Wurz: "Es ist cool und heroisch"

(Motorsport-Total.com) - Modernes Heldentum und Faszination Technik sind zwei Faktoren, die in der Le-Mans-Szene für ganz besonderen Reiz sorgen. Diesem Reiz ist Alexander Wurz seit langer Zeit erlegen. Der Toyota-Werkspilot peilt mit den Japanern seinen dritten Gesamtsieg bei den 24 Stunden von Le Mans an. Wurz hatte den Klassiker bereits 1996 (mit Porsche) und 2009 (mit Peugeot) gewonnen. Im Interview erklärt der 69-malige Grand-Prix-Teilnehmer seine Faszination für die Szene.

© Toyota

Alexander Wurz an seinem neuen Arbeitsplatz: Das Cockpit des Toyota TS030 Zoom

Frage: "Alex, du bist bei Weitem nicht der einzige Ex-Formel-1-Pilot in der WEC. Warum kommen Piloten wie Sebastien Buemi, Nick Heidfeld oder Kamui Kobayashi so gern in die Szene?"
Alexander Wurz: "Zwei Dinge sind hier vordergründig. Einerseits die Faszination von Le Mans und seinem Ruf, Prestige und Mythos. Kurzum: der Stellenwert."

"Zweitens sind es ganz klar die Autos. Es sind ausgewachsene Rennautos mit viel Abtrieb und schnellen Rundenzeiten. Deshalb finden richtige Sportprototypen in der Gruppe-C-Zeit sowie auch jetzt wieder den vollen Anklang bei Vollblut-Profirennfahrern."

Frage: "Ist ein moderner LMP1 näher dran an der Formel 1 als beispielsweise DTM, V8-Supercar und Co.?"
Wurz: "Ja, einziger Unterschied ist nur das Gewicht. 900 Kilogramm wiegen halt schwer, deshalb sind die LMPs langsamer als die Formel-1-Autos. Aber die Prototypen haben fette Slicks, sehr moderne und interessante Technik und sind ganz klare Downforce-Autos."

"Die DTM-Autos sind zwar auch super cool, aber nicht ganz so nahe bei der Formel 1 wie die Sportwagen. Die Technik, die bei unseren Fahrzeugen verwendet wird, ist fast identisch mit der Formel-1-Technik. Die Art der Denkweise und die Kompromisslosigkeit bei Aerodynamik machen die Nähe zur Formel 1 aus."

Mit 800 PS durch die Ecken

Frage: "Gibt es für dich Rennen oder Passagen auf Strecken, die in einem LMP1 sogar mehr Spaß machen als mit einem Formel-1-Auto?"
Wurz: "Das kommt auf deine eigene Einstellung an. Ich finde Sportwagen cool und heroisch, schon seit meiner Kindheit. Deshalb stehe ich immer noch vor dem Auto und denke mir 'Geil, damit werde ich jetzt mit über 300 km/h durch die Nacht wetzen!" Diese flachen Dinger sind einfach cool, deshalb machen sie so viel Spaß."

"Wobei ich auch ganz offen sein muss: Das Reglement nimmt den Sportwagen jedes Jahr mehr Leistung weg. Das finde ich als 'Benzinbruder' nicht gut, obwohl ich es aus Sicherheits- und Kostengründen verstehe. 2009 hatte der Peugeot unendlich viel Drehmoment und 800 PS. Das war schon sehr cool. Da konnte man in einer Fünfte-Gang-Kurve mit dem Gas lenken. Jetzt haben wir etwa 30 Prozent weniger Leistung, sind aber fast so schnell, weil die Autos und Reifen besser wurden."

© DPPI

Ex-Formel-1-Piloten unter sich: Alexander Wurz (Toyota) und Allan McNish (Audi) Zoom

"Dennoch: Power kann durch nichts ersetzt werden... Aber noch einmal deutlich gesagt: Ja, der Sportwagen kann saumäßig Spaß machen! Außerdem fährt ein bisschen Steve McQueen mit, wenn man in Le Mans auf die 13,6 Kilometer lange Strecke rausfährt."

In der LMP1 gibt es Geld zu verdienen

Frage: "Rechnest du damit, dass weitere Leute aus der Formel 1 in die Szene kommen - zum Beispiel Mark Webber?"
Wurz: "Beim Webber bin ich nicht so sicher. Er hat ja mit seiner Flugakrobatik die Sportwagen nicht so gut in Erinnerung. Andere werden logisch versuchen, einen Platz in den LMP1-Werksteams zu ergattern. Viele große Namen haben versucht oder versuchen in die LMP1-Werksteams zu kommen."

"Es ist toller Sport, tolle Autos und es sind Werke dabei. Und das coolste im LMP1-Sport: Bei keinem Werksteam ist ein Paydriver dabei. Alle Piloten der Werksteams werden angestellt, weil sie die beste Wahl für das Team darstellen. Das finde ich ultracool."