• 09.01.2013 09:02

  • von Roman Wittemeier

Pescarolo-Interview: "Es gibt Möglichkeiten"

Nach der Pleite seines Pescarolo Teams sieht die Le-Mans-Legende mit Zuversicht in die Zukunft: Henri Pescarolo über die aktuellen Rückschläge und die Chancen

(Motorsport-Total.com) - Henri Pescarolo ist ein Racer durch und durch. Als solcher hat der 70-jährige Franzose binnen kurzer Zeit zwei erhebliche Nadelstiche verkraften müssen. 2010 ging sein Team Pescarolo Sport in die Pleite, am gestrigen Dienstag wurde vor Gericht das Ende des Nachfolgers Pescarolo Team besiegelt. Trotz dieser Rückschläge lässt sich die Le-Mans-Legende nicht unterkriegen, wie im exklusiven Interview mit 'Motorsport-Total.com' deutlich wird.

Titel-Bild zur News: Henri Pescarolo

Wann Henri Pescarolo nach Le Mans zurückkehren wird, ist derzeit ungewiss

Frage: "Henri, am gestrigen Dienstag gab es schlechte Nachrichten für dich und dein Team. Was passiert nun mit Pescarolo?"
Henri Pescarolo: "Das Team existiert nun nicht mehr. Mein Team stand laut französischen Recht sechs Monate lang unter einem speziellen Schutz. Das ist vermutlich vergleichbar mit dem System der Kurzarbeit in Deutschland. Während dieser Phase hatte ich als Verantwortlicher die Aufgabe, eine Lösung für die Zukunft zu finden und die Damen und Herren des entsprechenden Gerichts davon zu überzeugen, dass es eine wirtschaftlich vernünftige Zukunft für mein Team gibt."

"Ich hatte sechs Monate lang Zeit, das Gericht zu überzeugen und die offenen Rechnungen zu begleichen. Ich habe alles versucht, ohne gleichzeitig im Motorsport tätig zu sein. Das war nicht möglich. Nach sechs Monaten musste ich eben wieder vor Gericht erscheinen und dort versuchen, die Juristen zu überzeugen, dass ich das Team mittelfristig wirtschaftlich vernünftig betreiben kann. Dieser Termin war am Dienstag, ich konnte den entsprechenden Nachweis nicht erbringen."

Luxury war der Tod des Teams

"Angesichts der aktuell schwierigen Lage in Frankreich, war es mir einfach nicht möglich, solide Geldgeber für ein solches Projekt zu finden. Wir konnten eben keine weiteren WEC-Rennen bestreiten. Das Team Pescarolo wurde aus diesen Grund per Gerichtsbeschluss am Dienstag für tot erklärt. Uns gibt es nicht mehr. Ich persönlich habe dadurch aber keine Probleme."

Frage: "Was hat dazu geführt?"
Pescarolo: "Der einzige Grund war, dass der wichtigste Partner für die Saison 2012 - nämlich Luxury Racing - nicht das Geld gebracht hat, das versprochen war. Das hat mit den Abläufen innerhalb meines Teams eigentlich nichts zu tun. Das hat das Gericht auch so gesehen. Das bedeutet, dass ich als Person Henri Pescarolo nun tun darf, was auch immer ich will. Ich darf weiter Motorsport machen, auch wenn es nicht mehr Pescarolo Team heißen darf. Dieses Team gibt es nicht mehr."

Frage: "Ist die Situation also mit jener von Pescarolo Sport 2010 vergleichbar?"
Pescarolo: "Nein, es ist ganz anders. Damals war ich persönlich nicht mehr in der Verantwortung. Es war damals Jean Py in der Verantwortlichkeit für das Team Pescarolo Sport. Ich selbst war damals nicht mehr involviert. Also ist es ganz anders. Bei der aktuellen Situation stehe ich selbst als Verantwortlicher da. Ich ganz allein habe den Fehler gemacht, mich auf die Zusagen von Luxury zu verlassen."

Frage: "Welche Konsequenzen hat das für dich als Person?"
Pescarolo: "Kaum welche. Das Team und der Teamsitz mit all seinen Einrichtungen gehört mir. Zum Glück habe ich die Möglichkeit, auch jetzt noch damit zu tun, was auch immer ich damit tun möchte."

Frage: "Bedeutet das, dass es eine Chance für einen Neustart gibt?"
Pescarolo: "In meiner aktuellen Situation sehe ich mich nicht in der Lage, nun wieder ein eigenes Team zu starten. Aber ich könnte ein Auto einsetzen, das nicht mir gehört. Ich habe die Möglichkeit, an einem entsprechenden Projekt mitzuwirken, das nicht mir gehört - also kein Projekt von Pescarolo Team ist."

Außer Loeb noch andere Chancen

Frage: "Es gibt also derzeit Gespräche über den Einsatz eines Autos von Sebastien Loeb?"
Pescarolo: "Es gibt Gespräche und Möglichkeiten. Bei Sebastien Loeb ist derzeit nicht klar, was er überhaupt vorhat. Natürlich ist dies aber eine der Optionen. Allerdings habe ich das Gefühl, dass Sebastien seinen Fokus eindeutig auf den GT-Einsatz mit den McLarens legt. Es sieht eher weniger nach Le Mans aus. Ich schätze, dass sein Protoypen-Programm in diesem Jahr nicht die höchste Priorität genießt."

Frage: "Gibt es denn andere Möglichkeiten?"
Pescarolo: "Ja, die gibt es. Es steht aber natürlich noch nicht fest, ob sich etwas davon wirklich umsetzen lässt. Ich selbst schaue bereits auf 2014. Dann tritt das neue Regelwerk in Kraft. Ich hoffe, dass es dann faire Bedingungen geben wird. Das war in den vergangenen Jahren in Bezug auf die Diesel nicht der Fall. Ich weiß es nicht. Ich bin nun seit ungefähr 50 Jahren im Motorsport. Vielleicht ist es auch an der Zeit, mal an etwas ganz anderes zu denken. Mal schauen."

Der Pescarolo 03 auf Basis des Aston Martin AMR-One war kein Hit Zoom

Frage: "Der Name Henri Pescarolo gehört einfach zu Le Mans. Wann werden wir dich dort wieder sehen?"
Pescarolo: "Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich wieder das machen darf, was ich möchte. Wenn ich wieder eine Möglichkeit finde, dann werde ich da sein. Für mich persönlich dürfte es aber schwierig werden, das entsprechende Budget für Le Mans zu finden. Man muss sich nur mal vor Augen halten, dass es eigentlich in den großen Klassen heutzutage keine großen Sponsoren mehr gibt. Wenn du keinen privaten Geldgeber mit sehr viel Kohle hast, dann gibt es keine Chance - abgesehen von den Werksteams."

Frage: "Fühlst du dennoch den gestrigen Tag vor Gericht als eine Art Befreiung?"
Pescarolo: "Nein, nicht so ganz. Ich selbst bin jetzt aus der Verantwortung, aber meine Sorgen sind dadurch nicht kleiner geworden. Ich bin verantwortlich für meine Leute, die seit vielen Jahren bei mir sind. Ich habe noch viele Probleme zu lösen. Wenn das geschafft ist, dann sehen wir mal weiter..."