ihr schärfster Konkurrent?"
Gallagher: "Unser schärfster Rivale war in der vergangenen Saison fraglos das Schweizer Team mit Neel Jani. Ich habe noch nie lange mit Neel gesprochen, aber ich halte ihn für einen der besten Fahrer der Welt. Die A1GP hat das Glück, dass er nicht in der Formel 1 fährt, denn er legt die Messlatte, an der sich die anderen orientieren müssen."
Welti: "Irland. Nicht nur ihr Fahrer, sondern das gesamte Team war großartig. Ihre Stärke war das Teamwork. Es ist ein brillantes Team. Das war es schon immer, aber in dieser Saison hat alles zusammengepasst."

Frage: "Wie fühlt es sich an, die A1GP-Serie zu gewinnen?"
Gallagher: "Das kann man mit Worten gar nicht richtig beschreiben. Der 3. Mai 2009 war ein sehr seltsamer Tag für mich. Dank Adams Doppelpole vom Vortag lagen wir vom Start weg in Führung und es lief einfach perfekt. Es ist ungewöhnlich, dass alles so gut läuft. Es ist schwer zu beschreiben, was man im Moment des Siegs fühlt, aber ich werde es versuchen: Euphorie, Stolz, Befriedigung, Erleichterung. Es ist einfach wunderbar, wenn man nach vier Jahren harter Arbeit all das erreicht, was man sich vorgenommen hat."
Welti: "Das Fantastische an der A1GP-Serie und am Erfolg ist, dass man für sein Land fährt und seine Kultur auf der ganzen Welt repräsentiert. Für kleine Länder wie die Schweiz, Irland oder auch Holland ist es toll, dass man sein Land mit diesem fantastischen Sport weltweit vertreten kann. Ich liebe mein Team und wenn man erflgreich ist, ist das das Sahnehäubchen oben drauf."

Max Welti

Max Welti führte die Schweizer in der Saison 2007/08 zum Titelgewinn Zoom

Frage: "Was war die beste Entscheidung, die Sie je in der A1GP-Serie getroffen haben?"
Gallagher: "Meine beste Entscheidung war, dass ich Adam Carroll in mein Team holen wollte. Ich habe es schon in den ersten beiden Saisonen versucht, aber da war er noch zu beschäftigt."
Welti: "Es war eien Kombination daraus, immer mit Neel Jani zu sprechen, James Robinson davon überzeugen zu können, zu uns zu kommen und all meine tollen Sponsoren an Land zu ziehen."

Viel Lob für die Fahrer

Frage: "Denken Sie, dass Sie derzeit den besten Rennfahrer Ihres Landes im Cockpit haben, unabhängig davon, wer wegen anderer Verträge nicht verfügbar ist?"
Gallagher: "Bei Adam Carroll ist das zweifellos der Fall. Ich denke, dass alle anderen irischen Fahrer dem auch zustimmen würden. In seinem Alter, mit seiner Erfahrung und in der jetzigen Phase seiner Karriere ist er der Beste und der Richtige für diesen Job. Und das hat er auch gezeigt."
Welti: "Ich denke, dass Neel derzeit nicht nur der beste Schweizer Pilot ist, sondern ich bin auch der Meinung, dass er weltweit einer der besten Fahrer ist. Wir hatten in der zweiten Saison Sébastien Buemi für sechs Rennen im Auto, aber er hat damals nicht die Konstanz gezeigt, die er jetzt hat. Leider hatte ich in den vergangenen Jahren nicht mehr die Gelegenheit, mit ihm zusammenzuarbeiten. Ich kann Sébastien und Neel jetzt nicht direkt miteinander vergleichen, denn Sébastien hat sich sicher weiterentwickelt, seit er bei uns in der A1GP-Serie war. Aber Neel ist meiner Meinung nach einer der besten Fahrer, die die Schweiz je hatte."

Frage: "Werden Sie in der fünften Saison mit diesen Fahrern weitermachen?"
Gallagher: "Wir haben vor und nach dem Titelgewinn in brh darüber gesprochen. Adam würde sehr gern seinen Beitrag dazu leisten, dass Irland den Titel verteidigen kann. Ich denke, der Ausdruck "Beitrag leisten" ist wichtig, denn er weiß, dass wir nach zwei Jahren vielleicht auch andere junge Fahrer mit einbringen wollen und er würde das unterstützen. Es verwundert auch nicht, dass Adam sich auch nach Möglichkeiten außerhalb der A1GP-Serie umsehen möchte. Er würde gern Rennen wie das Indy 500 und den Grand Prix von Monaco fahren. Diese anderen Serien reizen ihn, aber er ist auch von der A1GP-Serie sehr begeistert. Er glaubt, dass das die beste Serie ist, in der er je gefahren ist und er hat uns versprochen, dass er wieder für das irische Team fahren wird, egal was er sonst noch an deren Dingen tun wird. Er hat mir gesagt, dass ihn kein Vertrag und kein Teamchef daran hindern können, zu uns zurückzukehren. Denn er hat es so genossen und das war die bisher wichtigste Phase seiner Karriere."

Neel Jani, Adam Carroll

Neel Jani musste den A1GP-Weltcup an Adam Carroll übergeben Zoom

Welti: "Ja, bei uns haben es beide Seiten vor. Ich sage das jedoch mit einer gewissen Vorsicht. Es sieht ganz gut aus, aber es hängt noch von ein paar Entscheidungen wichtiger Partner ab. Wenn diese Entscheidungen positiv ausfallen, dann ja. Wenn sie negativ ausfallen, wird es ein bisschen schwieriger. Ich bin auch deshalb vorsichtig, weil wir ihn verlieren könnten, wenn sich in der Formel 1 bei einem guten Team ein Platz für ihn bietet. Er hat mir jedoch gesagt, dass er lieber in der A1GP-Serie vorn mitfährt und um Titel kämpft als in der Formel 1 hinterherzufahren."

Die stillen Helden

Frage: "Wer ist der stille Held in Ihrem Team, der für seinen Job eigentlich nie die nötigen Lorbeeren erntet?"
Gallagher: "Niall Quinn, unser Rookie. Über ihn wird kaum berichtet, er hat keine Publicity. Er ist in Irland nicht berühmt, er war noch bei keiner TV-Show, er wurde nicht fotografiert, er gibt nicht viele Autogramme. Er bekommt eigentlich keien Anerkennung dafür, dass er am Freitagmorgen ins Auto steigt und dabei mehr als einem feststellt, wo es am Auto noch Probleme gibt. Er ist ein klasse Fahrer, ein toller Typ, ein echter Teamplayer und ich muss ihm Anerkennung dafür zollen, wie er in den vergangenen beiden Jahren war. Wenn Adam nicht mehr länger für uns fährt, würden wir Niall gern eine Chance geben, denn ich verspreche: Seine Lehrzeit hat er bereits beendet."

Welti: "Ich bin stolz auf die Jungs, die hinter den Kulissen einen fantastischen Job machen - meine Mechaniker. Wie sich sich in der vergangenen Saison im Vergleich zu früher gesteigert haben, ist unglaublich. Wir hatten nicht einen technischen Defekt. Wir hatten ein paar Unfälle, nach denen sie die ganze Nacht durcharbeiten mussten. Und man darf nicht vergessen, dass wir das Auto erst zwölf Stunden vor dem ersten Training in Zandvoort bekommen haben. Sie haben ohne zu schlafen die ganze Nacht durchgearbeitet. Aber man sieht sie nie. Man bekommt sie zwar beim Boxenstopp zu Gesicht, aber das ist anonym. Sie tragen ihre Helme, aber würde man sie erkennen, sobald sie den Helm abnehmen? Niemals..."

Niall Quinn

Rookie Niall Quinn ist für Mark Gallagher der stille Held im Team Zoom

Frage: "Welche Regeländerung hätten Sie gern in der A1GP-Serie?"
Gallagher: "Ich bin ganz ehrlich der Meinung, dass das Reglement so weiterentwickelt wurde, dass es jetzt wirklich perfekt ist. Das einzige, was ich ändern würde, wäre der Einsatz des Powerboosts im Qualifying. Jeder Fahrer sollte den Powerboost in den vier Segmenten zweimal benutzen dürfen, wann immer er will."
Welti: "Ich würde gern Rookie oder potenziellen Rookies zu mehr Zeit hinter dem Steuer verhelfen. Da geht es nicht darum, dass mehr getestet wird, sondern dann man mehr Möglichkeiten hat, potenzielle Rookies zu testen. Ein Rookie-Rennen oder eine Rookie-Meisterschaft wäre gut. Irgendetwas, womit ihre Entwicklung während der Saison einschätzen kann."

Frage: "Wer wird in der fünften Saison der schärfste Gegner?"
Gallagher: "Kanada, falls sie wieder teilnehmen. Leider waren sie in der vergangenen Saison nicht dabei, aber im Jahr davor und wir haben ihnen beim Engineering für ihr Auto geholfen. Meiner Meinung nach ist Robert Wickens nch Adam Carroll der aufregendste Fahrer, den ich in der A1GP je gesehen habe. Wenn Robert mit dem kanadischen Team zurückkehren würde, wäre er ein herausragender Gegner."
Welti: "Ich denke, dass es wieder Irland und vielleicht die Niederlande sein werden. Ich bin mir sicher, dass die Niederländer ganz dicht davorstehen, sehr erfolgreich zu sein. Der nächste Gegner ist Portugal, die dürfen wir auch nicht vergessen. Es war sehr beeindruckend, was Portugal im vergangenen Jahr mit dem kleinen Budget erreicht hat. Es ist eine schwierige Frage, denn es gibt in der A1GP viele Leute mit viiel Potenzial. Neuseeland, Indien, USA und Frankreich. Wenn es dort an etwas fehlt, dann nur daran, dass sie noch nicht alle Zutaten richtig zusammenhaben."