Von Dehnübungen und Pfefferminztee: Rituale vor dem Rennen

Wie bereiten sich die Teilnehmer des 24-Stunden-Rennens von Le Mans eigentlich auf ihre Aufgaben im Cockpit vor?

(Motorsport-Total.com) - Das 24-Stunden-Rennen von Le Mans verlangt Fahrern, Mechanikern und Zuschauern ein Höchstmaß an Ausdauer ab. Wie bereiten sich die Piloten auf den Marathon im Cockpit vor? "Ein letztes Mal auf die Toilette gehen", hat Timo Bernhard eine ebenso einfache wie naheliegende Methode.

Titel-Bild zur News: Fahrerfeld der 24 Stunden von Le Mans 2014

Die 24 Stunden von Le Mans sind eines der kräftezehrendsten Rennen der Welt Zoom

Der Porsche-Werksfahrer aus Homburg berichtet: "Im Langstrecken-Bereich ist es ja so, dass nach dem Start alles flexibel ist und die Strategie sich schnell ändern kann. Da muss man vielleicht mal früher als geplant ins Auto, zum Beispiel wenn ein Safety-Car kommt. Daher ist es mein Ritual, auf die Toilette zu gehen."

"Und natürlich ist auch die Vorbereitung ganz wichtig. Ich achte drauf, dass Dinge wie Handschuhe und Ohrstöpsel doppelt da sind, damit man da nichts vermisst. Die Erfahrung hilft da ungemein. Wenn du dieses Rennen ein paar Mal bestritten hast, weißt du genau, worauf du achten musst", bemerkt der 33-Jährige.

Jani schwört auf Dehnübungen und Ohrläppchen-Drücken

Neel Jani

Der Schweizer Porsche-Pilot Neel Jani hat indische Wurzeln Zoom

Bernhards Porsche-Teamkollege Neel Jani erzählt: "Ich wärme mich seit 2002, seit der Formel-Renault-Zeit, immer genau gleich auf. Das habe ich das erste Mal in Anderstorp gemacht, beim Formel-Renault-Rennen. Es war meine erste Pole im Eurocup, aber meine Seite der Startaufstellung war noch ein bisschen nass."

"Ich war ein bisschen aufgeregt, also hat mir mein Papa gesagt: 'Wärm dich mal ein bisschen auf!' Bis dahin hatte ich darüber noch nie nachgedacht, sondern ich bin einfach eingestiegen. Wir hatten da ja noch keine Physios oder so. Ich habe das Rennen dann locker vor Kubica und Roberto Streit gewonnen - und ich habe von da an sehr viele Rennen gewonnen! Also habe ich das beibehalten", so Jani.

Wie sieht Janis Vorbereitungsprogramm konkret aus? "Verschiedene Dehnübungen zum Aufwärmen, ein bisschen Nacken, Augen und Ohren reiben. Wenn man am Ohrläppchen drückt, kann man sich ja wach machen. Da hole ich das Indische in mir ein bisschen raus", grinst der über indische Wurzeln verfügende Schweizer und offenbart, mit einer einstigen Gewohnheit gebrochen zu haben: "Glücksunterhose habe ich keine mehr. Ich habe gemerkt, es geht auch ohne."

Nakajima: Bloß nicht zu viel darüber nachdenken

Kazuki Nakajima

Kazuki Nakajima: Mit dem Alter kommt die Erfahrung - nicht nur im Auto Zoom

Polesitter Kazuki Nakajima (Toyota) hat "kein spezielles Ritual", um sich auf die 24 Rennstunden an der Sarthe vorzubereiten. Der Japaner erinnert sich: "Als ich jünger war, machte ich mir über so etwas noch Gedanken, zum Beispiel, ob ich von links oder von rechts ins Auto einsteigen soll."

"Wenn man aber zu viel darüber nachdenkt, ist das nicht gut. Es kann ja immer mal der Fall eintreten, dass es die Situation nicht zulässt, auf die gewohnte Weise einzusteigen. Dann musst du es zwangsläufig anders machen als sonst und hast sofort ein schlechtes Gefühl, weiß Nakajima.

"Inzwischen habe ich mehr Erfahrung und bin auch entspannter, sagt der 29-Jährige aus Okazaki und kommt zum Schluss: Mit der Erfahrung kommt die Gelassenheit. Ich versuche einfach, ausreichend Ruhe zu finden und mich nicht ablenken zu lassen. Ich glaube, das habe ich von meinen Teamkollegen in Japan, zu denen auch Andre Lotterer gehörte, gelernt."

Wurz als Ernährungsberater

Alexander Wurz

Wurz geht beim Essen und Trinken vor dem Rennen keine Experimente ein Zoom

Auch Porsche-Youngster Brendon Hartley meint: "Ich habe kein bestimmtes Ritual. Manchmal höre ich Musik. Welche Art von Musik, das kommt immer auf die Stimmung an. Insgesamt bin ich ziemlich entspannt. Ich bin in keinster Weise abergläubisch. Es gibt also keine seltsamen Dinge, die ich jedes Mal machen würde. Ich steige zwar immer von derselben Seite ins Auto ein, aber das liegt daran, weil wir dazu gezwungen sind. Ich hätte auch kein Problem damit, von der anderen Seite einzusteigen."

Bezüglich der Ernährung rückt Toyota-Pilot Alexander Wurz mit einem Hinweis heraus: "Man sollte alles meiden, was man auch vorher gemieden hat. Im Rennen muss einfach sichergestellt sein, dass du nur Essen zur dir genommen hast, an das der Magen gewohnt ist." Diesem Prinzip folgt der Österreicher nicht nur beim Essen, sondern auch beim Trinken: "Ich trinke beispielsweise während der 24 Stunden keine isotonischen Getränke, wenn ich sie vorher nicht probiert habe. Normalerweise trinke ich Pfefferminztee."

Wurz' Toyota Teamkollegen Anthony Davidson und Stephane Sarrazin schwören bei der letzten Mahlzeit vor dem Renneinsatz beide auf Pasta. Sebastien Buemi mag ebenfalls Nudelgerichte, "aber nur, wenn ich wirklich hungrig bin. Ansonsten begnüge ich mich mit Früchten", bekennt der Schweizer.