Dodos Tagebuch: Der filmreife Dienstag
Dominik "Dodo" Kraihamer berichtet in seinem Le-Mans-Tagebuch über die Polizisten unter den Autogrammjägern und den Koch, dem alle vertrauen
Liebe Le-Mans-Fans,

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Lotus-Pilot Dominik Kraihamer berichtet bis Sonntag in seinem Tagebuch Zoom
endlich bin ich wieder am Ort meiner motorsportlichen Träume: Le Mans! Allein der Name dieser Stadt verursacht bei mir eine Gänsehaut. Le Mans ist Leidenschaft, Tradition, Heldentum, Speed und Spektakel - von vorn bis hinten einfach der Hammer. Ich möchte euch alle mit diesem Tagebuch ein wenig an meinen Erlebnissen beim größten Rennen der Welt teilhaben lassen. Ich den kommenden Tagen werde ich euch auch per Fotos besondere Einblicke bieten - hoffentlich denke ich in den entscheidenden Momenten dran.
Sofort nach meiner Anreise am Wochenende war dieses berühmte Le-Mans-Kribbeln im Bauch. Die gesamte Gegend strahlt einfach etwas aus, was man nirgends sonst auf der Welt findet. Leider ist bei mir das Kribbeln am Montag in die falsche Richtung gegangen. Mir hat es ständig den Magen umgedreht, mir war furchtbar übel. Das lag sicher nicht an der Aufregung, sondern irgendwas stimmte mit dem Essen nicht. Das kann halt passieren, wenn man ausnahmsweise mal nicht beim weltbesten Eat-the-Ball-Meisterkoch Harry Albel isst. Also logisch: Ab jetzt nur noch Harry!
Am Dienstag habe ich die typischen Höhen und Tiefen von Le Mans erlebt, dabei hat sich noch nicht einmal ein Rad gedreht. Ich habe erstmal ausgeschlafen, die Übelkeit war halbwegs verschwunden - alles gut. Danach habe ich mich um mein Wohnmobil gekümmert, das mir ab Donnerstag als feste Anlauf- und Schlafstation an der Rennstrecke dienen wird. Das Teil steht im Infield auf dem Circuit Bugatti. Kurze Wege, mitten im Geschehen - besser und praktischer geht's nicht. Auch am Mittag noch alles gut.

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Ich will in den kommenden Tagen möglichst oft dieses Lenkrad bedienen Zoom
Im Fahrerlager stand dann Arbeit mit dem Team an. Wir haben uns mit den Technikern besprochen und - extrem wichtig - unseren neuen Sitz ausprobiert. Kurzfristig wurde für uns drei nochmal einen neuen Sitz angefertigt. In der vergangenen Woche war das Bauteil auf Europareise. Es wurde in Großbritannien ausgepolstert. Ist jetzt richtig gemütlich in der ansonsten harten Schale. Der Wohlfühlfaktor ist bei einem 24-Stunden-Rennen nicht zu unterschätzen. Am besten ist halt ein Auto, aus dem man am liebsten freiwillig nie wieder aussteigen mag. Also, ihr merkt es schon: auch am frühen Nachmittag noch alles top.
Am Nachmittag gab es die traditionelle Autogrammstunde aller Fahrer in der Boxengasse. Das Wetter war zu dem Zeitpunkt okay, der Andrang wieder mal großartig. Wir sind mit unseren Autogrammkarten nicht hingekommen - einerseits schade, aber andererseits ja auch ein gutes Zeichen. Kurz vor dem Ende dieser netten Begegnung mit den Fans zogen dunkle Wolken auf. Der Himmel grau, die Leute in der Warteschlange blau. Ich meine keine angesäuselten Briten oder Dänen, sondern Polizisten in blauer Uniform. Und die wollten keine Autogramme - das war sofort klar.
Ein früherer Geschäftspartner unseres Lotus-Praga-Teams hatte ganz offensichtlich eine einstweilige Verfügung erwirkt. Die Jungs von der Gendarmerie warteten anständig bis zum Ende der Autogrammstunde und machten sich zusammen mit zwei Juristen und einigen Helfern über unser Equipment in der Box her. Da wurden Getriebe gepfändet, Aufhängungsteile, Lenkungen und alles mögliche andere. Das lief ab wie im Film.
Meine Teamkollegen und mir hat es echt die Sprache verschlagen. Unser Le-Mans-Traum 2013 schon am Dienstag geplatzt? Das war wirklich ein Schock. Es gab für uns nur wenige Infos, aber das Handeln der Polizei ließ auch kaum Spielraum für Interpretationen. Die meinten das ernst, das war keine Show mit versteckter Kamera. Wir Fahrer haben uns dann gemeinsam mit einigen Technikern noch über diese wilde Aktion ausgetauscht. Ihr glaubt gar nicht, wie viel Kopfschütteln dabei war. Dagegen ist eine Wackel-Dackel-Horde gar nichts.
Nachdem sich der Schock etwas gelegt hatte, bin ich gemeinsam mit meinem Teamkollegen Thomas Holzer ins Hotel gefahren. Wir haben eine DVD reingelegt: "Shooter". So richtig genießen konnten wir das aber nicht. Ich habe dann Ablenkung woanders gefunden. Ob ihr es glaubt, oder nicht: Am Abend habe ich meine Uni-Unterlagen hergenommen und für die Prüfung in Buchhaltung gelernt, die in der nächsten Woche ansteht. Ich hätte nie gedacht, dass mich Buchhaltung mal dermaßen nett ablenken könnte. Ab morgen wird bestimmt alles wieder gut: keine Pfändungen, keine Ablenkungen, sondern Le Mans pur!
Drückt mir die Daumen,
Euer Dodo

