• 15.06.2008 17:03

Klien zum Le-Mans-Debüt auf dem Podium

Peugeot-Neuling Christian Klien erlebte in Le Mans Regen, Rennführung und jede Menge Zwischenfälle beim Debüt

(Motorsport-Total.com) - Punkt 15:00 Uhr ging heute die 76. Auflage der 24 Stunden von Le Mans vor einer Traumkulisse von 258.500 Rennfans zu Ende. An die guten Leistungen im Qualifying konnte die Mannschaft des Peugeot 908 HDi mit der Nummer 9 im Rennen nahtlos anschließen. Christian Klien erreichte mit seinen Partnern Franck Montagny (FRA) und Ricardo Zonta (BRA) bei seinem ersten Antreten den dritten Platz und glänzte dabei mit konstant schnellen Rundenzeiten.

Titel-Bild zur News: Christian Klien

Christian Klien, Ricardo Zonta und Franck Montagny fuhren auf das Podium

Den Sieg holte sich die erfahrene Audi-Truppe um den Rekordsieger Tom Kristensen mit seinen Kollegen Dindo Capello und Allan McNish. Auf Rang zwei landete der Peugeot 908 HDi von Ex-Formel-1-Weltmeister Jacques Villeneuve mit Pedro Lamy und Nicolas Minassian. Christian Klien ist damit der bestplatzierte Österreicher, Alex Wurz landete auf Rang fünf, Karl Wendlinger landete auf Rang vier der GT1-Klasse. Horst Felbermayr sen. holte sich Rang vier in der GT2-Klasse und Richard Lietz kam nach Unfall seines Teamkollegen nicht ins Ziel.#w1#

Starker Start und Führungskilometer

Christian Klien

Christian Klien wurde in Le Mans von seinem Vater begleitet und betreut Zoom

Unmittelbar nach der Zielflagge analysierte Christian Klien sein Rennen: "Wenn 55 Autos gleichzeitig starten, ist natürlich eine Menge los. Franck Montagny fuhr unseren Start-Turn. Er konnte unseren zweiten Startplatz verteidigen. Zu Beginn war das Schwester-Auto von Lamy/Sarrazin/Wurz in Führung. Pedro Lamy unterbot gleich zu Beginn die schnellste Rennrunde des Vorjahres. Im Laufe des Rennens sollten wir dann sogar unter 3:20 Minuten fahren. Um 16:12 Uhr kam ich zum ersten Mal zum fahren. Leider hat der Stopp gleich etwas länger gedauert, weil eine Radmutter klemmte. Ich fand schnell einen guten Rhythmus, obwohl die Strecke zu Beginn relativ rutschig war. Alle drei Peugeot liefen klaglos, und so konnten wir am Beginn die Audi ganz gut auf Distanz halten."

Doch auch für die neu zusammengestellte Fahrerbestzung Montagny/Klien/Zonta sollte es nicht lang reibungslos verlaufen: "Leider trat dann an unserem Auto ein blöder Defekt auf. Einer der Scheinwerfer funktionierte nicht mehr. Laut Reglement muss so etwas zwingend repariert werden. Die Rennleitung gab dem Team 30 Minuten, um den Schaden zu beheben. Allerdings kam die Meldung nie beim Team-Manager an der Boxenmauer an. Keine Ahnung, ob sie es da vielleicht jemandem in der Küche mitgeteilt haben. Sehr komisch. Dadurch bekamen wir die Schwarze Flagge gezeigt und mussten noch einen extra Straf-Stopp einlegen."

Rückschlag durch Scheinwerfer-Defekt

Die junge Truppe verlor jedoch keinesfalls den mut. Franck Montagny reihte viele schnelle Runden aneinander und konnte sich so wieder an die Spitze kämpfen. Klien beschrieb: "Als der Abend hereinbrach, führten immer noch die beiden verbliebenen Peugeot vor dem Audi von Kristensen. Wir waren wieder über eine Stunde lang auf Platz eins. Um 22:08 Uhr, also in der achten Rennstunde gab es leider einen jener Zwischenfälle, unter denen wir schon im Qualifying zu leiden hatten. Beim Anbremsen lief ich auf einen langsameren LMP2-Protypen auf. In der Nacht ist es für die Fahrer extrem schwer, die Geschwindigkeit heran nahender, schnellerer Autos abzuschätzen, weil sie im Rückspiegel eigentlich nur einen großen Lichtball sehen. Langer Rede kurzer Sinn: Der Kollege machte die Tür vor der Kurve auf, ich stach hinein, und im selben Moment haute er die Tür wieder zu. Ein saudummes Manöver mit Folgen."

Klien verlor viel Zeit im tiefen Kiesbett. "Das Auto war zwar relativ unbeschädigt, aber ich saß mit den Hinterreifen im Kies. Leider brauchten die Streckenposten sage und schreibe dreieinhalb Minuten, um mich dort wieder wegzubekommen. Dadurch verloren wir eine ganze Runde und fielen auf Rang drei zurück. Ewig schade, denn wir waren von den Rundenzeiten her die absolut schnellsten."

Christian Klien

Langes Warten auf die Bergungstrupps: Christian Klien im Kies von Le Mans Zoom

Es folgten die harten Nachtstunden für den österreichischen Formel-1-Testpiloten aus dem BMW Sauber F1 Team. "Nach einer kurzen Ruhepause kam ich um 1:52 Uhr wieder zum Fahren. Ich fühlte mich sehr wohl im Dunkeln, obwohl man ziemlich aufpassen muss, die Bremspunkte genau zu erwischen. Bei 320 km/h wird die Strecke manchmal ziemlich schmal und die Scheinwerfer leuchten nie die ganze Strecke aus. Die meisten Führungskilometer machte unser Schwester-Auto von Gene/Minassian/Villeneuve. Bei Halbzeit des Rennens hatten wir bereits 200 Runden absolviert und durften mit einem neuen Distanzrekord rechnen. Ich blieb bis 3:50 Uhr im Auto. Zwischendurch mussten wir nur die Kühler ein paar Mal säubern, um nicht zu überhitzen. In dieser Zeit konnte ich auf den Audi eine Minute an Zeit gut machen."

Kaum hatte Klien den Peugeot 908 HDi FAP verlassen, öffnete der Himmel seine Schleusen. "Gegen 4 Uhr früh begann es ziemlich heftig zu regnen. Das spielte leider unseren Hauptkonkurrenten in die Hände. Der Audi von Capello/Kristensen/McNish konnte die Führung übernehmen. In unserem Auto drehte sich Zonta zum Glück ohne größere Folgen. Kurzfristig fielen wir auf Rang vier zurück. Bei Dämmerung folgte die schwierigste Phase des Rennens. Wir wechselten zwischen Regenreifen, Intermediates hin und her."

Langer Schlussstint von über drei Stunden

"Um 8:30 Uhr hatte ich meinen nächsten Einsatz und sollte ungewöhnlich lang im Cockpit bleiben, denn erst nach 3 Stunden 20 Minuten holte mich das Team wieder aus dem Auto. Ich fühlte mich bei diesen schwierigen Bedingungen recht wohl - zumindest so wohl, wie man sich nach einigen tausend Kilometern bei über 300 und ohne Schlaf fühlen kann. Pro Runde gelang es uns, auf den Audi bei abtrocknenden Bedingungen zwischen fünf und zehn Sekunden gut zu machen. Der Rückstand auf die Führung betrug da schon zwei Runden, weil wir im direkten Vergleich bereits sechs Boxenstopps mehr eingelegt hatten."

"Bei Dämmerung folgte die schwierigste Phase des Rennens." Christian Klien

Die Chance auf den Gesamtsieg war somit nahezu komplett vertan. Man konnte im Lager der französischen Löwen nur noch auf einen Technikdefekt der führenden Audi-Mannschaft hoffen. Der kam nicht, also blieb für Klien wenigstens Rang drei. "Ein tolles Gefühl, gleich beim ersten Mal in Le Mans auf dem Podium zu stehen. Die Anstrengungen, die Peugeot unternommen hat waren wirklich außergewöhnlich. Letztendlich hat die Routine gesiegt. Wir hatten alles: ein sehr schnelles Auto, eine starke Fahrerpaarung und eine top Performance über die 24 Stunden. Ein paar unnötige Boxenstopps und Zwischenfälle haben den Ausschlag gegeben. Für mich persönlich war es sehr wichtig, wieder einmal durch gute Leistungen auf mich aufmerksam machen zu können. Ich bin im Team sehr gut aufgenommen worden und hoffe, dass wir beim nächsten Mal eine oder zwei Stufen höher auf dem Podium stehen können."

Glücklich, aber gleichzeitig auch sehr erschöpft waren die Piloten nach dem Le-Mans-Marathon. "Zunächst gibt es mal eine anständige Massage, denn das brauchst du nach so einer Ochsentour. Dann ein kühles Getränk und hoffentlich ein paar Stunden Schlaf. Und ab morgen gilt wieder die volle Konzentration der Formel 1. Nächste Woche geht es ja in Magny-Cours weiter und ich möchte meinem BMW Sauber F1 Team natürlich helfen, wo es geht. Nach dem Doppelsieg in Montreal ist die Stimmung bei uns dementsprechend gut. Bei dieser Gelegenheit auch noch mal ein großes Dankeschön an Mario Theissen und das gesamte Team für die Freigabe. Ich hoffe, ich konnte das Vertrauen mit dem Podestsplatz in Le Mans halbwegs rechtfertigen."